Sechs Tage im Klassenzimmer

Josephine Adam (15) hat jeden zweiten Samstag Unterricht


Josephine Adam aus Windberg war in dieser Woche Praktikantin in der Jugendredaktion "Freistunde". Die 15-Jährige geht in die zehnte Klasse des St. Michaels-Gymnasiums der Benediktiner in Metten im Landkreis Deggendorf. (Foto: Pfeffer)

Josephine Adam aus Windberg war in dieser Woche Praktikantin in der Jugendredaktion "Freistunde". Die 15-Jährige geht in die zehnte Klasse des St. Michaels-Gymnasiums der Benediktiner in Metten im Landkreis Deggendorf. (Foto: Pfeffer)

Von Redaktion idowa

"Waaas? Bist du verrückt?" So reagieren viele Bekannte, wenn sie erfahren, was ich jeden zweiten Samstagvormittag mache. Alle zwei Wochen gehe ich an diesem Tag zur Schule. Verrückt? Nicht unbedingt...

Ein Schulsamstag beginnt wie ein normaler Schultag unter der Woche: mit dem Wecker. Allerdings läutet der heute eine Viertelstunde später: Es ist 5:45 Uhr. Auch der Bus kommt 15 Minuten später als gewöhnlich, weil er samstags keine Rücksicht auf Schüler nehmen muss, die umsteigen müssen. Betrieb herrscht am sechsten Wochentag nur an meiner Schule, dem St.-Michaels-Gymnasium Metten.

Wenn der Unterricht um 7:55 Uhr beginnt, bin ich schon seit einer halben Stunde im Klassenzimmer. Um mich herum herrscht Chaos, überall wird gelacht und geschrien. Es läutet. Schön langsam und gemütlich machen wir uns auf den Weg zur Erdkundestunde im Chemiesaal - immerhin haben wir ja Wochenende, da muss man sich nicht so beeilen.

An meiner Schule gibt es Lehrer, die sich auch von dieser Wochenend-Einstellung anstecken und es am Samstag gerne etwas ruhiger angehen lassen. In diesem Schuljahr hatte ich in dieser Hinsicht jedoch kein Glück. Im Unterricht merkt man nichts mehr von der Wochenend-Stimmung, bis auf den ein oder anderen verwirrten Blick zur Uhr. Die Tatsache, dass jede Stunde samstags nur 40 statt 45 Minuten dauert, hat auch schon Lehrer dazu bewegt, Klassen zehn Minuten zu früh zu verlassen. Ohne den Gong wären wir hoffnungslos verloren. Es ist gar nicht so leicht, den Überblick zu behalten und sich das Ende der Stunde auszurechnen.

40 Minuten Deutsch und 40 Minuten Biologie später höre ich endlich das ersehnte Läuten: Pause! Der einzige Punkt auf dem Stundenplan, der nicht um fünf Minuten gekürzt wurde. Die Pause am Samstag ist immer etwas Besonderes, weil sie sich anfühlt wie Ferien. Zugegeben: wie sehr, sehr kurze Ferien, aber das spielt keine Rolle. Es ist Wochenende! Und wer am Wochenende arbeitet, ist in den Pausen doppelt so gut drauf.

Ursprünglich wurde der Samstagsunterricht eingeführt, damit Schüler aus dem damals noch existierenden Internat, die nicht jedes Wochenende nach Hause fahren konnten, etwas zu tun hatten beziehungsweise eben nicht nach Hause mussten. Jetzt, wo das Internat aufgelöst wird und die meisten Schüler von außerhalb kommen, nimmt uns der zusätzliche Wochentag etwas von der Last des Nachmittagsunterrichts ab. Dank dieser sechs Unterrichtsstunden, die alle vierzehn Tage stattfinden, müssen wir erst ab der neunten Klasse verpflichtend länger in der Schule bleiben.

"Heute ist doch Samstag!" als Standard-Entschuldigung

Nach der Pause geht der Unterricht weiter: Erdkunde, Deutsch, Biologie, die gleichen Stunden wie vor der Pause noch einmal. Immerhin sind es zweimal drei Wochenstunden, die der Samstagsunterricht ausgleichen soll. Das klappt nicht immer, denn sämtliche Proben für Orchester, Chor und sonstige Gruppen an der Schule fallen auch auf den Samstag.

Das ermöglicht den "engagierten" Schülern wie mir das Schwänzen. Schulfest und Weihnachtsbasar finden auch samstags statt. Kein Wunder, dass sich mancher Lehrer wünscht, die Klasse lieber unter der Woche einmal mehr zu haben. Erschwerend kommt dann noch hinzu, dass Schüler eben doch Schüler sind und Motivation nicht gerade unsere Stärke ist. Da kann es schon vorkommen, dass die Lehrkraft fragt, was denn schon wieder mit uns los sei. Und die Antwort lautet: "Heute ist Samstag!" Das hat sich bereits als Standard-Entschuldigung für miese Launen, schlechte Noten und unübersichtliche Faulheit etabliert.

Trotzdem hat mich dieser zusätzliche Schultag noch nicht umgebracht. Vielleicht liegt das daran, dass von Samstag auf Montag keine schriftlichen Hausaufgaben aufgegeben werden dürfen?

Auch Schulaufgaben sollten nicht gehalten werden. Samstags ist die Stimmung besser als am Nachmittag. Auch das spricht für den Unterricht am Wochenende. Dadurch, dass so Nachmittagsunterricht wegfällt, hat man auch genügend Freizeit. Das einzige, was mich stört, sind Fragen wie: "Bist du wahnsinnig? Am Samstag in die Schule?"... So wie anfangs regt mich das schon nicht mehr auf, denn Samstagsunterricht gehört zu meiner Schule wie Tomaten auf die Pizza.