Brauchtum

Kinder, Karussell - Kiffen? Debatte um Regeln für Volksfeste

Im August findet in Straubing wieder das zweitgrößte Volksfest in Bayern statt. Stellt sich die Frage, darf hier gekifft werden? Und wenn ja, wo?


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Im August findet in Straubing wieder das zweitgrößte Volksfest in Bayern statt. Stellt sich die Frage, darf hier gekifft werden? Und wenn ja, wo? 

Von dpa

Fahrgeschäfte, Bier, Steckerlfisch - und Joint? Die Volksfestsaison hat begonnen. Darf auf dort nun zur Maß auch gekifft werden? Die meisten Veranstalter blieben eine Antwort auf die Frage nach einem möglichen ausdrücklichen Cannabis-Verbot für die Feste bisher schuldig - sind aber weitgehend einig: Kiffende passen nicht auf ein Volksfest.

Nun prüft die bayerische Staatsregierung nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur ein Kiff-Verbot für bestimmte Bereiche. Etwa der Englische Garten in München könnte so zur Tabu-Zone werden, aber auch Außengelände von Gaststätten und eben Volksfeste. Konkret beschlossen wurde in der Kabinettssitzung am Dienstag zunächst noch nichts, wie Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) sagte. Er stellte aber eine Regelung in Aussicht, damit Kommunen eigenständig Cannabis-freie Zonen einrichten können - so wie es bisher schon bei Alkoholsperrzonen möglich sei. Das könne auch eine Lösung sein für Volksfeste oder für das Oktoberfest - "wie ja auch von der Branche erwartet wird".

Das Cannabis-Gesetz selbst beinhaltet für Volksfeste keine Regeln. Viele Veranstalter zitieren aber die Vorgabe des Gesetzes, dass Cannabis-Konsum in unmittelbarer Nähe von Kindern und Jugendlichen nicht erlaubt ist - und Volksfeste seien nun einmal Familienfeste.

In Nürnberg und in Augsburg am Plärrer laufen die Volksfeste seit Ende März. Dort heißt es, Cannabis sei bisher kein Thema gewesen. "Bislang haben derartige Vorfälle die Polizei nicht beschäftigt", sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Nord. Die Stadt Augsburg teilte mit, man sei referatsübergreifend und mit den Sicherheitsbehörden im Austausch.

Fürs Oktoberfest mit rund sechs Millionen Besuchern aus aller Welt gibt es bisher noch keine spezielle Regelung, ebenso wenig beim zweitgrößten Volksfest Bayerns in Straubing, dem Gäubodenvolksfest mit im vergangenen Jahr gut 1,3 Millionen Gästen. Wie dort künftig mit Cannabis umgegangen werden soll, wolle die Stadt Straubing prüfen, sagte ein Sprecher vergangene Woche. Da das Gäubodenvolksfest erst im August stattfinde, sei noch Zeit; man könnte eventuell von den Erfahrungen anderer Kommunen mit Frühlingsfesten profitieren.

Auch zur Wiesn sind es noch ein paar Monate hin. "Die Wiesn ist ein Fest für alle. Dazu gehören auch Kinder und Jugendliche. Wir bewerben ja die Wiesn als familienfreundlich. Und das Gesetz sagt, Kinder und Jugendliche sind zu schützen. Daraus schließe ich: Wiesn und Kiffen geht nicht zusammen", sagte der Münchner Wirtschaftsreferent und Wiesnchef Clemens Baumgärtner (CSU) kürzlich. "Was schon durch das Gesetz verboten ist, muss ich nicht nochmal verbieten."

Die gesetzliche Grundlage sei nicht ausreichend, sagte hingegen Lorenz Kalb, Vorsitzender des süddeutschen Schaustellerverbandes. "Wir haben den Landtag angeschrieben, und auch den Ministerpräsidenten persönlich", sagt Kalb. "Auf Volksfesten hat Cannabis nichts suchen. Wir haben spätestes alle 60, 70 Meter ein Kindergeschäft." Und das sei gleichzusetzen mit einem Kinderspielplatz. Volksfeste seien aber wie Biergärten und Freibäder im Gesetz nicht genannt. "Das halten wir für einen Fehler. Ich glaube einfach, die haben die Volksfeste vergessen." Beim seit 30. März laufenden Nürnberger Volksfest verweise an jedem Geschäft ein Aufkleber darauf, dass hier Cannabis-Konsum nicht erlaubt ist. "Das ist nur durchsetzbar an den Geschäften, nicht auf den Straßen", sagte Kalb. In der ersten Volksfestwoche habe es aber keine Zwischenfälle mit Kiffern gegeben.

Bei der Stadt Nürnberg hieß es, für eine Festlegung eigener Verbotszonen fehle die bundesgesetzliche Ermächtigung. "Es ist rechtlich nicht grundsätzlich verboten, auf Volksfesten Cannabis im Außenbereich zu konsumieren, im Einzelfall aber wohl tatsächlich oft kaum möglich, weil eine entstehende räumliche Nähe zu Minderjährigen sehr wahrscheinlich ist", erläuterte eine Sprecherin. Die Stadt Nürnberg sei hierzu im Austausch mit den staatlichen Behörden und Aufsichtsbehörden.

Einmal mehr bleiben Fragen. Sind Volksfeste vielleicht eine Art Fußgängerzone? Dort ist Kiffen bis 20.00 Uhr verboten. Oder könnten Joints in Verbindung mit Alkohol zur Sicherheitsgefahr werden - und deshalb verboten werden? Vor allem ist weder im Gesetzestext noch in der zugehörigen Begründung eindeutig definiert, was "unmittelbare Gegenwart" von Minderjährigen bedeutet.

Folgt man der Auffassung des bayerischen Gesundheitsministeriums, ist eine unmittelbare Gegenwart und damit ein Konsumverbot immer dann gegeben, wenn Minderjährige den Cannabis-Konsum mitbekommen. Nur so kann laut einem Ministeriumssprecher das Ziel der Regelung sicher erreicht werden, Konsumanreize für Kinder und Jugendliche zu vermeiden. Beispielsweise in Biergärten, auf Volksfesten oder in Freizeitparks sei daher eine unmittelbare Gegenwart von Minderjährigen nicht an allen Orten und zu jeder Zeit auszuschließen. Somit sollte – folgt man dem Ministerium – an diesen Orten auch dann auf Cannabis-Konsum verzichtet werden, wenn es für sie kein speziell formuliertes Verbot gibt.