Straßenschlachten mit Polizei

Plündereien, Gewalt und Chaos - Randale in Stuttgart


Plünderer haben die Fensterscheiben in Stuttgart zerstört.

Plünderer haben die Fensterscheiben in Stuttgart zerstört.

Von Redaktion idowa und mit Material der dpa

Fliegende Pflastersteine, geplünderte Geschäfte und Angriffe auf Polizisten: In Stuttgarts Innenstadt bricht mitten in der Nacht Randale aus. Das plötzliche Aufflammen der Gewalt entsetzt - und lässt viele Fragen offen.

Bei schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei haben Dutzende Gewalttäter in der Nacht zum Sonntag die Stuttgarter Innenstadt verwüstet und mehrere Beamte verletzt. "Die Situation ist völlig außer Kontrolle", kommentierte ein Polizeisprecher am frühen Sonntag die Ereignisse. Die erste Bilanz der Polizei: 20 vorläufige Festnahmen, mehr als ein Dutzend verletzte Polizisten, Verwüstung in der Innenstadt. Am Morgen beruhigte sich die unübersichtliche Lage.

Die Krawalle begannen laut Polizei gegen Mitternacht. Während einer Kontrolle anlässlich eines Drogendelikts hätten sich viele Feiernde gegen die Polizisten solidarisiert, teilten die Beamten mit. Junge Männer, viele von ihnen vermummt, zogen randalierend durch die Straßen in Richtung Schlossplatz.

Im Internet dokumentieren zahllose Videos das Ausmaß der Gewalt. Die Krawallmacher schmeißen Pflastersteine auf vorbeifahrende Polizeiautos, schlagen Schaufenster auf der Stuttgarter Shoppingmeile ein und plündern Geschäfte. Auf einem Videoclip ist zu sehen, wie ein vermummter Mann einem knienden Polizisten mit Anlauf und mit beiden Beinen von hinten in den Rücken springt. Er stürzt, die Zuschauer johlen.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann sprach am Sonntag von einem "brutalen Ausbruch von Gewalt". "Diese Taten gegen Menschen und Sachen sind kriminelle Akte, die konsequent verfolgt und verurteilt gehören", teilte der Grünen-Politiker mit. "Die Bilder aus der Stuttgarter Innenstadt können uns nicht kalt lassen." Nun müsse man die Erkenntnisse zusammentragen und mit Hochdruck klären, wer dahinter stecke.

Die Polizei sprach von mehreren hundert Menschen, die in Kleingruppen unterwegs gewesen seien. Mehr als 200 Beamte aus dem Stuttgarter Umland wurden vorübergehend in die Landeshauptstadt beordert, um die Lage unter Kontrolle zu bekommen. Polizeihubschrauber flogen über die Stadt. Die Polizei bittet nun Zeugen um Mithilfe bei den Ermittlungen - zur Aufklärung der Straftaten benötige man Bilder und Videos von den Ausschreitungen, Straftaten und mutmaßlichen Tatverdächtigen. Zur Sicherheit blieb die Polizei auch am Sonntag mit einem Großaufgebot in der Innenstadt präsent.

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) kündigte an, mit der vollen Härte des Rechtsstaats gegen die Randalierer vorgehen zu wollen. "Die Ausschreitungen, die wir in der Nacht in Stuttgart erleben mussten, waren von einer in Baden-Württemberg bisher noch nie da gewesenen Qualität", sagte Strobl. Am Polizeipräsidium Stuttgart sei eine 40-köpfige Ermittlungsgruppe eingerichtet worden, das Landeskriminalamt werde die Ermittlungen unterstützen. Strobl will den Landtag am Mittwoch in einer Sondersitzung des Innenausschusses unterrichten.

Auch wenn die genauen Hintergründe noch unklar sind, führten die Ausschreitungen in der Schwabenmetropole bereits zu hitzigen politischen Debatten. Die Deutsche Polizeigewerkschaft in Baden-Württemberg, aber auch Stimmen aus CDU und AfD kritisierten etwa SPD-Bundeschefin Saskia Esken für ihre Äußerungen über einen "latenten Rassismus" bei der Polizei, für die sie teils auch aus den eigenen Reihen viel Kritik einstecken musste. Zwischenzeitlich hatte Esken ihre Äußerungen relativiert. Die SPD-Chefin selbst kritisierte am Sonntag auf Twitter die "sinnlose, blindwütige Randale" in Stuttgart. Die Gewalttäter müssten und hart bestraft werden. "Unbegreiflich, wie die Situation derart eskalieren konnte."