Versteuerte Rente
Rentner zahlen 33 Milliarden Euro Einkommensteuer
23. April 2019, 20:11 Uhr aktualisiert am 24. April 2019, 13:13 Uhr
Millionen Rentner in Deutschland müssen auch im Ruhestand Steuern und Abgaben zahlen. Nicht immer gibt es aber tatsächlich Post vom Finanzamt.
München - Auch im Ruhestand haben Rentner keine Ruhe vor dem Finanzamt. Für Millionen Senioren ist ein Teil der Alterseinkünfte steuerpflichtig - das zeigen aktuelle Zahlen. Die AZ gibt einen Überblick über das Thema...
Wie viele Rentner haben zuletzt Einkommensteuer an den Staat entrichtet?
Rund 4,4 Millionen Rentner und gemeinsam veranlagte Rentner-Ehepaare mit insgesamt rund 33 Milliarden Euro pro Jahr. Das berichtet "Bild" und verweist auf eine Antwort des Finanzministeriums auf eine FDP-Anfrage. Unter den steuerpflichtigen Rentnern sind lediglich 600.000 "Nur-Rentner" ohne weitere Einkünfte. Der Rest hat Nebeneinkünfte wie Mieteinkünfte, die dem Steuereinkommen zugerechnet werden.
Mit welchem Betrag beteiligt sich dann der Staat an der Rente?
Die GroKo stützt dem Bericht zufolge mit immer mehr Steuergeld die Rentenkasse: 97 Milliarden Euro, also 27,5 Prozent des Bundeshaushalts, gehen an die Rentenversicherung.
Gesetzliche Rente und Zusatzeinkünfte: Was ist steuerpflichtig?
Wie hoch ist der steuerpflichtige Teil bei der Rente?
Beziehen Rentner ausschließlich eine gesetzliche Rente, teilt sich diese in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Teil auf. Der steuerfreie Teil richtet sich nach dem Jahr des Renteneintritts und sinkt von Jahr zu Jahr. Während für Neurentner im Jahr 2005 noch 50 Prozent der Jahresbruttorente steuerfrei waren, wird die Rente für Neurentner ab 2040 voll zu versteuern sein. Heuer beträgt der steuerfreie Teil der Rente noch 22 Prozent. Dieser Teil gilt nur für heuer neu hinzukommende Rentnerjahrgänge. Der Freibetrag bleibt immer gleich.
Müssen auch weitere Einkünfte versteuert werden?
Die Rentenbesteuerung gilt nicht nur für Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch für solche wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und die Hinterbliebenenrente.
Auch die betriebliche Altersvorsorge (bAV) und die Riesterrente sind im Rentenalter voll steuerpflichtig. Ob Senioren eine Steuererklärung abgeben müssen, hängt von der Höhe ihrer steuerpflichtigen Einkünfte ab - also auch von weiteren Einnahmen wie Erträgen aus Kapitalanlagen, Mieteinkünften oder Betriebsrenten. Bleibt das Einkommen aus der Rente und den Einkünften unter dem Grundfreibetrag, dann wird keine Steuer fällig.
Wie hoch ist dieser Freibetrag?
Für das Veranlagungsjahr 2018 beträgt er 9.000 Euro, für Ehegatten 18.000 Euro. Hinzu kommen 102 Euro Werbungskostenpauschbetrag.
Soli, Kirchensteuer und Sozialabgaben
Zahle ich als Rentner Soli und Kirchensteuer?
Ja. Wie für alle übrigen Steuerzahler kommen 5,5 Prozent Soli und 8 Prozent Kirchensteuer von der Einkommensteuer hinzu.
Müssen Rentner auch Sozialabgaben zahlen?
Sie werden als Pflichtversicherte der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) zugeordnet und zahlen somit Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Der Beitragssatz zur Krankenversicherung beträgt 14,6 Prozent und wird zur Hälfte von der Rentenversicherung übernommen. Den individuellen Zusatzbeitrag (rund ein Prozent) der Krankenkasse tragen Rentner und der Rentenversicherungsträger seit 1. Januar 2019 je zur Hälfte. Die Rentenversicherung behält die Kranken- und Pflegebeiträge ein - insgesamt betragen die Sozialabgaben im Schnitt elf Prozent der Bezüge.
Mehrzahl der Rentner muss keine Steuern zahlen
Fallen für Rentner tatsächlich Steuern an, wenn sie verpflichtet sind, eine Erklärung abzugeben?
Nicht zwingend. Auch Rentner können Ausgaben steuermindernd absetzen. Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung oder Beiträge zur privaten Zahnzusatz- oder Haftpflichtversicherung können etwa als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Die Mehrzahl der Rentner muss keine Steuern zahlen. Solange keine weiteren Einkünfte vorliegen, waren für Neurentner des Jahres 2018 monatliche Rentenzahlungen in Höhe von 1.186 Euro steuerfrei. Für Ehepaare verdoppeln sich die Werte.
Beispiel: Wie hoch ist die Steuer- und Abgabenlast für Fritz M. aus Ismaning (geboren 1954, ledig), der heuer in Rente gehen will?
M., der keine 45 Beitragsjahre erreicht, arbeitete zuletzt als Angestellter in einer kleinen Firma. Er erhält eine Regelaltersrente von 1.750 Euro. Dazu kommt eine Riesterrente (50 Euro). Für seine 1.800 Euro hohe Bruttorente zahlt M. nach Abzug des steuerfreien Teils (22 Prozent) monatlich rund 93 Euro Einkommensteuer (mit Soli und Kirchensteuer) sowie 195 Euro Kranken- und Pflegeversicherung. Ihm bleiben rund 1.512 Euro Nettorente. In Summe muss M. also mit Abzügen in Höhe von 16 Prozent rechnen.
Rente: Doppelbeitrag vor dem Aus?
Wer über seinen Arbeitgeber eine Betriebsrente abgeschlossen hat, muss diese in voller Höhe versteuern und neben der Pflegeversicherung den kompletten Beitrag (rund 15,6 Prozent) zur Krankenversicherung zahlen. Diese Doppelverbeitragung ist für viele Ruheständler eine große Ungerechtigkeit.
Nun hat der Bundesrat die Regierung aufgefordert zu prüfen, wie die Doppelverbeitragung beendet werden kann. Aus Sicht der Länder sollen diese Beiträge in der Auszahlungsphase halbiert werden. Zur Stärkung der Krankenkassen war 2004 beschlossen worden, Betriebsrenten nicht nur in der Anspar-, sondern auch in der Auszahlphase mit dem vollen Krankenbeitrag zu belasten.
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