Echte Helden auf Geisterjagd
Jonathan Stroud über seinen Roman „Lockwood und Co.“
3. Dezember 2013, 14:58 Uhr aktualisiert am 3. Dezember 2013, 14:58 Uhr
Mit seinen "Bartimäus"-Büchern ist der Brite Jonathan Stroud zum Bestseller-Autor geworden. Jetzt ist er mit "Lockwood und Co." unterwegs und wagt sich in diesem Roman auf die Spur der Geister. Im Interview erklärt er, wie er zu seinen Geschichten kommt und ob es Spaß macht, bei seinen Lesern eine Gänsehaut zu erzeugen.
Mr. Stroud, ist das eigentlich bei britischen Kinder- und Jugendbuchautoren so üblich, ihre jungen Leser zu Tode erschrecken zu wollen?
Wie kommen Sie da drauf?
Nun, wenn man sich Geschichten von Roald Dahl bis J.K. Rowling ansieht, dann sind dort schon immer sehr gruselige Szenen dabei.
Sie finden "Lockwood und Co." also gruselig?
Sagen wir es so - es gibt da schon ein paar Stellen, die Gänsehaut verursachen können.
Dankeschön!
Sehen Sie? Das meine ich!
Sagen wir es so. Es gibt eine große Tradition von Geistergeschichten in England. Und an diese wollte ich mit "Lockwood und Co" auch anknüpfen.
Die meisten dieser Geschichten spielen im 18. und 19. Jahrhundert. Gab es Überlegungen, "Lockwood und Co." auch in dieser Zeit spielen zu lassen?
Am Anfang schon. Aber mich hat viel mehr interessiert, wie sich diese Geschichten in einer modernen Welt erzählen lassen. Wobei modern auch nicht ganz richtig ist. In derWelt von "Lockwood und Co" herrscht in Großbritannien seit 50 Jahren eine regelrechte Geisterplage. Das hat natürlich auch die Technologie und dieLeute verändert. DieWelt ist längst nicht so technisch modern wie die unsrige. Also kann ich auch immer etwas nostalgisches Flair einbauen.
Auch wenn die Technologie nicht so ist wie bei uns, haben die Charaktere durchaus die eine oder andere Annehmlichkeit, oder?
Zum Beispiel in Form des Tischtuchs, auf dem sie sich Nachrichten hinterlassen können. Die Idee stammt von meiner neunjährigen Tochter und sie hat mir sofort gefallen. Es hat etwas Schönes und Alltägliches. Und es passt sehr gut zu den Charakteren.
Einerseits haben Lucy, Lockwood und George einen hohen Status, weil sie es ja sind, die die Erwachsenen vor den Geistern schützen. Aber ich hatte beim Lesen trotzdem immer das Gefühl, dass die Erwachsenen auf sie herabblicken.
Zum Teil stimmt das sicher. Aber die Geisterjäger in dieser Welt sind hoch angesehen, das steht außer Frage. Wenn sie mit ihren Degen durch die Straßen gehen, machen dieLeute ihnen den Weg frei und jeder weiß, was sie tun. Andererseits haben viele Erwachsene immer den Drang, jungeLeute zu verbessern. Das ist in dieserWelt genau so wie in der unseren. Ein gutes Beispiel ist wie die erwachsenen Geisterjäger, die die Gespenster nicht mehr sehen und im Hintergrund bleiben, mit den jungen Agenten umgehen, die an der Front kämpfen. Ich wollte hier eine Stimmung erzeugen, die ein wenig an denKrieg erinnert. Die alten Agenten sind quasi die Generäle, die über ihren Karten brüten und die jungen Soldaten - bei "Lockwood und Co." die Agenten - manchmal in den Tod schicken müssen.
Der Tod scheint ein ständiger Begleiter der Agenten in "Lockwood" zu sein, auch wenn sie für die Geisterjagd sehr gut ausgerüstet sind.
Ich schreibe Bücher für junge Leser und möchte, dass sie und die Charaktere sich wie Helden fühlen. Also habe ich mir überlegt, was man braucht, um mit einem schrecklichen Geist fertig zu werden. Und dann habe ich meinen Charakteren diese Mittel auch in die Hand gegeben. Spannende Situationen entstehen dann immer noch, denn bei der Geisterjagd sollte man sich nie zu sicher sein. Am Ende hat ein Team dann Erfolg, wenn es zusammenarbeitet. Lucy, Lockwood und George sind gute Freunde - deshalb sind sie imstande, Dinge zu schaffen, die anderen Agenten nie möglich wären.
Wie ist ihnen eigentlich die Idee zu dem Buch gekommen?
Die meisten meiner Geschichten beginnen mit einem Bild im Kopf. Und bei "Lockwood" war dieses Bild, wie zwei junge Leute ein Geisterhaus betreten. Wenn ich dieseSzene dann niedergeschrieben habe, beginnt die Arbeit. Ich denke mir: Tolle Szene, aber was für eineGeschichte steckt dahinter? Dann recherchiere ich und schreibe weiter. Ein Großteil derGeschichte ist mir am Ende klar - aber nie alles. So ist immer Raum für spontane Ideen und Einfälle.
Ist denn eine Fortsetzung von "Lockwood und Co." geplant?
Im Idealfall werden es fünf bis sechs Bücher. Das nächste soll schon im kommenden Jahr erscheinen. Während "Die seufzende Wendeltreppe" eine sehr persönliche Geschichte war, werden wir in Teil zwei wesentlich mehr von derWelt und dem Alltag der Menschen kennenlernen. In späteren Büchern wird auch noch etwas anderes eine Rolle spielen. Wenn wir am Ende derGeschichte angekommen sind, wird Hauptcharakter Anthony Lockwood langsam in das Alter kommen, in dem er Geister schlechter sieht. Das wird sich sicher auch auf die Fälle von Lockwood und Co. auswirken.