Musiktipp

Entdeckermusik: Songs mit Botschaft von Regina Spektor


Musikerin Regina Spektor macht Musik mit Inhalt.

Musikerin Regina Spektor macht Musik mit Inhalt.

Von Valentin Viehbacher

Wer sich die Musik von Regina Spektor anhört, braucht vor allem eins: Geduld. Denn nur wer sich Zeit nimmt, findet auch die Botschaft in ihren Liedern. Valentin Viehbacher (22) aus Geiselhöring stellt die Sängerin vor.

Grauer, trister Himmel, nasskaltes Wetter. Man verbarrikadiert sich in wohlig-warmen, höhlenartigen Häusern. Geborgen und gefangen zugleich. Genau dann sollten die außergewöhnlichen Lieder von Regina Spektor laufen. Das Besondere an ihrer Musik sind die tiefsinnigen Songtexte, deren Bedeutung einem nicht sofort ganz klar werden. Reginas Musik verlangt, entdeckt zu werden. Sie nimmt den Hörer mit auf eine Reise und kann nur richtig verstanden werden, wenn man sich darauf einlässt, sich selbst besser kennenzulernen.

Valentin Viehbacher gibt in seiner Kolumne "Taktgefühl" Musiktipps fernab vom Mainstream.

Valentin Viehbacher gibt in seiner Kolumne "Taktgefühl" Musiktipps fernab vom Mainstream.

Tragische Kindheit

Die Musikerin hat eine tragische Kindheit erlebt: Mit nur neun Jahren musste Regina mit ihren Eltern aus Russland fliehen. Sie wuchs schließlich im sozialen Brennpunkt, der New Yorker Bronx, auf. Nach ihrer Flucht aus Russland blieb ihren Eltern und ihr nicht viel übrig. Sie mussten Freunde und Familie zurücklassen, hatten nur wenig Ersparnisse. Außerdem musste Regina das aufgeben, was ihr am meisten bedeutet hatte: das Klavierspielen. Doch nach einiger Zeit erlaubte ihre eine alte Dame aus dem Viertel, ihr ungenutztes Klavier zu benutzen. Für Regina war das Klavierspielen eine Möglichkeit, die vergangenen Monate zu verarbeiten. Selbst heute kann der Hörer die Einflüsse ihrer Kindheit in ihrer Musik deutlich wahrnehmen. Sie versucht nicht, die Traurigkeit zu "überspielen", sondern bezieht sie fest mit ein. Dadurch stimmen die Songs traurig und melancholisch zugleich. Sie holen den Hörer aber auch wieder aus diesem "Tief" und machen glücklich von innen heraus.

Der Song "Eet” vom Album "Far” ist dafür ein besonders einprägsames Beispiel. "Eet" heißt die Rückwärts-Taste bei alten Schreibmaschinen, mit der man zum letzten Buchstaben zurückspringen konnte. Im Musikvideo zu "Eet" ist Regina beim Drücken der Eet-Taste zu sehen. Vielleicht hofft sie auf eine Rückwärtstaste im echten Leben, um Dinge zu verändern oder sie erneut zu erleben. Mit der dynamischen Melodie symbolisiert Regina einen Umschwung, eine Veränderung. Alles, was man konnte und besaß, alles, was einen ausmacht, ist plötzlich weg, obwohl man versucht, zurück zum Vorherigen zu kommen: "Eet, eet, eet."

Die beschwingte Melodie von ihrem Lied "On the Radio” macht sorgenlos glücklich. Genau darum geht es auch in dem Song. Regina appelliert an uns: Akzeptiere und liebe dein Leben. Akzeptiere und liebe andere. Hänge nicht in der Vergangenheit. Lebe jetzt! Diese Botschaft ist wie ein Geschenk liebevoll im Songtext verpackt, bis der Hörer sie selbst auspackt und für sich entdeckt. In einem Forum erzählt ein Fan, dass sich ihm nach Monaten bei einem Spaziergang auf dem Friedhof die wahre Bedeutung des Textes eröffnet hat. Und genau das ist das Außergewöhnliche bei Reginas Musik: Manchmal braucht es einfach einen Anstoß, eine Erfahrung, die man machen muss, um die Botschaft zu verstehen. Deshalb passt Reginas Musik besonders gut zu einem langen Spaziergang.

Gesellschaftskritische Lieder

Regina kann auch gesellschaftskritisch sein. Das beweist sie mit ihrem Song "Trapper and the Furrier”. Dieser vereint einen sehr gesellschaftskritischen, hinterfragenden Songtext mit einer anfänglich sehr ruhigen, dann recht aufbrausenden, abgehackten Melodie, die die wütende, aufgebrachte Stimmung verstärkt. Das Lied ist an die gerichtet, die alles haben und trotzdem immer mehr bekommen. Zum Beispiel an all die Firmenchefs, die mit ihren korrupten Schachzügen auf Kosten anderer immer mächtiger werden. Der Refrain hingegen ist zurückhaltend und stellt nur eine Frage: "What a strange, strange world we live in? Where the good are damned and the wicked forgiven?”

Ein Gegensatz dazu ist der Song "How” vom Album "What We Saw From The Cheap Seats”. Das Lied ist sehr emotional und handelt von der Zeit nach einem Abschied und den schönen Erinnerungen, die zurück blieben. Das Lied steht für die Momente, in denen man denkt: "Es geht nicht mehr." Und selbst dann gibt Regina mit diesem Song Hoffnung auf alles, was im Leben noch kommt. Die ruhige Melodie mit leicht jazzigem Touch bleibt lange im Kopf - genauso wie alle Lieder der Sängerin, deren Botschaft noch lange nachklingt.

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