Schlaflos in Amerika

"Jennifer Rostock"-Sängerin erzählt vom neuen Album


Die Band "Jennifer Rostock" (von links nach rechts): Jennifer Weist, Christopher "Baku" Kohl, Johannes "Joe" Walter, Christoph Deckert und Alex Voigt. (Foto: WMG)

Die Band "Jennifer Rostock" (von links nach rechts): Jennifer Weist, Christopher "Baku" Kohl, Johannes "Joe" Walter, Christoph Deckert und Alex Voigt. (Foto: WMG)

Viele Piercings im Gesicht und bunte Tattoos am Körper: Nicht nur durch ihr außergewöhnliches Aussehen fällt Jennifer Weist, Sängerin der Band "Jennifer Rostock", auf. Auch die Musik, die sie zusammen mit ihren vier Bandkollegen macht, ist besonders. Denn sie lässt sich keiner festen Musikrichtung zuordnen. Am 17. Januar ist das vierte Studio-Album der fünfköpfigen Band erschienen. Die sympathische Frontfrau Jennifer erzählt im Interview mit Freistunde von der neuen Platte.

Hallo Jennifer, welches Lied von eurem neuen Album "Schlaflos" gefällt dir persönlich am besten?

Jennifer: Das kann ich so nicht sagen. Schließlich habe ich die Songs mit meinen Bandkollegen selbst gemacht. Sie stammen alle von einem selber und dann ist das so, als würde ich ein Kind aussuchen. Das ist ganz schwierig und auch stimmungsabhängig. Ich liebe alle Songs, die wir gemacht haben, wirklich jeden einzelnen.

Eure neuen Lieder drehen sich alle irgendwie um Schlaflosigkeit...

Jennifer: Sagen wir es mal so: Es dreht sich viel um Schlaflosigkeit - um die gewollte und ungewollte.

Warum konntest du das letzte Mal nicht schlafen?

Jennifer: Bei mir ist es eher immer die gewollte Schlaflosigkeit - also dass ich mit Freunden ausgehe und um die Häuser ziehe. Das letzte Mal waren wir als Band schlaflos, als wir beim Morgenmagazin mitgemacht haben. Da haben wir nämlich durchgemacht. Wir wurden um vier Uhr abgeholt und um acht Uhr war unser Auftritt. Das war auf jeden Fall eine Herausforderung.

Ein Lied auf eurer neuen Platte heißt "K.B.A.G". Für was steht diese Abkürzung?

Jennifer: Der Song heißt ausgesprochen "Kein Bock, aber Gästeliste" - so ein Berlin-Ding. Weil hier in Berlin alle immer auf der Gästeliste stehen wollen, aber keine Lust mehr haben, irgendwohin zu gehen. Wir nehmen uns und die Musikindustrie damit ein bisschen aufs Korn. Uns gibt es ja jetzt schon seit acht Jahren. Und in den acht Jahren sind ziemlich viele Leute zu uns gekommen, die uns tot gesagt haben oder gesagt haben: "Wenn ihr so weitermacht, dann haltet ihr nicht mehr lange durch." Oder sie wollten uns Tipps geben, was wir besser machen könnten. Letztendlich fehlt uns wahrscheinlich noch der Hit. Aber uns ist das nicht wichtig. Unserer Meinung nach sind wir eine Liveband, wir spielen gerne live, das ist eher so unser Metier. Die Leute kommen gerne zu unseren Konzerten. Da ist für uns eine Chartplatzierung zweitrangig, weil das auch ein bisschen vom Glück abhängt.

Der Song "Wenn der Wodka zweimal klingelt" sticht sehr aus dem Album heraus. Wie ist er entstanden und von was handelt er?

Jennifer: Der Song ist als einziger nicht in den USA entstanden. Das war von vornherein so geplant. Wir hatten bisher immer einen Song auf dem Album, der so ein bisschen heraussticht. Der Song ist bei Proberaum-Atmosphäre aufgenommen worden. Er dreht sich um Verführungen aller Art, wie man mit ihnen klarkommt und dass man sich manchmal auf sie einlässt. Dazu gehört natürlich Alkohol, aber da gibt es auch noch andere Sachen.

Warum habt ihr euer Album in den USA aufgenommen?

Jennifer: Wir haben unser letztes Studio-Album "Mit Haut und Haar" auch in den USA aufgenommen bei unserem Produzenten Chris Badami. Damals haben wir jemanden gesucht, der unseren Sound gut repräsentieren kann, und sind dabei auf Chris gestoßen. Wir haben ein bisschen in seinen Referenzen gestöbert und uns hat gefallen, was er bisher so gemacht hat. Dann haben wir uns mit ihm getroffen und uns auf Anhieb super verstanden. Wir ergänzen uns total gut und übersetzen ihm immer die Texte, damit er weiß, was für eine Stimmung ich rüberbringen soll. Weil das bei "Mit Haut und Haar" so gut geklappt hat, dachten wir uns: "Never change the winning team!"

Was finden die Amerikaner eigentlich eure Musik?

Jennifer: Viele haben unsere Musik ja nicht gehört, aber die, die sie gehört haben, finden sie super. Wir hören auch oft, dass wir Lieder mit englischen Texten machen könnten. Aber das ist nicht unser Ziel, denn unsere Texte wirken nur auf Deutsch. Deswegen konzentrieren wir uns eher auf den deutschsprachigen Raum.

Der Song "Du nimmst mir die Angst" ist ein Liebeslied. Warum habt ihr euch entschieden, die Liebeserklärung so versteckt zu verpacken?


Jennifer: Joe, unser Keyboarder, hat seinem Freund bei unserer letzten Tour einen Heiratsantrag gemacht. Später ist im aufgefallen, dass er nie "Ich liebe dich!" zu ihm gesagt hat. "Ich liebe dich!" zu sagen, ist ein bisschen kitschig. Dann haben wir zusammen Möglichkeiten gesammelt, wie man das anders ausdrücken kann. Und eine Möglichkeit ist: "Du nimmst mir die Angst!" In der Liebe geht es schließlich auch darum, dass man einen Partner hat, der einem ein gutes Gefühl gibt. Wenn man Angst hat, dann nimmt er einem diese, so gut er kann, ab. "Du nimmst mir die Angst" steht also auch für Liebe, aber es ist nicht so kitschig. Das ist uns auch wichtig. Wir sagen nie irgendwelche kitschigen Sachen. Wir wollen, dass das Lied auch schön ist, ohne dass wir solche Phrasen rausdreschen. Und der Song ist ja sozusagen unser erstes Liebeslied.

Das letzte Lied auf eurer neuen CD heißt genauso wie das Album selbst. Es handelt von jemandem, der sich im Bett hin und her wälzt. Was genau macht ihn schlaflos?


Jennifer: Unsere Texte sind eigentlich immer autobiografisch und haben mit uns und unserer Umwelt zu tun. Aber solche Fragen lassen sich echt schwierig beantworten. Und wir wollen das auch gar nicht. Es geht ja auch darum, dass Leute in unseren Texten selber etwas sehen. Es kommen viele Fans zu uns und sagen, dass sie mit dem Lied etwas Bestimmtes verbinden. Und sie fragen uns dann auch, ob das so stimmt. Aber wir antworten immer, dass es egal ist, um was es in einem Lied wirklich geht. Jeder soll für sich selber eine Geschichte hineininterpretieren, das ist uns wichtig.

Das vierte Studio-Album der Band "Jennifer Rostock" ist am 17. Januar erschienen. (Foto: WMG)

Das vierte Studio-Album der Band "Jennifer Rostock" ist am 17. Januar erschienen. (Foto: WMG)