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Schatten der Modewelt: Die Probleme von Fast Fashion


Billige Mode bedeutet oft unfaire Bedingungen für die Menschen, die sie produzieren. Deshalb sollte man fair shoppen, findet Valentina.

Billige Mode bedeutet oft unfaire Bedingungen für die Menschen, die sie produzieren. Deshalb sollte man fair shoppen, findet Valentina.

Von Valentina Mendez

Ein T-Shirt für unter 10 Euro? Nichts Besonderes! Allerdings schadet der billige Preis denjenigen, die das Oberteil produziert haben. Valentina Mendez (22) aus Regensburg klärt über das Problem mit "Fast Fashion" auf.

Fassen wir uns selbst an die Nase: Erdbeeren kaufen wir am besten im Bio-Laden, Mülltrennung ist Pflicht und für den Kaffee haben wir einen Thermobecher. Aber wenn es um 50 Prozent Sale bei Zara geht, sind wir dennoch die Ersten an der Kasse. Das bewusste und nachhaltige Denken unter uns jungen Menschen ist mittlerweile weit verbreitet, aber beim Kauf von Kleidung denken immer noch die wenigsten grün.

Die Besitzerin der "Texas Organic Cotton Marketing Cooperative" erklärt in dem 2015 erschienenen Dokumentarfilm "The True Cost" über die Modeindustrie und ihre Schattenseiten den Grund dafür: "Oftmals werden Verbraucher durch eine Allergie auf Bio-Lebensmittel aufmerksam. Aber Baumwolle und andere Stoffe, die sie an ihren Körper lassen, alarmieren sie nicht - und das, obwohl die Haut das größte Organ des Körpers ist. Sie denken: Ich esse diesen Bio-Apfel, deswegen nehme ich nicht direkt Pestizide und Chemikalien auf. Dieser Zusammenhang wird bei Kleidung jedoch schnell übersehen", sagt sie.

Der Mensch ist sich nicht bewusst, welche schädlichen Stoffe in seinen Kleidungsstücken enthalten sind. Man sieht schließlich nur das fertige Produkt und dessen billigen Preis und denkt nicht darüber nach, wie es hergestellt wurde und warum es so billig ist.

Keine Gesetze für die Produktion

Die Kleidung von Modeketten wie H&M, Primark oder Zara ist nicht fair gehandelt - das ist den Menschen in westlichen Ländern durchaus bewusst. Trotzdem wird der Konsum in der Textilindustrie immer größer. Die Produktion ist in den vergangenen Jahrzehnten in Länder wie Bangladesch und Indien verlagert worden. Und warum? Weil es dort keine Gesetze für die Produktionsart und zusätzlich noch weniger geregelte Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer gibt. So können die Fast-Fashion-Modemarken schnell und zum Niedrigpreis produzieren, um die Ware später in den eigenen Filialen günstig verkaufen zu können.

Setzt man sich aber bewusst mit diesem Problem auseinander und hinterfragt, warum ein T-Shirt lediglich zehn Euro kostet, wird einem schnell bewusst, dass die Näherin des Kleidungsstücks kaum daran verdienen kann. Eine Arbeiterin in einer solchen Produktionsfabrik beschreibt ihre Situation in dem Dokumentarfilm wie folgt: "Wir gehen in die Fabrik und arbeiten den ganzen Tag wirklich schwer. Menschen haben keine Ahnung, wie schwer das für uns ist, diese Bekleidung zu produzieren. Sie kaufen sie nur und tragen sie. Ich denke, dass diese Kleidung mit unserem Blut produziert wird. Viele Fabrikarbeiter sterben bei verschiedenen Unfällen. Es ist sehr schmerzhaft für uns. Ich möchte, dass niemand etwas trägt, was mit unserem Blut hergestellt ist."

