Autoindustrie
VW-Arbeitnehmer bieten Einsparungen an - Streikdrohung
20. November 2024, 3:00 Uhr
Bei Volkswagen sind IG Metall und Betriebsrat auch zu Gehaltsverzicht bereit, um die Kosten zu senken und so Werksschließungen und Entlassungen zu verhindern. Das sieht ein eigenes Zukunftskonzept vor, das die Arbeitnehmervertreter am Tag vor der nächsten Tarifrunde am Mittwoch vorgestellt haben. Das Gesamtkonzept ermögliche eine Entlastung bei den Arbeitskosten um rund 1,5 Milliarden Euro, sagte IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger. "1,5 Milliarden Euro, die wir auf den Verhandlungstisch legen."
Im Gegenzug verlangen IG Metall und Betriebsrat Garantien für Standorte und Beschäftigung. Die von VW im September gekündigte Beschäftigungssicherung, die betriebsbedingte Kündigen bisher ausschließt, müsse wieder in Kraft gesetzt werden - sowohl für die sechs westdeutschen Werke mit 125.000 Mitarbeiter in Niedersachsen und Hessen als auch für die drei Standorte in Sachsen.
Konkret angeboten wird, die nächste Tariferhöhung befristet als Arbeitszeit in einen Zukunftsfonds einzubringen und vorerst nicht auszuzahlen. Das ermögliche flexible Arbeitszeitkürzungen ohne Personalabbau. Maßstab solle dabei der jüngste Pilotabschluss für die Metall- und Elektroindustrie sein, der eine Erhöhung um insgesamt 5,1 Prozent in zwei Stufen bis 2026 vorsieht.
"Weil nachhaltige Lösungen hermüssen, gehen wir nun in die Offensive und legen ein Lösungskonzept vor", sagte Betriebsratschefin Daniela Cavallo bei der Vorstellung des Konzepts in Wolfsburg. "Es ist ein Gegenmodell zum Kahlschlag-Plan des Vorstandes, der Zukunft verhindert statt schafft." Bei dem eigenen Plan handel es sich dagegen um einen Plan, "der ohne Werksschließung und ohne betriebsbedingte Kündigungen auskommt", sagte IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger.
Cavallo sprach von einem "Masterplan, der die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens dauerhaft sicherstellt". Einem Personalabbau verschließe man sich dabei nicht grundsätzlich. Er müsse aber sozialverträglich erfolgen. Und: Auch das Management solle auf Boni verzichten und in den geforderten Fonds zur Zukunftssicherung einbringen.
Das Gesamtkonzept will die IG Metall am Donnerstag in Tarifrunde "auf den Tisch legen", kündigte Gröger an. Volkswagen fordert bisher eine pauschale Lohnkürzung um zehn Prozent. Zudem stehen Werkschließungen und Personalabbau im Raum. "Jetzt hat es VW in der Hand, ebenfalls Verantwortung zu übernehmen und zügige Lösungen zu ermöglichen", sagte Gröger. "Andernfalls würde der Tarifpartner mutwillig eine Eskalation provozieren."
Das wolle man vermeiden, fügte Gröger hinzu. Ziel sei es, bis Weihnachten zu einer Einigung zu kommen. "Aber wir sagen ebenso klar: Die Belegschaft ist kampfbereit, die Vorbereitungen laufen." Die Friedenspflicht bei Volkswagen läuft noch bis Ende November. Ab 1. Dezember sind Warnstreiks möglich.
"Dass Volkswagen große Herausforderungen hat, steht außer Frage", sagte auch Gröger bereits im September. Und die Gewerkschaft wolle hier Teil "einer echten, nachhaltigen Lösung" sein. Schließlich habe niemand mehr Interesse daran, dass das Unternehmen zukunftsfähig aufgestellt ist, als die Beschäftigten selbst. Ziel sei es, Standorte, Auslastung und Beschäftigung langfristig abzusichern. Die von VW geforderte Lohnkürzung lehnt die IG Metall entschieden ab, ebenso Werksschließungen und Entlassungen, die im Raum stehen.
Kernelemente für einen solchen "Masterplan 2025 - 2030 - 2035" hatte Cavallo bereits Anfang September auf einer Betriebsversammlung skizziert. Dabei gehe es etwa um die Produktsubstanz der Wolfsburger, die sich verbessern müsse. "Volkswagen war immer dann erfolgreich, wenn wir mit starken Produkten unsere Kundschaft begeistert haben", sagte Cavallo damals. "Aktuell aber kommt es immer wieder zur Rücknahme von bereits getroffenen Entscheidungen. Und zu einem Verschieben von Produkten und Projekten." Vor allem fehle dem Konzern ein günstiges Elektro-Einstiegsmodell, das erst 2026 mit dem ID.2 anlaufen soll.
Zudem müsse der Konzern technologisch wieder an die Spitze und die Produkte dann auch schnell zu den Kunden bringen. "Wir brauchen deutliche Sprünge vor allem in den Bereichen Software, termingerechte Anläufe und Kundenakzeptanz", so Cavallo damals. "Und alles, was am Ende nicht relevant ist für unsere Technologieführerschaft und somit nicht kaufentscheidend für unsere Kundschaft, das muss überdacht werden."
Konkret bedeute das: "Unsere Komplexität muss runter, unsere Regelwut müssen wir angehen, wir müssen unseren Dokumentationsirrsinn abstellen." Und der Konzern müsse Doppelarbeiten der einzelnen Marken abbauen. "Wir müssen Synergien schaffen und nicht Dinge doppelt und dreifach entwickeln und so Geld verbrennen", so Cavallo, die selbst studierte Betriebswirtin ist. "Wir fordern daher eine Neujustierung des Steuerungsmodells im Konzern mit einer klaren Fokussierung auf die Marke Volkswagen. Die Marke Volkswagen ist und bleibt der Kern des Volkswagen-Konzerns."
Mit Blick auf die Finanzen forderte Cavallo damals: "Gerade in herausfordernden Zeiten brauchen wir aber den Mut, auch in der Krise zu investieren und so den Grundstein für die Innovationen von morgen zu legen." Das gelte etwa für neue Modelle im Volumensegment. Dadurch lasse sich die Auslastung der Werke verbessern, was die Kosten senke. "Nur so wird es uns gelingen, gestärkt und nachhaltig erfolgreich wieder aus dieser Situation herauszukommen." Alles andere sei blindes Sparen.
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