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Konjunkturumfrage: Ostbayerns Industrie- und Handelskammern alarmiert
16. Oktober 2024, 16:59 Uhr
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Niederbayern sieht den Arbeitsmarkt in Niederbayern vor einer Trendwende. In der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK zeige sich: Immer mehr Unternehmen in Niederbayern gehen in den kommenden zwölf Monaten von einer rückläufigen Beschäftigtenzahl aus (21 Prozent), besonders in der Industrie (28 Prozent). Bereits jetzt würden immer mehr Betriebe ihre Kapazitäten durch Kurzarbeit oder längerfristigen Personalabbau anpassen, teilte die IHK mit.
Der Konjunkturklimaindikator, der die aktuelle Lage sowie die Erwartungen für die Zukunft miteinander verknüpft, ist der IHK zufolge im Sinkflug und befindet sich 16 Prozent unter dem Durchschnitt. Nur noch 34 Prozent aller befragten Unternehmen bewerten die Geschäftslage als gut, 19 Prozent bereits als schlecht. Rund ein Drittel sehe massive Probleme für die Zukunft. "Die Gesamtstimmung in der Wirtschaft ist ähnlich schlecht wie zur Corona-Zeit", sagt Alexander Schreiner, Hauptgeschäftsführer der IHK Niederbayern.
Die negative Entwicklung betreffe alle Branchen, sei aber in der Industrie besonders ausgeprägt. Rund die Hälfte aller Unternehmen verzeichne sinkende Auftragsvolumina. Gravierend seien die Zahlen im Fahrzeugbau, Zulieferbetriebe miteingerechnet. Hier berichten knapp 95 Prozent von einem in den vergangenen sechs Monaten gesunkenen Auftragsvolumen sowohl im In- als auch im Ausland. 56 Prozent der Fahrzeugbau-Unternehmen melden eine schlechte Geschäftslage, 68 Prozent gehen von sinkenden Beschäftigungszahlen aus.
"Es ist weit mehr als eine konjunkturelle Krise"
Die Konsumzurückhaltung der Verbraucher mache etwa dem Handel schwer zu schaffen. Mehr als 80 Prozent der Befragten beklagen ausbleibende Kunden - so viele wie in keiner anderen Branche. Die Umsatzerwartungen bleiben überwiegend pessimistisch. Das Tourismusgewerbe beschreibe seine aktuelle Situation zwar als recht positiv, rechne aber für das kommende Jahr nahezu einhellig mit Einbußen.
"Der Wirtschaftsstandort Deutschland gerät im globalen Wettbewerb immer mehr ins Hintertreffen. Es ist weit mehr als eine konjunkturelle Krise, eine kurzfristige Besserung ist nicht in Sicht", sagt Thomas Leebmann, Präsident der IHK Niederbayern. Ursache seien hohe Arbeits- und Energiekosten, überbordende Bürokratie und eine schwächelnde Nachfrage.
Auch die IHK Regensburg für die Oberpfalz und Kelheim sieht diese Punkte als Hindernisse für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Der Konjunkturbericht der IHK Regensburg sehe bestenfalls eine stagnierende Wirtschaft und blicke pessimistisch in den Winter, sagt deren Hauptgeschäftsführer Jürgen Helmes. Nur 32 Prozent der Betriebe aller Größen und Branchen berichten von einer "guten" Geschäftslage. Das sei der Tiefstwert seit Jahresbeginn 2023. Auch das bisherige Zugpferd, die Dienstleistungsbranche, zeige sich zurückhaltend. In der Industrie und im Tourismus überwiegen die negativen Lagebeurteilungen. "Anders als bei den Schocks der letzten beiden Jahrzehnte wie Finanzkrise, Corona-Pandemie und Energiekrise beobachten wir nun eine Strukturkrise, die alle Branchen erfasst", sagt Sibylle Aumer, Konjunkturexpertin bei der IHK Regensburg.
Die Situation schlägt sich in den Personalplänen nieder
Anders als offenbar in Niederbayern kommen vom Handel im Zuständigkeitsbereich der IHK Regensburg positive Signale. Trotz Umsatzrückgängen bewerte der Handel seine Geschäftslage als überwiegend positiv, teilte die IHK mit. Auch die Baubranche trotze - getragen vom Tiefbau - den widrigen Umständen. Die Exportunternehmen hingegen berichten über einen zunehmenden Konkurrenzdruck aus dem Euro-Raum. Wachstumsimpulse aus dem Ausland können noch ein Fünftel der Firmen verzeichnen. Der Einstieg in die Zinssenkung lässt laut IHK bei vielen Bau- und baunahen Betrieben die Hoffnung auf das Ende der Rezession steigen. Aktuell verlaufe die Erwartungskurve im Bau noch nach unten. Gleichzeitig gingen über alle Branchen die Angaben zu den Investitionsplänen weiter zurück. 40 Prozent der Industrieunternehmen melden einen Investitionsstopp.
Außerdem stellt die IHK Regensburg fest, dass die konjunkturelle Schwäche in den Personalabteilungen ankommt. In jedem vierten Unternehmen soll die Mitarbeiterzahl in den kommenden zwölf Monaten abnehmen. Befragt nach den Hintergründen gibt hiervon ein Drittel den Arbeitskräftemangel als Ursache an, zwei Drittel planen einen Personalabbau.
Die IHK erwartet bestenfalls eine Stagnation der heimischen Wirtschaft. Jedes fünfte Unternehmen geht von einer Verschlechterung der Geschäftslage in den kommenden Monaten aus.