Happy End
Eine neue Heimat für James
6. Dezember 2013, 16:19 Uhr aktualisiert am 6. Dezember 2013, 16:19 Uhr
Die Geschichte von James (Name geändert) klingt wie ein Märchen. Ein Märchen, von dem man glaubt, dass es in echt niemals passieren kann - auch wenn es ein Happy End hat. Denn es ist unvorstellbar, was der elfjährige Bub aus Äthiopien in seinem kurzen Leben schon alles mitmachen musste. Er wurde einfach ausgesetzt.
Völlig allein, ohne Pass und ohne ein Wort Deutsch zu sprechen, kommt der Junge vor ein paar Monaten in Regensburg an. Stundenlang irrt er in der für ihn wildfremden Stadt umher. Die Polizei wird auf den verzweifelten Buben aufmerksam und bittet das Jugendamt um Hilfe. Und James hat großes Glück - die Mitarbeiter finden eine Pflegefamilie für den Kleinen. Seit Mitte September lebt er dort und darf wohl zum ersten Mal im Leben so etwas wie Familienglück spüren.
Seine Herkunft liegt im Dunkeln. Auch die Mitarbeiter des Jugendamtes in Regensburg wissen nur wenig über das Flüchtlingskind aus Äthiopien, eines der ärmsten Länder der Welt. James habe nur erzählt, dass er keine Eltern habe und bei seiner älteren Schwester aufgewachsen sei. Die habe eines Tages zu ihm gesagt, dass sie jetzt zum Geldverdienen nach Saudi-Arabien gehen müsse. Eine Frau werde kommen und sich darum kümmern, dass er nach Amerika reisen könne. Deshalb denkt James bei seiner Ankunft in Regensburg zunächst auch, dass er in den USA sei.
Mit dieser fremden Frau, die James nur "Tante" nennt, fliegt er von Äthiopien nach Frankfurt. Von dort fahren die beiden mit dem Zug nach Regensburg. Dort erklärt ihm die Frau, dass sie nur schnell etwas zum Essen kaufen wolle - sie verschwindet und kehrt nicht mehr zurück. Ab diesem Zeitpunkt ist James völlig auf sich selbst gestellt. Die Suche nach einer Pflegefamilie war nicht einfach, erinnert sich Franz Dorner, Leiter der Abteilung Jugendschutz im Jugendamt Regensburg. Da die Identität von James unklar ist, befindet sich der Bub im Moment im Status der Duldung. Erst wenn er mehr als sechs Jahre in Deutschland lebt und klar ist, dass er sich gut in das Leben einfügen wird, erhält er eine Aufenthaltserlaubnis. In diesen sechs Jahren muss er ohne Pass und ohne gültige Aufenthaltspapiere auskommen. Das heißt aber auch für die Familie: kein Urlaub im Ausland. Gerade diese Einschränkung war der größte Haken für die Pflegeeltern und deren 15-jährigem Sohn, als sie über die Aufnahme des Buben diskutierten. Und dennoch haben sie sich entschieden, James eine neue Heimat zu geben. Warum nehmen sie diese Belastung auf sich? Für die Pflegefamilie ist das ganz klar: "Wir möchten dem Jungen eine Chance geben und ihm eine harmonische Kindheit bieten." Menschen wie ihnen haben wir es zu verdanken, dass Märchen eben doch manchmal wahr werden.