Prozess um Tod junger Frau
Belastungszeuge sagt im Fall Dominik R. aus
13. Mai 2022, 17:11 Uhr aktualisiert am 10. Mai 2022, 15:42 Uhr
Zum zweiten Mal wird das grausame Verbrechen an einer jungen Mutter aus dem Bayerischen Wald vor Gericht verhandelt. Angeklagt ist der Ex-Freund der 20-Jährigen. 2017 war er wegen Totschlags verurteilt worden, jetzt könnte das Urteil härter ausfallen.
Ein weiterer Zeuge hat im Mordprozess gegen einen 28-Jährigen vor dem Landgericht Deggendorf den Angeklagten mit seiner Aussage belastet. In dem Verfahren geht es um den gewaltsamen Tod einer jungen Frau aus dem niederbayerischen Freyung Ende Oktober 2016. Der ehemals beste Freund des Angeklagten sagte am Freitag, dieser habe ihm damals erzählt, er habe gewartet, bis seine Ex-Freundin schlief, habe währenddessen Wodka getrunken und sie dann erstochen.
Die Frage, ob das Opfer bei der Tat schlief, ist von entscheidender Bedeutung: Eine Tötung im Schlaf würde das Mordmerkmal der Heimtücke bedeuten. Im ersten Prozess vor dem Landgericht Passau 2017 hatte sich das nicht zweifelsfrei klären lassen. Der Angeklagte wurde wegen Totschlags verurteilt.
Der Zeuge war sichtlich angespannt. 2019 war er vor dem Amtsgericht Passau wegen uneidlicher Falschaussage zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Denn im ersten Prozess um den Tod der Frau vor dem Landgericht Passau 2017 hatte er verschwiegen, von der Tat gewusst zu haben. Dies korrigierte er später.
Mit Angeklagtem gut befreundet gewesen
Seine damalige Falschaussage begründete er am Freitag damit, dass er mit dem Angeklagten gut befreundet gewesen sei und diesen habe schützen wollen. Er erzählte, wie er von der Tat erfahren habe: Er sei mit seiner damaligen Freundin kurz in der Wohnung des Angeklagten gewesen, weil sie diesem eine Mikrowelle hätten abkaufen wollen. Ihnen sei ein starker Geruch aufgefallen, der Angeklagte habe sofort die Fenster geöffnet. Später habe ihn der Angeklagte per Handynachricht gefragt, ob sie zusammen in ein Fast-Food-Lokal fahren wollten.
Im Auto - der kleine Sohn des Angeklagten sei dabei gewesen - habe ihn sein Freund gefragt, ob ihm aufgefallen sei, dass seine Freundin seit einiger Zeit weg sei. Auf seine Nachfrage - "Warum?" - habe der Freund gesagt, dass er sie umgebracht habe. Und weiter: Er und seine Freundin hätten gestritten, weil sie sich mit einem anderen Mann eine Zukunft habe aufbauen und sich von ihm endgültig habe trennen wollen.
Der Freund habe erzählt, nachdem die Frau ins Bett gegangen sei, habe er gewartet, Wodka getrunken, sei dann ins Schlafzimmer gegangen und habe der Frau mit einem Messer in den Hals gestochen. Sie habe noch etwas sagen wollen, was ihr aber nicht mehr möglich gewesen sei. Dann sei ihm kurz schwarz vor Augen geworden, ehe er weiter zugestochen habe - so die Darstellung des Freundes. Danach habe er die Leiche in die Badewanne zum Ausbluten gelegt und sich beim Tragen einen Nerv im Rücken eingeklemmt. Der Zeuge sagte, während der Autofahrt habe der Angeklagte deswegen über Rückenschmerzen geklagt.
Falschaussagen Anstoß zur Wiederaufnahme
Weiter sagte der Zeuge, einige Zeit später vom Bruder seines damaligen Freundes erfahren zu haben, dass der seine Ex-Freundin nach deren Tod noch sexuell missbraucht habe.
Die frühere Falschaussage des Zeugen und die von dessen damaliger Freundin gaben den Anstoß für die Wiederaufnahme des Verfahrens. Solche sind extrem selten und die Hürden hierfür hoch. Niemand darf in Deutschland für eine Tat, für die er rechtskräftig verurteilt oder von der er freigesprochen worden ist, ein zweites Mal verfolgt werden. Eine der Ausnahmen ist ein Urteil, das möglicherweise auf der Falschaussage eines Zeugen beruht - das ist hier der Fall.
Das Landgericht Deggendorf kam 2021 zu dem Schluss, dass die Passauer Richter ohne die Falschaussagen 2017 möglicherweise ein Mordurteil gesprochen hätten. Der Prozess soll am 24. Mai fortgesetzt werden.
Der Fall hatte 2016 auch deshalb für Aufsehen gesorgt, weil der Täter sein Opfer in Folie verpackt in der Wohnung versteckt hatte und mit dem Sohn nach Spanien geflohen war. Von dort aus schickte er vom Handy des Opfers Nachrichten an deren Angehörige, um diese in Sicherheit zu wiegen. Zudem ließ er sich ein Tattoo mit den Lebensdaten und dem Namen der jungen Frau sowie dem Satz "Danke für alles" auf den Arm stechen. Die Mutter der 20-Jährigen entdeckte zwei Wochen nach der Tat die Leiche.