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Eiskalter Outdoor-Trend: Eisbaden im Münchner Eisbach mit Munich Hot Springs

Eisschwimmen ist einer der großen Outdoor-Trends seit der Coronapandemie. Gruppen wie die Munich Hot Springs haben zusammengefunden. Sie treffen sich mindestens einmal wöchentlich am Eisbach.


Ganz sachte: Alejandra steigt langsam ins vier Grad kalte Wasser, um dann ein paar Meter zu schwimmen.

Ganz sachte: Alejandra steigt langsam ins vier Grad kalte Wasser, um dann ein paar Meter zu schwimmen.

Von Hüseyin Ince

München - Die Außentemperatur schwankt am Sonntagmorgen. Sie pendelt zwischen minus zwei und null Grad. Wenn ein leichter Windhauch dazukommt, kann das einen schon zittern lassen. Das Wasser im Eisbach ist nicht ganz so kalt - aber verlässlich eisig, im Winter sowieso.

Etwa 30 Leute haben am Sonntag hier zusammengefunden, auf der Uferseite, wo auch das Haus der Kunst steht, etwa 40 Meter nördlich der Eisbachwelle. Sie treffen sich über die Gruppe Munich Hot Springs, gegründet vor fünf Jahren von Irina Hey (32), einer begeisterten Sportlerin. 2018 wagte sie das Eisbaden zum ersten Mal.

"Freunde im Fitnessstudio machten das schon regelmäßig. Da ging ich einfach mal mit", sagt Hey. Und seither gibt es in etwa auch die Gruppe. Sie organisiert sich über Whatsapp und Facebook. Als alles losging, waren fünf bis sechs Leute dabei, die sich regelmäßig am Eisbach trafen, gegen fünf Uhr morgens, vor der Arbeit. "Inzwischen haben wir schon mehr als 400 Newsletter-Abonennten. Auf Facebook sind es mittlerweile mehr als 1000 Mitglieder", erzählt sie.

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Eisbad im Eisbach: Die Männer und Frauen von "Munich Hot Springs" sind süchtig nach ihrem Hobby, wie auch Jonathan (vorne rechts). Er kam während der Lockdowns mit dem ungewöhnlichen Hobby in Kontakt. Seine Laufgruppe nahm ihn einfach mit.

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Irina Hey, Begründerin der "Munich Hot Springs", macht Meditationsübungen kurz vor dem Gang in den Eisbach.

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Spengler-Azubi Marc hat keinen Muskelkater mehr, seit er eisbadet.

Einer von ihnen, der 24-jährige Marc, hat ein Wasserthermometer eingepackt. Er hält das Messgerät mit Stabfühler in den Eisbach und zeigt das Display: "4,8 Grad", sagt er.

Marc ist 24, ein Spengler-Azubi. Vor drei Jahren hat er das Eisbaden für sich entdeckt. Seit etwa zwei Jahren springt er mit den Munich Hot Springs ins kalte Wasser. "Wenn ich nach dem Sport eisbaden gehe, habe ich nie Muskelkater", sagt der passionierte Kletterer.

Die meisten aus der Gruppe sind geübt darin, in drei bis fünf Grad kaltes Wasser zu steigen - oder sich hineinfallen zu lassen. Kopfüber springt hier niemand. Fast jeder hat eine Mütze an. "Die ist wichtig, weil die meiste Körperwärme über den Kopf abströmt", sagt Irina Hey. Und bekanntlich ist ja der Eisbach nicht tief. Auch in den Abzweigungen kann man locker stehen.

Kurz nach elf Uhr gehen etwa zehn Frauen und 20 Männer in den Bach. Zuvor haben sie sich einige Sekunden im Bikini oder in der Badehose an die kalte Luft gewöhnt. Die Leute jaulen, aber nicht vor Schmerzen, sondern vor Freude. Einigen verschlägt es kurz den Atem. Viele tragen zur Mütze auch Handschuhe, um die Körperwärme nicht zu schnell abfließen zu lassen.

Hände, Kopf und Arme werden über Wasser gehalten. Manche beginnen eine kleine Unterhaltung, um sich abzulenken. Einige wenige schwimmen ein paar Meter. Die anderen bleiben noch ein bis zwei Minuten und steigen wieder ans Ufer. Drei bis fünf Minuten bleiben die meisten im Eiswasser. Unter den Schwimmern ist auch Alejandra. Die 35-jährige Softwareentwicklerin ist am Sonntag zum ersten Mal einige Meter geschwommen.

"Ich friere danach den ganzen Tag nicht mehr"

Sie ist seit 2021 begeisterte Eisbaderin. Alejandra hat eine sportliche Vergangenheit: "Früher war ich 400-Meter-Sprinterin, damals in Mexiko", erzählt sie. Auch an nationalen Wettbewerben habe sie teilgenommen.

"Nachts im Winter ist es am kältesten. Da haben wir manchmal fünf oder sechs Grad", sagt sie, "meine Mutter friert oft schon bei 20 Grad". Alejandra hat Freunden und ihrer Familie vom neuen eisigen Hobby in München erzählt. "Sie sagen alle: Du bist doch verrückt, Alejandra", erzählt sie und lacht. Keiner könne sich das in Mexiko vorstellen.

Dabei sei das Eisbaden Glücksgefühl pur, erzählt die Wahl-Münchnerin. Sie könne sich nach einem harten Arbeitstag nicht schöneres vorstellen. "Ich friere danach den ganzen Tag nicht mehr, egal wie kalt es ist", sagt sie, während sie noch ein wenig nachzittert, wie alle anderen Eisbader auch.

Lena und ihr Partner Sebastian, sie Juristin, er Ingenieur, gönnen sich nach dem eiskalten Vergnügen einen Roibuschtee aus der Kanne. Bei Lena begann alles mit einer Mutprobe am Milchhäusl, im Dezember 2021. Da stieg sie zum ersten Mal in einen Seitenarm des Eisbachs.

"Es verbindet und ist verbindlich", sagt sie. Auch wenn sie mal nicht so große Lust habe, komme sie sonntags, weil sie weiß, dass ja die Gruppe wieder da ist. Außerdem: "Ich kann mir keine bessere Ablenkung vorstellen", sagt sie. Ihr Freund Sebastian zittert nach dem Eisbad. "Gehört dazu", sagt er zappelig. Tee tröpfelt über seinen Ärmel.

"Eisbaden ist besser als jede Droge", sagt Jonathan, ein 39-Jähriger, der sich mit Virtual Reality beschäftigt. Er begann mit dem Hobby, als wegen der Pandemie alle Fitnessstudios geschlossen haben. Er ging damals oft laufen mit Freunden.

"Irgendwann sagte einer nach der Laufrunde: Johnny, heute gehen wir ins Wasser". Reine Kopfsache, keine große Überwindung, sagt er. "Ich habe gehört, wer im kalten Wasser badet, lebt länger." Vorsicht, sagt Irina Hey, nicht jeder sollte einfach so in drei Grad kaltes Wasser springen. Langsam annähern, sei das Motto. Und: "Sie sollten keine Herz-Kreislauf-Erkrankung haben, nicht schwanger sein oder in der Stillzeit", sagt Hey.

HORIZONTALE LINIE

Mehr Info zum Eisbaden unter: www.munichhotsprings.com