Reisetagebuch aus Bolivien
Maximilian Beck begleitet seinen Großvater auf einer Arbeitsreise
31. Juli 2015, 10:06 Uhr aktualisiert am 31. Juli 2015, 10:06 Uhr
In diesem Jahr durfte ich dabei sein, als mein Großvater auf eine seiner vielen Reisen als zweiter Vorstand des Förderkreises Clinica Santa Maria nach Bolivien war. Der Förderkreis Santa Maria unterstützt zahnärztliche Hilfsprojekte in Peru, Ecuador und Bolivien. Bei seinem Einsatz in diesem Sommer dufte ich ihn neben einigen jungen Zahnmedizinstudenten begleiten.
Am 11. August flogen wir zunächst über Madrid nach Cochabamba im Zentrum Boliviens. Auf unserer vierwöchigen Reise habe ich unter anderem eine Sprachschule in Huancarani besucht, die Teams auf ihren Einsätzen begleitet und auch ein wenig die Schönheit des Landes begutachtet. Besonders begeistert war ich vom größten Salzsee der Welt. Dort haben wir auch in einem Salzhotel geschlafen.
Meine Erlebnisse könnt ihr hier nachlesen.
Eintrag 8: Das Beste kommt zum Schluss (11. September 2015)
Bolivien ist eine ganz andere Welt und wir Deutschen kommen vielleicht nicht ganz damit klar. Für Bolivianer aber ist das das normalste von der Welt. Auch das Essen ist gewöhnungsbedürftig - es gibt fast immer nur Reis, Kartoffeln, Nudeln und Hühnerfleisch - genauso wie der Verkehr. Die Autos fahren ungestraft bei Rot über die Ampel, Gurtpflicht gibt es nur für Taxifahrer, die sie auch nicht einhalten, und Passagiere sitzen im offenen Kofferraum und lassen die Beine baumeln. Schmutz liegt auf und neben den Strassen, viele Häuser sind nur halb-fertig gebaut und die Straßen leuchten bund wegen der farbenfroh gekleideten Cholitas, den indigenen Frauen in traditioneller Tracht.
Die Bolivianer gehen alles etwas gemütlich an und sind deshalb oft sehr unpünktlich und unzuverlässig. Aber sie arbeiten hart und sind fleißig, am Bau meist ohne maschinelle Hilfe. Das Leben ist risikoreicher als bei uns, aber dafür auch weniger reglementiert. Viva la vida boliviana! (Es lebe das bolivianische Leben!)
Das viele Reisen hat mir sehr gut getan, auch wenn es manchmal anstrengend war, nur der Rückflug machte mir sehr zu schaffen, weil wir erstmal zehn Stunden zu spät losfliegen konnten, dann unser Anschlussflug ausfiel und wir lange nicht wussten, wie es weitergehen sollte. Über den Umweg Brüssel gelangten wir dann doch nach Zürich, allerdings ohne den Koffer meines Großvaters.
Alles in allem war es eine schöne Reise, bei der ich viele neue Dinge und alte Dinge neu kennengelernt habe. Ich hoffe, alle Leser meines Blogs können sich nun eigene Gedanken zu Bolivien machen. Doch wer nach Bolivien fliegt, sollte in seinem Reiseführer zur Sicherheit alles über die Kriminalität in den Großstädten von Bolivien lesen.
Vielen Dank an meine Leser für Ihr Interesse und natürlich an die Freitunde-Seite, dass sie mich diesen Blog überhaupt haben schreiben lassen. Liebe Grüße an alle meine Freunde, Familie und Verwandte und an alle Leser!
Eintrag 7: Die Todesstraße (9. September 2015)
Die Todesstraße war der Hammer. Am Anfang ging es ca eine Dreiviertelstunde bergab auf einer Asphaltstraße. Leider müsste ich dort nach zehn Minuten in das uns begleitende Fahrzeug, da meine Finger fast blau waren. Dann aber wurde es wärmer und wir waren bei der Todespiste angekommen. Dort mussten wir immer auf der Seite des Abgrunds fahren, da die Sicherheit der Autofahrer gewährleistet werden muss. Eineinhalb Stunden lang sind wir mit einem Affenzahn dort runtergerast, wobei es sich anfühlte, als hätte jemand einen Massagestuhl zehn Stufen zu hoch gestellt - ein einziges Geruckel. Nach einigen Fotos an der "Corner Of The Devil" - dort geht es 300 Meter in den Abgrund - ging es weiter. Irgendwann nach etwa zwei Stunden Geruckel musste ich strampeln!!! Geht gaaaar nicht. Dann haben wir einen kalten Drink bekommen - ich ne Cola, alle anderen ein Bier . Danach waren wir essen und duschen und dann sind wir zurück nach la Paz, wo wir unsere Fotos und unser T-Shirt mit der Aufschrift "Death-Road-Survivor" holten.