Über 1 000 Menschen gestorben

Der Fabrikeinsturz 2013 in Savar, einer Stadt in Bangladesch, der über 1 000 Menschenleben gefordert hat, ist für sie nichts Neues. In Europa und den USA hat dieser Skandal großes Aufsehen erregt. Doch nicht das erste Mal sind viele Menschen wegen den Arbeits- und Sicherheitsbedingungen in den Fabriken umgekommen. Jeden Tag sterben und leiden Menschen in den Produktionsländern, nur damit die Menschen in den westlichen Ländern die neuesten Klamotten tragen können. Nicht nur Fabrikarbeiter sind betroffen, sondern alle Menschen, die in Gegenden leben, in denen die Modeindustrie produzieren lässt.

In Indien ist der Ganges, der als heiliger Fluss für Tausende von Hindus gilt, vollständig verschmutzt und wird von den Lederfabriken mehr und mehr zerstört. Kanpur, eine indische Stadt, gilt mittlerweile als Hauptexportstandort für Leder in Indien. In "The True Cost" heißt es, dass dort jeden Tag 50 Millionen Liter giftiges Abwasser in den Fluss geleitet werden, dessen Wasser eigentlich das Trinkwasser für die dortigen Anwohner ist. Die Folge: Die Bevölkerung wird krank. Viele Familien haben mit Hautausschlägen, Geschwüren, Magenerkrankungen oder sogar Krebs zu kämpfen.

Arbeit und Chemikalien

Satish Sinah, der stellvertretende Direktor der Organisation Toxics Link, die für Umweltgerechtigkeit und Alternativmöglichkeiten in Indien kämpft, sagt: "Man kann die besten Stoffe bei Luxusmodemarken in Mailand, Paris oder London finden. Es stecken jedoch so viel Arbeit und so viele Chemikalien darin. Aber wir sehen zu diesem Zeitpunkt nur das fertige Produkt. Wir müssen Abstand gewinnen und darüber nachdenken."

Die Modekette H&M ist mittlerweile zum zweitgrößten Bekleidungskonzern weltweit aufgestiegen. Viele Marken versuchen, ihre Produktion zu rechtfertigen. Sie behaupten, dass sie Fabrikarbeiter in Ländern wie Bangladesch und Kambodscha ausreichend bezahlen, um deren Grundbedürfnisse zu decken. Außerdem argumentieren sie damit, dass sie den Menschen in diesen Ländern zumindest eine Arbeit geben und die Bevölkerung froh darüber sein könne. Die meisten Firmen jedoch geben zu diesem Thema keine genaue Auskunft und versuchen so, die Schattenseiten ihrer Billigproduktion zu vertuschen.

Lila Firth, eine Frau, die mit der "Green Carpet Challenge" 2019 einen Aufruf an Prominente startete, Teil einer aufmerksameren Modegestaltung zu sein, schildert auf einer Konferenz über die Zukunft der Mode in Kopenhagen ihre Einstellung gegenüber der Billigproduktion: "Fast Fashion möchte schnell herstellen, somit müssen die Fabrikarbeiter schneller und billiger produzieren. Daher sind die Fabrikarbeiter das einzige Glied in der Versorgungskette, bei dem die Spanne gedrückt wird. Und es gibt riesige Unternehmen, die in den Fabriken in Bangladesch Aufträge über 1,5 Millionen Jeans erteilen. Jede für 30 bis 50 Cent. Wie kann man das ethisch rechtfertigen? Aber auch aus Sicht des Verbrauchers: Ist es wirklich demokratisch, ein T-Shirt für fünf Dollar zu kaufen oder 20 Dollar für eine Jeans zu zahlen? Sie lassen uns glauben, dass wir reich und wohlhabend sind, weil wir viel kaufen können. Aber in Wirklichkeit machen sie uns ärmer. Und die einzigen Menschen, die reicher werden, sind die Besitzer der Fast-Fashion-Marken."

Sie bringt es damit auf den Punkt. Deshalb sollten wir das nächste Mal mehr darüber nachdenken, ob wir das billige Top oder T-Shirt der Modekette wirklich brauchen und ob es nicht eine faire Alternative dafür gibt.

Valentina Mendez ist über die Dokumentation "The True Cost" auf die Probleme von Fast Fashion aufmerksam geworden.

Valentina Mendez ist über die Dokumentation "The True Cost" auf die Probleme von Fast Fashion aufmerksam geworden.