Jeder kann tanzen
Die perfekte Ballnacht: Ballmode, Knigge und Ablauf
9. November 2015, 13:47 Uhr aktualisiert am 9. November 2015, 13:47 Uhr
Kleid? Schuhe? Haare? Anzug? Krawatte? Blumenstrauß? Der Abschlussball bringt Vorfreude und jede Menge Aufregung mit sich. Mit diesen Tipps seid ihr perfekt vorbereitet und tretet sicher niemandem auf den Schlips - oder auf das Kleid.
Perfekt strukturiert: So läuft der Ballabend ab
Angst, etwas falsch zu machen, brauchen die Tanzschüler von Peter Schimkus nicht zu haben. Vor jedem Premierenball gibt es am Tag des Balls noch eine Generalprobe. Danach weiß jeder, wo er stehen soll und wohin er beim Einmarsch gehen soll. Ist der Abend dann gekommen, folgt der Beginn einem strikten Ablauf. Sobald sich alle Paare, die nicht gemeinsam gekommen sind, gefunden haben, überreichen sich die Paare ihre Geschenke und der Herr führt die Dame an ihren Tisch. Dort legt sie die Blumen beiseite, der Herr legt sein Geschenk auf seinen Platz und bemüht sich um eine passende Blumenvase. "Für meine Tanzschüler ordere ich oft hinter der Bühne mit Wasser gefüllte Vasen. Die können sie sich dann abholen", erzählt Peter Schimkus. Aber: Bringt der Herr die Vase, die Blumen noch nicht hineinstellen. Zum Einmarsch in den Saal später werden sie noch gebraucht. Und Wasserflecken auf dem Kleid kann man nach all dem aufwendigen Styling nicht verzeihen.
Etwa eine halbe Stunde vor Beginn versammeln sich alle Paare geordnet zum Gruppenfoto. Danach stellen sie sich auf zur Polonaise, also zum Einmarsch in den Saal. Die Herren gehen links, die Damen rechts. In der rechten Hand halten sie den Blumenstrauß. Um Punkt 20 Uhr geht es los. Die Schüler starten die Polonaise und präsentieren sich den Eltern und Gästen bei ihrem Gang durch den Tanzsaal. "Dabei unbedingt ans Lächeln denken. Das vergessen dann viele", rät Peter Schimkus. Die Schüler eröffnen den Ballabend mit einem Wiener Walzer. Die erste Tanzrunde beenden die Tanzschüler alleine auf der Tanzfläche. Danach folgt eine kurze Rede als Eröffnung, gefolgt von einer weiteren Schülertanzrunde. "Bei uns ist der erste Tanz immer ein Discofox. Das passt für jeden", verrät Schimkus zwinkernd. Die zweite und dritte Tanzrunde des Abends ist offen für alle, danach folgen zwei Elterntanzrunden. Die Mädchen tanzen mit ihren Papas und die Jungs mit ihren Mamas. Um Mitternacht endet der Ball mit einem Abschlusstanz.
Tanzen gehört zum guten Ton
"Standardtanz gehört dazu wie Lesen und Schreiben", betont Peter Schimkus. Er ist seit über 30 Jahren geprüfter Tanzlehrer und hat die ADTV-Tanzschule Seidel gegründet. Er ist der Meinung: Jeder sollte tanzen lernen. Denn irgendwann im Leben braucht man es, spätestens bei der Firmenweihnachtsfeier beim Chef - und dann will man sich nicht blamieren. "Gerade Jungs, die eher zurückhaltender sind, was das andere Geschlecht betrifft, können beim Tanzen auftrumpfen. Wenn du einen gutaussehenden Womanizer und einen weniger hübschen Tänzer nebeneinander stellst, gewinnt so gut wie immer der Tänzer bei den Frauen", ist sich Schimkus sicher. Seine Frau Corinna, ebenfalls ausgebildete Tanzlehrerin, kann dem nur zustimmen. Ballzeit ist für das verheiratete Paar das ganze Jahr über. Im Winter finden allerdings vermehrt die Premierenbälle statt. "Da passt es schulisch oft gut rein", erklärt der Fachmann. Das Wort Premierenball hat sich der 48-Jährige übrigens selbst ausgedacht. "Abschlussball wollte ich das Ende des Tanzkurses nicht nennen. Das bedeute ja, dass das Tanzen abgeschlossen ist. Das soll es aber nicht sein. Es fängt ja erst an, deshalb also Premierenball."
