Tanzprojekt "Echolot"
Energie – Konzentration – Mut
29. Juli 2013, 10:11 Uhr aktualisiert am 29. Juli 2013, 10:11 Uhr
Alle Menschen sollen am Leben in der Gesellschaft teilnehmen können - egal welche körperlichen oder geistige Voraussetzungen sie mitbringen. Dieser Gedanke der Inklusion war Anstoß für ein Projekt über Schulgrenzen hinweg: Vier Schulen aus Straubing und dem Landkreis Straubing-Bogen unterschiedlicher Schularten beweisen, dass Inklusion funktionieren kann - und zwar unabhängig von individuellen Fähigkeiten, Handicaps, sozialer Herkunft, Geschlecht und Alter. Insgesamt dreimal führte das Johannes-Turmair-Gymnasium, die Mittelschule Ulrich Schmidl, das Institut für Hörgeschädigte und das Sonderpädagogische Förderzentrum Albertus-Schule aus Bogen am Mittwoch und Donnerstag das Tanzprojekt "Echolot" im Stadttheater am Hagen in Straubing auf.
Fünf Wochen trainierten rund 100 Schüler zusammen mit dem Tänzer und Choreographen Alan Brooks für die Aufführung, unter ihnen auch Bernadette. "Das Tanzen macht super Spaß", schwärmt die Schülerin des Johannes-Turmair-Gymnasiums. "Die drei Stunden Training pro Woche waren aber körperlich sehr anstrengend, weil wir Muskeln trainiert haben, die wir sonst gar nicht brauchen." Denn bevor es an den kreativen Teil, die Zusammenstellung der Choreographie, ging, aktivierten die Schüler durch kleine Übungen den ganzen Körper und machten Zielstrebigkeits- und Sprungübungen. "Dazwischen hatten wir immer ein paar Momente nur für uns, in denen wir die Augen schließen sollten und nur an uns oder an gar nichts denken sollten", berichtet Bernadette.
Gefühle in Bewegung umsetzen
Auch Schüler, die zuvor noch nie getanzt hatten, nahmen an dem Projekt teil - nur Konzentration, Energie, Offenheit und Mut waren gefragt. Neben der Choreographie wollte Alan Brooks die Schüler auch lehren, ihre Gefühle in Bewegung umzusetzen. So hatte jeder Schüler auch die Aufgabe, sich einen Soloteil auszudenken. Mit dieser Form der Kommunikation sollten soziale Unterschiede überwunden und Meinungen ohne Vorurteile gebildet werden.
Durch die Gemeinschaft der Tanzgruppe gewannen die Schüler der unterschiedlichen Schularten mehr Selbstwertgefühl. Außerdem lernten sie, ihre Mitmenschen zu respektieren und ihre Andersartigkeit zu tolerieren. Die Schüler sollten sich durch das Projekt zudem ihrer eigenen Leistungsfähigkeit sowie deren Grenzen bewusst werden und so für ihre Persönlichkeit profitieren. Bernadette kann dies nur bestätigen: "Ich finde, dass man wirklich viel fürs Leben lernt, vor allem Zielstrebigkeit. Wir sollten immer so tanzen, als ob wir etwas unbedingt wollen würden. Oft haben wir eine aufrechte Körperhaltung mit Blick nach vorne geübt. Und wir wurden immer ermahnt, wenn wir die Arme verschränkten, da diese abweisende Körperhaltung Desinteresse signalisiert."
Seit 2009 steht Alan Brooks beim Staatsministerium für Unterricht und Kultus unter Vertrag, was eine in Europa einmalige Zusammenarbeit darstellt. Vorher hat er als freiberuflicher Tänzer, Choreograph und Projektleiter in München, London und Frankreich gearbeitet. Heute ist er einer der erfahrensten und anerkanntesten Tanzpädagogen Deutschlands. Dank seiner offenen und lustigen Art schaffte der 38-Jährige es, die Schüler schnell für das Projekt zu begeistern. Dass ihm seine Arbeit wirklich Spaß macht, zeigt seine übliche Verabschiedung: "Ich freu' mich wie Bolle, euch bald wieder zu sehen!"
Finanziert wird das Projekt vom Staatsministerium für Unterricht und Kultus, der Akademie für Schultheater und Theaterpädagogik Erlangen, der Regierung von Niederbayern, der Aktion "Wir sind Straubing" und von Spendern aus Stadt und Region.