Dann ging es in den Nachtbus nach Quillacollo. Dort kamen wir vier Stunden zu fürh an. Aus Versehen habe ich eine der Studentinnen geweckt, die uns dann aufgemacht hat. So hatte ich noch drei Stunden Schönheitsschlaf.
Jetzt sind wir in Huancarani und ich darf helfen. Dabei bin aus Versehen in Arbeitskleidung nach Sipe Sipe,einem Nachbarort von Huancarani. Und ich habe mich noh gewundert, warum mich alle blöd angucken. Dann waren wir im "chapare", ein im Tiefland gelegenes Djungelgebiet, wo wir auch ein Projekt haben. Übernachtet habe ich dort in einer Hängematte. Am nächsten Morgen haben eine Zahnärztin und ich uns am Kokosnuss pflücken und öffnen versucht. Danach haben wir uns mit Macheten ausgerüstet und sind etwa eine Stunde durch den Urwald marschiert. Das war cool. Jetzt bin ich in Huancarani und morgen fliegen wir schon wieder nach Hause.
Eintrag 6: Schillernde Lagunen und süße Wombaninhörnchenurus (1. September 2015)
Jetzt geht es zum interessantesten Teil der Reise über unsere Drei-Tagestour durch den Salar. Am ersten Tag ging es zuerst zum Eisenbahnfriedhof. Dieser ist wirklich gigantisch: Da stehen uralte Loks - teils schon ein wenig verrostet, teils noch relativ gut erhalten. Zu fünft - drei deutsche Frauen, ein Brasilianer und ich - sind wir etwa eine halbe Stunde auf den Loks rumgeturnt und haben Fotos gemacht. Danach ging's los... . Nach einer kurzen Autofahrt waren wir in der Salzwüste angekommen. Die Salzwüste ist gigantisch. Wir haben die "Isola incahuasi" besucht, eine aus Vulkangestein bestehende Insel mitten in der Wüste. Danach sind wir zu unserem Salzhotel gefahren, wo wir auch die Nacht verbracht haben. Alles an diesem Hotel war war aus Salz - sogar die Betten und der Boden.
Am nächsten Morgen ging es sehr früh los in Richtung der Lagunen, deren Namen sich nach den Farben der Gewässer ableiten: L. blanca (weiss), L. colorada (rot), L. verde (grün). Die Grösste und Schönste ist die Laguna Colorada. Sie ist nämlich dank vieler Algen rot! An fast allen Lagunen, die salzige Seen sind, sahen wir viele Flamingos, die dort nach Mineralien suchen. Manche sahen ein wenig grau aus und erinnerten an Störche.
Dann ging es zu einem der berühmtesten von Natur geformten Steinkonstrukten, dem "arbor de piedra" (Steinbaum) - vom Sand und Wüstenwind zurechtgeschliffen, so dass er wie ein Baum aussieht. Dort sind auch viele andere Felsen. Ich konnte nicht widerstehen, hochzuklettern und dann wieder runter zu springen.
Bald ging es für uns wieder in ein Wüsten-Hotel. Das war sehr einfach eingerichtet und recht kalt war. Am nächsten Morgen sind wir um 4.30 Uhr aufgestanden, damit wir die Geysire und Fumarolen eines Vulkans in 4.700 Meter Höhe noch bei Sonnenaufgang sehen konnten. Leider ging unser Fahrer die Sache mit bolivianischer Gemütlichkeit an und wir fuhren viel zu spät los. Trotz allem waren die Geysire atemberaubend und die blubbernden Schlammlöcher recht stinkig.
Dann führen wir zu einigen Felsen bei denen wir "Wombaninhörnchenurus" gesehen haben. Das sind eigentlich "cochillas" (Kaninchen), aber sie sehen aus wie eine Mischung aus Wombats, Kaninchen, Eichhörnchen und Kängurus.
Zurück in Uyuni bestiegen wir den Nachtbus nach La Paz zu fahren, um von dort aus morgen den Camino del Muerte (Todesstrasse) mit dem Fahrrad zu bezwingen. Wenn ich die Tour überlebe, werde ich einen weiteren Bericht schicken können.... :)
Eintrag 5: Schulkindern das Zähneputzen beibringen (28. August 2015)
Von Sucre aus ging es nach Zudañez, zwei Stunden Autofahrt durch eine ausgetrocknete Landschaft, wo mein Grossvater mit seinen Voluntarios in den umliegenden Dörfern ihren zahnärztlichen Einsatz haben sollten. Unsere Bleibe war ein altes Haus mit Klo und Dusche (!) sowie fünf Betten in ansonsten leeren Zimmern.
