Sorgsam oder sorglos?
So denken Jugendliche über Datenschutz im Internet
27. Januar 2015, 18:15 Uhr aktualisiert am 27. Januar 2015, 18:15 Uhr
Ständig online auf WhatsApp, die neuesten Urlaubsbilder aus London auf Facebook, Partyfotos vom Wochenende auf Instagram: Das Netz weiß inzwischen unheimlich viel über jeden von uns. Sich deshalb aber einschränken? Darauf hat kaum jemand Lust. Am 28. Januar ist Europäischer Datenschutztag. Aus diesem Anlass hat Freistunde mit der Klasse 10e des Gymnasiums Seligenthal in Landshut über ihren Umgang mit privaten Daten im Internet diskutiert.
Ein Klick auf die Notfall-App genügt und automatisch wird ein Signal an den Rettungsdienst abgegeben, der per GPS sofort ermitteln kann, wo man sich befindet. Zuvor will die App Körpergröße, Gewicht und weitere persönlichen Angaben wissen. "Natürlich gibt man da seine Daten preis. Aber der Rettungsdienst weiß dann auch, wo man ist." Luis, 16, bringt es damit auf den Punkt: Die meisten aus der Klasse befinden sich im Zwiespalt hinsichtlich des Datenschutzes. Einerseits wissen die Jugendlichen viel darüber. Andererseits würden sie nie auf den Komfort und die Möglichkeiten verzichten, die das Internet ihnen bietet.
Seit bekannt wurde, dass der amerikanische Geheimdienst abertausende von privaten E-Mails und Daten überwacht, ist das Thema in aller Munde. Und irgendwie geistert das Bild vom gläsernen Menschen auch durch die Köpfe der Schüler. "Klar kennt man das. Aber eigentlich denkt man nicht darüber nach", sagt der 16-jährige Luis. Freilich schränkt man ein, was andere auf Facebook über einen sehen können. Aber selbstkritisch fügt Luis auch hinzu: "Wir glauben, dass wir darüber alles wissen. Aber das stimmt nicht." Auch sein Computer sei schon gehackt worden, weil er auf einen so genannten Catch-Link hereingefallen ist und ein Fremder sich auf diese Weise Zugang zu seinem Rechner verschaffen konnte.
Keine Fotos von wilden Partys posten, keine Nacktbilder verschicken, nicht an Bier-Ex-Challenges teilnehmen. Was man im Netz macht und was eher nicht, das ist für die Schüler der 10e klar. Zu viele peinliche Beispiele gab es in jüngster Zeit.
Gewarnt wird man auch von allen Seiten: In der siebten Klasse nahm die Klasse an dem Projekt "Offline" teil. Zusammen mit Fachleuten und der Polizei wurden dabei Probleme im Netz und mögliches Suchtverhalten diskutiert. Viele wurden bereits von den Eltern aufgeklärt. Mit Freunden wird kollektiv verurteilt, wenn mal wieder besonders heikle Videos im Netz die Runde machen. Die Mehrheit der Klasse ist nicht mit vollem Namen in den sozialen Netzwerken unterwegs. So genannte "Digital Natives" also, die sich selbstverständlich im Netz bewegen und dabei auf den Datenschutz achten. Könnte man meinen. Und dennoch: Fast 80 Prozent der Schüler der 10e verwenden zum Beispiel ein echtes Profilfoto, das theoretisch jeder auf sein Handy laden kann.
Was ist noch los auf Facebook ?
Facebook scheint dabei nicht mehr das große Problem zu sein. Kaum jemand aus der 10e ist dort noch aktiv unterwegs. Eher passiv. "Ich informiere mich schon über Veranstaltungen, zum Beispiel wo sie stattfinden und wer hingeht", sagt die 15-jährige Anna. Und ihre Banknachbarin ergänzt: "Ich sehe mir an, was zum Beispiel mein Sportverein veröffentlicht. Das ist schon praktisch." In Facebook sind inzwischen so viele Ältere unterwegs, wirft ein Schüler ein. Eltern auf Facebook machen das Ganze für die junge Generation unattraktiv. Zustimmendes Nicken der Klasse.
Man schreibt über WhatsApp. Und fühlt sich dabei sicher? "Klar weiß man, dass WhatsApp mittlerweile auch zu Facebook gehört", sagt ein Schüler. Eine Antwort auf dieses Problem hat er aber auch nicht und zuckt mit den Schultern. Die Schüler erzählen: Als das rauskam, gab es Versuche, zu anderen Anbietern zu wechseln. Ohne Erfolg jedoch. Das Netzwerk von WhatsApp war damals schon zu dicht. Da nicht alle wechselten, schlug der Boykottversuch fehl.
Klassenchat auf WhatsApp
Bei WhatsApp hat die Klasse inzwischen einen Klassenchat. Welche Seite im Buch müssen wir nochmal lesen? Wie wär's am Wochenende mit Kino? Wer dort nicht Mitglied ist, der hat gelinde gesagt einen Nachteil. Oder nicht? "Ich bin weder bei Facebook noch bei WhatsApp", sagt der 16-jährige Christian. Es passiere vielleicht ein, zwei Mal pro Jahr, dass er etwas wirklich Wichtiges verpasst. Aber grundsätzlich unterhält er sich mit seinen Mitschülern lieber von Angesicht zu Angesicht und bekommt dabei auch die Informationen, die er braucht.
Christian ist mit dieser Einstellung allerdings der einzige in der Klasse. In Chatrooms schreibe man ohnehin nur belanglose Sachen, wirft eine Schülerin ein. Und die 15-jährige Anna erzählt nach der Diskussion, dass sie schon darauf achte, dass sie nicht ständig schreibt, wo sie jetzt gerade hingeht oder wo sie sich immer montags aufhält. Irgendwie fühlen sich die Schüler also schon beobachtet.
Facebook macht es einem aber auch schwer mit dem Datenschutz, ärgert sich ein Schüler. Kompliziert und langwierig sei es meistens, sich durch diesen Dschungel an Privateinstellungen bei dem sozialen Netzwerk zu kämpfen, gibt er zu. Und Lehrerin Ursula Weger betont nach der Diskussion auch genau diesen Punkt: Die Nutzungseinstellungen werden ständig geändert. Es sei unheimlich schwer für die Schüler, immer auf dem Laufenden zu bleiben.
Immer das Neueste wissen
Auf dem Laufenden bleiben will man aber auf jeden Fall - über das, was Freunde bewegt, was die anderen über dies und jenes denken und wer gerade mit wem. Kommunikationsbedürfnisse also, die jede Jugendgeneration hat. Datenschutz hin oder her. Deshalb lautet die Devise der Jugendlichen: Chancen nutzen, sich vor Risiken schützen. Mehr könne man eh nicht tun.