Geschenke: Eine Frage der Ehre
Der Mann schenkt der Dame am Ballabend einen Blumenstrauß, mit dem die Dame die erste Tanzrunde über auch tanzt. Das ist ein alter Brauch. Früher beschenkten die Herren die Damen aber nicht mit Blumen, sondern mit wohlriechenden Kräutern. "Damit konnten sie sich zuwedeln, wenn ihnen die Luft ausging", erklärt Corinna Schimkus. Das konnte aus mehreren Gründen passieren. Zum einen waren früher die Kleider so eng geschnürt, dass die Damen nur schwer atmen konnten. Zum anderen war die Körperhygiene nicht zwangsweise auf dem heutigen Stand. Bei manchen Gerüchen blieb den Damen auch oft noch der letzte Rest Luft weg. Aber nicht nur die Damen werden am Balltag beschenkt. "Das Gegengeschenk an den Herren ist eine nette Geste und eine Frage der Ehre", betont Peter Schimkus. Was aber sind mögliche Geschenke? "Kinokarten, Süßigkeiten, ein Glas mit eingraviertem Namen oder auch ein schöner Duft", zählt Corinna Schimkus auf. "Wer sich im Tanzkurs etwas unterhält, kommt schnell darauf, über was sich der andere freuen würde."
Der perfekte Tanzschuh
Wer seine Tanzschuhe erst am Balltag auspackt, wird den Abend über keine Freude haben. Blasen, Druckstellen und schlechter Tanzstil sind programmiert. Denn: Nur wer bequeme Schuhe trägt, kann auch gut darin tanzen. Deshalb sollten die Schuhe zum einen bereits eingelaufen sein und zum anderen gut nachgeben.
Wer Profi-Tanzschuhe kauft, sollte einiges beachten:
- Obermaterial soll aus weichem, geschmeidigem Leder sein.
- Auf eine glatte, rutschige Ledersohle achten. Keine Plateaupumps kaufen.
- Beim Tanzen muss man gut mit dem Fußballen abrollen können, vor allem beim Walzer.
- Damenschuhe mit Riemchen kaufen. Vor allem bei den Rückwärtsschritten schlüpft man oft aus Schuhen ohne Riemchen heraus.
- Nicht zu hoher Absatz. Tanzlehrerein Corinna Schimkus rät zu Fünf-Zentimeter-Absätzen. "Das sieht noch elegant aus und ich kann mich auch gut darin bewegen. Wer zu hohe Absätze trägt, kann nicht mehr schön tanzen."
- Bei Profi-Schuhen wird auch der Absatz nach unten hin dicker. So hat die Tänzerin noch besseren Halt.
Hilfe, was tanze ich zu welchem Rhythmus?
Viele Lieder haben die Schüler bereits beim Tanzkurs gehört und wissen, welchen Schritt sie darauf tanzen müssen. Am Ballabend selbst ist sogar die erste Tanzrunde einstudiert, so dass auch wirklich jeder weiß, wann er Wiener Walzer und wann Discofox tanzen soll. Wer sich bei den anderen Tanzrunden unsicher ist, kann hier spicken:
- Lieder, zu denen man schunkeln kann: Wiener Walzer
- Lieder, zu denen man Headbangen kann: meist Discofox
- Lieder, die zum Hüpfen, Schnipsen oder Twisten verleiten: Rock'n'Roll, Jive, Boogie oder Quickstep
- Langsame Lieder mit Vierviertel-Takt: Foxtrott Langsame
- Lieder mit Dreiviertel-Takt: Walzer
Benimm ist in - Kleiner Kniggekurs
Wer sich dennoch nicht sicher ist, kann den Publikumsjoker wählen und einfach mal schauen, was die anderen machen. Ansonsten gilt der Grundsatz: Tanzen ist Bewegung zur Musik - egal wie! Falsch wäre, gar nicht zu tanzen.
Auffordern: Fordert ein Herr eine Dame zum Tanzen auf, bietet er ihr den leicht angewinkelten, rechten Arm an und fragt höflich: "Darf ich bitten?" Die einzig angemessene Antwort darauf lautet "Ja, gerne." Die Frau hakt sich daraufhin mit ihrem linken Arm beim Mann unter und lässt sich auf die Tanzfläche führen. Ist die Frau in Begleitung, darf ihr Begleiter nicht ignoriert werden. "Dennoch fragt man zuerst die Frau. Sie hat das Recht, gefragt zu werden. Frauen haben das gesellschaftliche Krönchen auf", erklärt Schimkus. Ist die Frau einverstanden, kommt die Frage an den Mann: "Sie haben doch nichts dagegen?"