Am nächsten Morgen sind wir zu einem circa 30 Autominuten entfernten Dorf gefahren, um dort an einer Schule Kindern die Zähne zu richten. Allerdings funktionierte die wichtigste Maschine nicht, so konnten keine Füllungen gelegt werden. Während mein Großvater noch einmal zurück nach Sucre fuhr, um eine andere Maschine zu holen, haben die anderen den Kindern das Zähneputzen beigebracht und Reihenuntersuchungen vorgenommen. Dabei zeigte sich, dass die Zahnpflege dort sehr vernachlässigt wurde. Kinder mit kariösen Zähnen waren die Regel und viele hatten auch komplett zerfallene Zähne, die dann letztlich entfernt werden mussten. Zu diesem Ereignis türmten sich die Kinder vor der Praxis, also einem kleinen Klassenzimmer.
Als wir dann wieder im Zudañez waren und essen wollten, fiel der Strom aus, ganz Zudañez war ohne Licht. So hatten wir ein Candle-Liight-Dinner und packten etwa 250 gespendete Zahnbürsten aus, die wir am nächsten Tag verteilen sollten.
Am nächsten Morgen sind mein Großvater und ich zurück nach Sucre gefahren, um einen Tag später ein Taxi nach Potosi (4.000 Meter hoch gelegen) zu nehmen, eine einst berühmte Silber-Stadt, in der zur spanischen Kolonialzeit Unmengen an Silber produziert wurden. Dort machten wir eine Führung in den Berg Cerro Rico, wo heute noch gearbeitet wird wie früher - mit Spitzhacke und Hammer und Meissel. Die Loren werden von Hand durch die engen Stollen geschoben, die Arbeitsbedingungen sind gefährlich und sehr hart, sp dass die Kumpel ohne ständig Coca-Blätter zu kauen nicht durchhalten könnten.
Tags drauf besichtigten wir die Casa de la Moneda, die alte Münze, in der bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts noch Münzen geprägt wurden. Heute ist es ein Museum. Jetzt sind wir in Uyuni, um morgen die abenteuerliche Tour durch die Salzwüste zu beginnen.
Eintrag 4: Maxi Picante wird 14! (23. August 2015)
Wieder in Huancarani haben wir uns noch ein angenehmes Wochenende gegönnt. Wir waren auf der "Fiesta de la Urkupinha", einem religiösen Fest in Quillacollo, einer Stadt in der Nähe von Cochabamba, bei dem über 50.000 Tänzer in phantasievollen und farbenfrohen Kostümen bei Umzügen mitwirken. Etwa 1,5 Mio Menschen kamen als Zuschauer. Das Festival war gigantisch: so viele unterschiedliche Masken und Tänze. Außerdem habe ich jetzt einen neuen Spitznamen: "Maxi Picante". Diesen Namen trage ich, weil ich dort in einem Lokal zum Essen Pollo Picante (scharfes Hühnchen) bestellt habe. Alle anderen bestellten einen Burger, nur ich wollte es wissen. Als mein Essen kam, hatte ich ein Berg von Reis und Soße vor mir, in dem sich Hühnchen versteckte. Das war zum einen zu viel und zum anderen so scharf wie zehn Jalapeños ! Na ja, seitdem bin ich Maxi Picante.
Danach war ich eine Woche in der Spanisch-Sprachschule, wo ich einen neuen Freund gefunden habe. Michael (28) ist Holländer. Er trampt seit fünf Jahren durch die Welt. Er verdient meinen allergrößten Respekt, weil er das Geld zum Reisen selber verdient, indem er in verschiedenen Ländern arbeitet. Nach fünf Tagen mussten wir uns verabschieden, denn ich flog nach Sucre, wo wir Mila trafen. Sie ist eine Zahnärztin, die vor zwei Jahren schon mit meinem Cousin hier war.
Momentan sitze ich im Hostelling international und feiere meinen 14. Geburtstag. Später geht es in Richtung Zudañez. Dort werden mein Großvater zusammen mit Mila und zwei Zahnmedizin-Studenten aus Hamburg in abgelegenen Weilern die dortige arme Bevölkerung behandeln. Ich darf auch etwas mithelfen.
Bis bald Maxi Picante
Eintrag 3: Holprige Busfahrt und kreischende Frauen (15. August 2015)
In Huancarani angekommen, trafen mein Großvater und ich die beiden Zahnärzte, die schon seit zwei Wochen in dem Dorf arbeiteten. Reinhart, erfahren und kurz vor dem Ruhestand stehend, und Sebastian, frisch approbierter Jungzahnarzt. Für den Abend verabredeten wir uns zu einem Essen in einem Restaurant. Da mich der Jetlag übermannte, schlief ich um 18 Uhr ein und war eine stunde später von meinem Großvater nicht wachzurütteln.
