[Frei]stunde!
Maßgefertigte Mischlinge
3. Mai 2012, 16:08 Uhr aktualisiert am 3. Mai 2012, 16:08 Uhr
Von Julia Gabauer
Labradoodle, Schnoodle und Cockapoo: Was klingt wie ausgeflippte neue Modemarken ist in Wirklichkeit ein Trend aus der Tierwelt. Designer- oder Hybridhunde heißen die tierischen Neuheiten. In den USA sind sie schon lang der Renner an der Leine und mittlerweile gibt es den fleischgewordenen Modeschrei auch in Deutschland. Experten und Tierschützer sind davon aber alles andere als begeistert. Doch was genau hat es mit diesen Hunden auf sich?
"Ein Designerhund ist ein Hund, dessen Elterntiere zwei unterschiedlichen, ausgesuchten Rassen angehören. Diese beiden Tiere werden dann gezielt miteinander verpaart", erklärt Astrid Behr vom Bundesverband praktizierender Tierärzte. Das bedeutet, ein Kunde, der zum Beispiel einen Puggle will, lässt sich vom Züchter, einen Mops (eng.: pug) mit einem Beagle kreuzen und erhält so seinen Wunschwelpen. "Das Ergebnis ist aber letztendlich doch nur ein normaler Mischling", sagt Behr. Aber die Zucht bis zum reinrassigen Hund dauert circa 20 Jahre und aus diesem Grund werden die Designerkreuzungen auch nicht als offizielle Hunderasse anerkannt.
Aus zwei mach eins?
Gerhard Teichrib züchtet Puggles und sagt: "Der Vorteil an Hybridhunden ist, dass sich immer das gleiche Welpenbild ergibt." Denn um einen Designerhund zu bekommen, werden immer wieder beide Rassen neu verpaart. Mit den Hybridhunden selbst wird nicht weitergezüchtet, da genetisch völlig unterschiedliche Welpen herauskommen. Als Beispiel: Mops + Beagle = Puggle. Puggle + Puggle = Nun ja, Abenteuer.
Teichrib sieht das Gute an der Hybridzucht darin, dass bestimmte Eigenschaften hervor- und ungewollte weggezüchtet werden können. "Wenn ein reinrassiges Elterntier eine Erbkrankheit hat und das andere nicht, tritt sie beim Welpen auch nicht auf." Der Züchter spricht damit den sogenannten Heterosis-Effekt an. Der soll bei Hybridhunden eintreten und sie zum Beispiel sehr fruchtbar und immun gegen Krankheiten machen. Astrid Behr dagegen widerspricht: "Wenn ein Elterntier eine vererbare Krankheit hat, dann wird diese auch weitervererbt."
Das Ziel mancher Züchter, in den Hybriden die positiven Eigenschaften beider Rassen zu verbinden, klingt einfach, ist in der Realität aber nicht immer gut umsetzbar. Für die Welpen ergeben sich Gesundheitsrisiken. Sie können einerseits die zuchttypischen Krankheiten ihrer reinrassigen Eltern bekommen, wie Gelenkprobleme oder Augenerkrankungen. Andererseits birgt diese Kreuzung auch neue Gefahren. Denn die Temperamente und Eigenschaften können von Hunderasse zu Hunderasse unterschiedlich sein und sich nicht immer gut vertragen. Oft sind in einem Designerhund völlig gegensätzliche Merkmale vereint. Der Beagle beispielsweise ist ein sehr aktiver Jagdhund, der viel Bewegung braucht. Der Mops dagegen ist eher ein kurzatmiger "Sofahund". Herauskommen kann demnach ein Puggle, der mit Atemproblemen zu kämpfen hat, wenn er seinen Jagdtieb ausleben will. Bei anderen Hybridhunden sind die Elterntiere unterschiedlich groß, was beim Welpen zu Schäden im Knochengerüst führen kann. "In einer seriösen Zucht werden solch unterschiedliche Merkmale berücksichtigt", sagt Behr.
Auf Internetseiten wird der Puggle als "sanfter, verspielter Schoßhund mit aktiver Ader" angepriesen. Doch Kritiker sagen: Solche Versprechungen seitens der Züchter sind völlig unrealistisch. Der Kunde gibt Geld für ein Ergebnis aus, das ihm niemand versprechen kann. "Ein bestimmter Wunschwelpe kann nach den Gesetzen der Vererbungslehre gar nicht vorausgesagt werden", bestätigt die Tierärztin.
Pudel als beliebte Hauptzutat
Auch auf das Argument "Designerhunde, vor allem welche, die halb Pudel sind, eignen sich für Allergiker, weil diese Rasse wenig Haare wirft" ist nicht immer Verlass. "Das ist nicht erwiesen", bestätigt der Züchter. Denn Hundehaare sind gar nicht das, was Allergikern Probleme bereitet. "Die gefährlichen Stoffe finden sich vielmehr in Spucke, Schweiß, Urin und Hautschuppen der Hunde", sagt Teichrib. Das kann bei manchen Kunden für böse Überraschungen sorgen.
Die Zucht von Hybridhunden gleicht also gewissermaßen einem russischen Roulette. Je nachdem wie der genetische Zufall spielt, kann natürlich ein Welpe herauskommen, der allergikergeeignet ist und genauso wie der Kunde ihn erwartet. Aber auch ein Hund mit völlig anderen Charaktereigenschaften, der krank werden kann, liegt im Bereich des Möglichen. "Es sind Tiere und als Mensch habe ich die Verantwortung, dass sie tierisch leben dürfen", findet Astrid Behr. Und auch Gerhard Teichrib meint: "Man sollte sich einen Hund nicht kaufen, weil er in ist oder ,Designerhund' genannt wird." Fest steht aber auf jeden Fall: Für das viele Geld (650 - 3000 Euro), das eine Designerkreuzung kostet, bekommt ein Käufer im Endeffekt doch nur einen Mischling, der normalerweise kaum etwas kosten würde oder sogar verschenkt wird. Und mit solchen Mischlingen sind Deutschlands Tierheime überfüllt.