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Leonie Stoffels über Urlaub mit Maske
4. September 2020, 16:22 Uhr aktualisiert am 4. September 2020, 16:22 Uhr
Endlich wieder rauskommen! Mit diesem Wunsch ging es für Leonie Stoffels (17) aus Perkam im Landkreis Straubing-Bogen und ihre Familie für fünf Tage nach Berlin. Wie sie die deutsche Hauptstadt in Zeiten von Corona erlebt hat.
Ich drücke den Ansatz meiner Maske an die Nasenflügel und schließe die Augen - nur noch ein paar Minuten, dann sind wir endlich da. Dasselbe denkt sich wohl auch die ältere Dame, die vor mir sitzt. Ich habe sie schon eine Zeit lang beobachtet. Es wirkt so, als würde sie gezielte Atemübungen machen, um sich zu beruhigen. Ihre Lider sind gesenkt, ihre Hände liegen still auf den Oberschenkeln und ihr Brustkorb hebt und senkt sich regelmäßig. Ich wende meinen Blick zurück zum Fenster und beobachte die vorbeiziehenden Ortschaften, die sich nun von vereinzelten Häusern zum Großstadtgewimmel verändern. Gleich sind wir in Berlin.
Großer Aufwand
Wie ich mich freue, endlich mal wieder etwas anderes zu sehen als die eigenen vier Wände! Trotzdem war der Aufwand für diese fünf Tage außergewöhnlich groß. Wir mussten an jedes Detail denken: die Eintrittskarten für den Tierpark buchen, den Tisch für das Mittagessen am dritten Tag der Reise reservieren und uns online für jeden geplanten Museumsbesuch eintragen. Neben dem üblichen Inhalt einer Reisetasche landeten außerdem pro Person mehrere Mundschutzmasken, ein Desinfektionsspray und die ausgedruckten Online-Tickets im Koffer. Wo wir doch sonst die Urlaubstage entspannt genießen und nach Lust und Laune entscheiden, was wir als Nächstes unternehmen, hoffen wir nun, dass uns nichts einen Strich durch die Rechnung macht.
Kaum haben wir das Bahnhofsgebäude verlassen, schnappen wir nach Luft. Eine Zugfahrt mit Mund-Nasen-Schutz ist doch recht anstrengend. Das empfinden wohl auch viele Leute in der U-Bahn so, denn bei Weitem nicht jeder hält sich hier an die Maskenpflicht. Für viele ist Rücksichtnahme wohl ein unbekannter Ausdruck.
Anders ist das dagegen in streng kontrollierten Bereichen, wie wir in den folgenden Tagen feststellen. Denn in Geschäften und Einkaufspassagen müssen wir oft mehr als 20 Minuten in der Schlange stehen, um überhaupt den Laden betreten zu können. Die längste Schlange habe ich vor dem Primark am Alexanderplatz gesehen. Was es dort auch immer gegeben hat, es musste es wert gewesen sein, dafür so lange zu warten.
Gar nicht überlaufen sind dagegen Touristenattraktionen wie der berühmte Foto-Spot vor dem Brandenburger Tor oder der Checkpoint Charlie. Auch in unserem Hostel ist nicht viel los. Laut vorausgegangener E-Mail wurden wir in unserer Unterkunft schon freudig erwartet. Dort werden wir ebenfalls mit neuen Maßnahmen vertraut gemacht, jedoch sind sie nicht befremdlich oder gewöhnungsbedürftig. Wer lehnt denn auch freiwillig einen Zimmerservice ab? Frühstück gibt es außerdem nicht als Buffet, sondern wir müssen ankreuzen, was wir morgens essen wollen.
In den nächsten Tagen werden uns die weiteren Vorzüge dieses Städtetrips bewusst: Im Plenarsaal des Bundestags sind wir die einzigen Besucher - und haben so die Möglichkeit, einem exklusiven Vortrag zu lauschen. An meinem Geburtstag essen wir das weltbeste Sushi - ganz alleine im Restaurant. Die Situation ist zwar ungewohnt, denn vor dem Essen wurde der Tisch desinfiziert und wir mussten einen Zettel mit unseren Daten ausfüllen, andererseits ist es überall in der Großstadt angenehm ruhig. Auch das Warten vor dem städtischen Tierpark bleibt uns bei unserem Städtetrip erspart, denn mit einem Online-Ticket können wir einfach zur angegebenen Zeit erscheinen und ohne langes Anstehen das absolute Highlight des Zoos bestaunen: die einzigen Pandas in Deutschland!
Entspannt und gelassen
Genauso entspannt und gelassen wie die süßen Pandabären ist für uns deshalb dieser Urlaub. Auch wenn manche Dinge mit der Zeit lästig sind, wie das Maskentragen in der ohnehin schon stickigen U-Bahn, so gleichen das andere Vorteile wieder aus. Unser Städtetrip nach Berlin ist deshalb definitiv ein Erfolg. Wir genießen es nach dem langen Lockdown sehr, mal ein wenig rauszukommen und endlich wieder etwas außerhalb der eigenen vier Wände zu unternehmen.