Die Nacht war lausig kalt und kurz. Denn bereits um 5.30 Uhr brachen wir nach Cochabamba auf, waren um 7 am Flughafen und konnten ein Ticket für 9.30 Uhr nach Sucre buchen. Da in Sucre nur unter Sichtflugbedingungen gelandet werden kann , wurde unser Flug um anderthalb Stunden verschoben. Wir waren aber nicht die einzigen Leidtragenden des bolivianischen Winters, denn die Straße nach La Paz war wegen starken Schneefalls total gesperrt.
In Sucre half ich meinem Großvater und einer weiteren Studentin, Alexandra, den dortigen zahnmedizinischen Einsatz vorzubereiten. Noch am selben Abend fuhren wir mit dem Nachtbus nach Cochabamba. Nach ca. zwei Drittel der Fahrt gab es ein heftiges Ruckeln und ein kratzendes Geräusch. Der Bus geriet kurzfristig ins Schlingern und blieb nach 50 Metern stehen. Frauen schrien hysterisch rum. Nach etwa einer Stunde setzten wir unsere Fahrt dann fort, ohne dass wir erfahren hätten, was passiert war. Sehen konnten wir auch nichts, da die Scheiben von innen beschlagen und von außen durch den Regen undurchsichtig waren. Erst bei der Ankunft in Cochabamba sahen wir, dass die linke Busseite bis in etwa 1 Meter Höhe zerbeult, zerkratzt und teilweise aufgeschlitzt war. Wir vermuten deshalb, dass der Busfahrer eingenickt war. Zu unserem Glück war an der Stelle Fels und kein Abgrund.
Eintrag 2: Lange Reise nach Huancarani (13. August 2015)
Am Dienstag war der Tag unserer Abreise. Wir sind vom Züricher Flughafen zweieinhalb Stunden bis Madrid geflogen, wo wir vier Stunden Aufenthalt hatten - langweilig! Am Flughafen in Madrid trafen wir uns mit Ann-Kristin. Sie ist eine der Studentinnen, die mit meinem Großvater arbeiten in Bolivien wird. Während des Wartens genoss ich einen komischen Anblick: Wir konnten die Unmengen von Gepäck bewundern, die von von den mitreisenden Bolivianern am Schalter der bolivianischen Fluggesellschaft BOA aufgegeben wurden. Es hatte den Anschein, als würden sie ihren gesamten Hausrat mitschleppen.
Um 22 Uhr ging es weiter. Wir sind zwölf Stunden nach Santa Cruz geflogen. Dort sind wir wegen der Zeitverschiebung um 4 Uhr früh gelandet. Drei Stunden Warten später ging der nächste Flieger nach Cochabamba. Dort landeten wir um 8:30 Uhr - zu der Zeit, in der meine Großmutter zu Hause ihren Mittagsschlaf beendete.
Am Flughafen erwarteten uns Ronald, Ann-Kristin und Ramona, mit denen wir zunächst ein paar Einkäufe erledigten (eine Absaugpumpe für Blut und Speichel und einen Sterilisator ). Dann ging es in einer einstündigen Autofahrt über eine stark frequentierte und seit zehn Jahren im Bau befindliche Straße zu unserem Ziel : Huancarani, ein Dorf mit etwa 1.500 Einwohnern, vielen erdfarbenen Häusern und unbefestigten Straßen. Alles ist sehr staubig und schmutzig. Mein Großvater hat mir erzählt, dass es im bolivianischen Winter kaum regnet, aber an unserem Ankunftstag hat es immer wieder geregnet. Das war sehr ungewöhnlich. Schuld hat wohl der Klimawandel, aber könnten es nicht auch Freudentränen gewesen sein, weil wir gekommen sind?
Eintrag 1: Abschied am Flughafen (11. August 2015)
Heute geht es also los. So langsam bin ich aufgeregt- Die Reise, die vor uns liegt, ist lang. Um halb 9 fährt uns meine Mutter nach Zürich zum Flughafen, von meinen Großeltern am Bodensee ist das Gott sei Dank nur zwei Stunden entfernt. Dann fliegen wir nach Madrid, wo wir eine der mitreisenden Studentinnen treffen. In Madrid haben wir dann sieben Stunden Aufenthalt, leider zu kurz für einen Besuch der Stadt. Dann fliegen wir neun Stunden nach Santa Cruz, wieder umsteigen und dann nach Cochabamba. Insgesamt werden wir wohl 32 Stunden unterwegs sein. Von dort werde ich dann wieder berichten.