Kritik von Verbänden
Stillstand bei Sozialwohnungen: So ist die Lage in München und Bayern
22. August 2019, 19:14 Uhr aktualisiert am 22. August 2019, 19:14 Uhr
Ein Bündnis aus Verbänden fordert die Politik auf, beim Bau deutlich nachzulegen: "Es ist nichts passiert." Die Lage in München und bayernweit.
München - Mit Sozialmietwohnungen sollen die negativen Folgen steigender Mieten abgefedert werden. Doch stehen seit Jahren immer weniger davon zur Verfügung, wie ein Verbändebündnis gestern kritisiert hat.
Überblick über Sozialwohnungen
Was bemängeln die Verbände genau? Die Politik kommt beim Bau von sozialen Wohnungen nicht voran. "Es ist trotz aller Ankündigungen nichts passiert", sagte Matthias Günther vom Forschungsinstitut Pestel. Das Institut hat im Auftrag unter anderem von IG BAU, Mieterbund und Caritas ermittelt, wie viele Sozialwohnungen gebaut werden müssten, um ein Minimalziel von zwei Millionen Einheiten 2030 zu erreichen - dem Stand von 2007.
Wie viele neue Sozialwohnungen hält das Institut jährlich für notwendig? Insgesamt 155.000 - 80.000 Neubauten und 75 000 weitere Wohnungen durch Modernisierungsförderung und den Ankauf von Belegrechten im Bestand. Bei dieser Förderung wird den Eigentümern ein Teil des für die Modernisierung genutzten Darlehens bezuschusst, wenn diese dabei sozialen Wohnraum schaffen.
Wie hoch ist der Bestand von Sozialwohnungen aktuell? Die Autoren gehen für Ende 2019 von 1,13 Millionen Einheiten aus, Tendenz sinkend. Seit 2011 fielen demnach rund 500.000 Wohnungen mehr aus dem Sozialwohnungsbestand, als neue geschaffen wurden, heißt es in der Untersuchung. "Dabei haben in Großstädten zwischen 40 und 50 Prozent der Haushalte theoretisch Anspruch auf eine Sozialwohnung", hieß es von der Gewerkschaft IG BAU.
Negativtrend: Zahl der Sozialwohnungen in München gesunken
Wie viele Sozialwohnungen gibt es aktuell in Bayern, wie viele in München? Ende 2018 waren es insgesamt 136.904 vom Staat geförderte Wohnungen im Freistaat, 1285 mehr als 2017. Was die Zahl der Sozialwohnungen zur Miete betrifft, zeigt auch der Trend in Bayern nach unten. Mitte der 1980er-Jahre gab es allein in München 105.000 Sozialwohnungen. Inzwischen sind es mit 43.000 weniger als halb so viele, die Wartelisten sind in der Landeshauptstadt lang. 2018 standen den 3.200 Wohnungen, die neu vergeben wurden, 30.000 Antragsteller gegenüber.
Was ist der Grund des langjährigen Negativtrends? Dass über Jahrzehnte sehr wenige neue Sozialwohnungen gebaut wurden, zugleich aber die Bindungsfristen für alte Sozialwohnungen schrittweise auslaufen.
Wie blicken die kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen in die Zukunft? Sorgenvoll. Der positive Trend sei fragil, sagte Hans Maier, Chef des Verbands bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW). Der Bau geförderter Wohnungen sei für Investoren wegen Zinssenkungen auf dem Kapitalmarkt nicht attraktiv. Die Zinsen sind für den Bau frei finanzierter Wohnungen auf einem Tiefstand, gleichzeitig bringt der freie Wohnungsbau höhere Mieteinnahmen.
Wo Chancen gut sind: Teilhabe-Atlas
Die Bundesrepublik ist nach einer neuen Studie weit von gleichwertigen Lebensverhältnissen in seinen verschiedenen Regionen entfernt. Das geht aus dem Teilhabe-Atlas Deutschland des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung hervor. Wie gut Menschen am gesellschaftlichen Leben teilhaben könnten, hänge zu einem guten Teil von ihrem Wohnort ab, sagte Direktor Reiner Klingholz. Besonders gut seien diese Chancen in Teilen Bayerns, etwa in der Stadt München und ihrem Speckgürtel. Besonders schlecht stünden 30 Jahre nach dem Mauerfall viele ostdeutsche Regionen da.
Die Autoren der Studie haben rund 400 Städte und Kreise anhand von acht Indikatoren untersucht. Dazu zählten etwa die Lebenserwartung, Hartz-IV-Quoten, das jährlich verfügbare Haushaltseinkommen je Einwohner sowie die Nahversorgung mit Alltagsgütern.
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