Anna Hinterdobler und Hanna Wolf sind Modedesigner
Kein Schnickschnack
6. September 2012, 14:34 Uhr aktualisiert am 6. September 2012, 14:34 Uhr
Es geht eine kleine Treppe hinab, die Stufen machen einen Bogen: Dann steht man im Atelier von Anna Hinterdobler und Hanna Wolf. In den Räumen einer alten Bäckerei mit weißen Kacheln haben die beiden im Januar 2012 ihr eigenes Modelabel gegründet. Dort stehen ihre Nähmaschinen, auf großen Kleiderständern hängen die Stücke ihrer Kollektionen. "Kilenz" heißt das junge Label der beiden. Anna, 29, kommt aus Straubing, Hanna, 26, aus Moosburg. Beide machen Mode - jedes ihrer Stücke haben sie selbst kreiert.
Ein eigenes Label
Die beiden wissen, wie die Mode in Mode kommt. Anna und Hanna sind Maßschneidemeisterinnen, sie haben Berufsschule, Gesellenzeit und die Deutsche Meisterschule für Mode in München absolviert. Sie wissen, wie aus der ersten Idee im Kopf ein Kleid, eine Hose, ein T-Shirt oder eine Jacke wird. Entwerfen, zeichnen, Kollektionen planen, Schnitte erstellen, Stoffe aussuchen: All das haben sie gelernt. In der Berufsschule haben sie sich vor neun Jahren kennengelernt. Deshalb heißt ihr Label auch "Kilenz". "Kilenc" bedeutet auf ungarisch "Neun". "Wir wollten einen unverbrauchten Namen, etwas, das es noch gar nicht gibt", sagt Hanna. Das eigene Label zu gründen, hieß für die beiden Schneiderinnen vor allem freies Arbeiten, eigene Ideen verwirklichen, freie Zeiteinteilung und ein Qualitätsanspruch. Sie haben beide vorher bei Designern und großen Modefirmen gearbeitet und sich irgendwann gedacht: Wir wollen etwas eigenes. Auch spielte dabei eine Rolle,
dass es wenig bezahlte Stellen gibt in der Modebranche. Viele Designer und Firmen arbeiten mit unbezahlten Praktikanten, die Lage für ausgebildete Schneiderinnen ist nicht gerade gut.
Die Schneiderei wird zu schlecht bezahlt, sagen beide. In Design und Entwicklung sind die Stellen sehr rar, obwohl jede Modefirma, jede große Kette, Designer braucht, die die Stücke entwerfen. Das gilt für große schwedische Modeketten genauso wie für Winz-Labels.
Glück oder viele Stammkunden
Wer von seinem Traum, Mode zu machen, leben will, braucht entweder Glück oder viele Stammkunden, die sich etwas schneidern lassen. "Man kann bei einem Designer ein Praktikum machen. Entweder er erkennt das Talent - oder eben nicht", sagt Hanna. Manchmal, das gibt sie zu, hadert sie mit ihrem Beruf. "Wenn ich mir Freunde anschaue, die BWL studiert haben und das Dreifache verdienen, dann frage ich mich manchmal schon,
ob es das Richtige war." Jedoch denkt sie dann wieder an die Vorteile wie die Kreativität und die Verwirklichung der eigenen Ideen und sagt: "Alles hat seine Vor- und Nachteile."
Geprägt von klaren Schnitten
Sie und Anna nähen alle Stücke selber, ihre Mode ist geprägt von klaren Schnitten, natürlichen Farben, Materialien wie Baumwolle, Wolle, Kaschmir, Seide und wenig Schnickschnack. Gerade Hosen sind dabei, mit höheren Taillen, Stricksachen, Lederteile. Nichts ist schrill. "Knallfarben sind nicht so unser Ding", sagt Anna. Inspirieren lassen sie sich von Eindrücken auf der Straße, von Modeblogs, von Menschen mit ungewöhnlichem Geschmack,
Natur- und Reiseerlebnissen. Die Kollektion spiegelt die Persönlichkeiten von Anna und Hanna
wider. Sie ergänzen sich gut: "Nicht mal unsere Freunde können manchmal sagen, wer welches Teil entworfen hat." Bei ihren Kollektionen - gerade ist die zweite fertig geworden - stellen sie pro Modell circa 30 bis 40 Stück her.
Ziele festlegen
Das Ziel der beiden ist, irgendwann ganz von "Kilenz" leben zu können - Momentan sind sie zufrieden: "Es ist gut angelaufen", sagen beide. Sie haben neben dem Designen und Nähen ihrer Stücke aber noch Nebenjobs: Beide unterrichten an der Medienhochschule in München Studenten in Modefragen. Anna und Hanna haben sich bei der Gründung des Labels ein Jahr Zeit gegeben und Ziele festgelegt. "Nach einem Jahr müssen wir neue Ziele festlegen", sagt Anna. Sie schätzt, dass noch zwei Kollektionen so produziert und verkauft werden wie jetzt, also in Eigenregie. Anna und Hanna wollen aber, dass irgendwann Kleinserien ihrer eigenen Sachen einer breiten Masse von Menschen zugänglich gemacht werden können. Momentan läuft alles über den Online-Shop, jedoch waren sie auch schon in Münchner Boutiquen, die die "Kilenz"-Stücke jetzt verkaufen wollen. "Dort unterzukommen, hat erstaunlich gut funktioniert", sagt Anna.
Zusammen sind sie "Kilenz", aber für sich allein designt jede trotzdem auch: Das wollten sie im gegenseitigen Vetrag unbedingt festgelegt haben. Hanna arbeitet zum Beispiel gerade an einem Couture-Kleid für eine eigene Kundin.
Von Claudia Hagn