Korb geben: Es gilt als unhöflich und unangebracht, eine Tanzeinladung auszuschlagen - von beiden Seiten.
Tanzrunde: Ein Tanzpartner wird immer für eine ganze Tanzrunde aufgefordert. Wer während einer Runde oder gar während eines Liedes aufhört zu tanzen, tritt in ein großes gesellschaftliches Fettnäpfchen.
Zurückbringen: Wer eine Dame zum Tanz aufgefordert hat, bringt sie auch wieder an ihren Tisch zurück. Das verlangt der gute Ton.
Treppen: Geht ein Paar gemeinsam die Treppe hinunter beziehungsweise hinauf, ist genau geregelt, wer wo zu gehen hat. Beim gemeinsamen Hinuntergehen, geht immer der Mann voraus. Geht ein Paar die Treppe hinauf, geht die Frau voraus. "So kann der Mann die Frau in jedem Fall auffangen, falls sie stolpern sollte", begründet Peter Schimkus diese Benimmregel.
Damenwahl: Früher konnten nur die Männer zum Tanz auffordern, es sei denn der Kapellmeister hatte ausdrücklich zur Damenwahl aufgerufen. Heute ist immer Damenwahl. Jede Frau kann einen Mann jederzeit zum Tanz auffordern.
Das richtige Outfit für den Ball
Klar und intensiv mit viel Tüll: Das sind die Modetrends für Ballkleider
Das kleine Schwarze oder auch Kleider in Dunkelblau liegen immer im Trend. Ansonsten sind die Farben in dieser Saison bunt und kräftig. Mit dabei: Royalblau bis hin zu Smaragdnuancen, Nudetöne wie Nougat, Lachs oder Rosé sowie viele Rotvarianten. "Hauptsache die Farbe ist klar und intensiv", betont Angi Stummer. Sie ist zuständig für den Bereich Einkauf beim Modehaus Oberpaur in Landshut und kennt die Ballmode der diesjährigen Saison. Die Finger sollten Mädchen aber von weißen und auch beigefarbenen Kleidern lassen. "Das sieht zu sehr nach Braut aus und passt nicht auf so einen Ball." Die Schnitte der Kleider bleiben raffiniert: Viele Raffungen und geschmückte Elemente sind bei den Kollektionen zu sehen. "Das können Schleifen, Rüschen, Swarovski-Steine, Paletten, Perlen oder auch Spitze sein. Hauptsache ein Hingucker", betont die Expertin. "Viele Mädchen tragen beispielsweise auch einen Petticoat unter ihrem Kleid." Außerdem seien die Kleider auch in diesem Jahr vermehrt kurz geschnitten. Kombiniert werden die Kleider mit einer Stola, also einem breiteren Schal, oder einem Bolero.
Schmal und kurz: Auch Anzüge gehen mit dem Trend
Beim Anzugkauf sollten junge Männer vor allem auf eine schmale Form achten, rät Bernhard Schneider, ebenfalls Modeberater bei Oberpaur in Landshut. Denn: "Alles wird kürzer, schmäler und enger - auch der Anzug." Die Hose darf nicht weit und schlabbrig sein, sondern sollte eng fallen und auch am Fuß eng sitzen. "Da ist es nur logisch, dass die Hose beim Sitzen hochrutscht. Deswegen immer auf die richtigen Socken achten", gibt Schneider zu bedenken. Dabei haben die Socken immer dieselbe Farbe wie die Schuhe und der Gürtel. In der Regel ist das Schwarz. Wer sich für einen dunkelblauen Anzug entscheidet, kann aber auch braune Accessoires wählen. "Der Gürtel ist ungemein wichtig und wird oft verkannt. Wenn der Gürtel fehlt oder - noch schlimmer - der normale Jeansgürtel zu sehen ist, verliert der gesamte Anzug und wirkt billiger", erklärt der Modeberater. Und noch einen Tipp hat der Experte für junge Anzugträger: "Da die Hosen jetzt immer enger werden, ist darunter kein Platz mehr für schlabbrige Boxershorts. Da müssen schon Retropants drunter, sonst wirft die Hose unschöne Falten."