Facebook und Co.
Clever ins Netz
9. November 2012, 16:41 Uhr aktualisiert am 9. November 2012, 16:41 Uhr
Melanie (Name geändert), eine Siebtklässlerin aus der Oberpfalz, hat ihr eigenes Profil in Facebook. Neben vielen anderen Informationen gibt sie dort ihre Adresse und ihre Schule bekannt. Ihr Profil ist öffentlich, das heißt für jeden zugänglich. Eines Morgens, Melanie ist gerade auf dem Weg zur Schule, hält ein Auto neben ihr, die Tür geht auf und ein unbekannter Mann quatscht sie an: "Hey, wir kennen uns doch aus Facebook!" Melanie tut das einzig Richtige und flüchtet ins nächste Haus.
Ein zweiter Fall: Ein 15-Jähriger, ebenfalls aus der Oberpfalz, lernt in Facebook ein 17-jähriges Mädchen kennen, er erzählt ihr von seiner Leidenschaft für Fußball, sie bietet ihm die Autogrammkarten berühmter Fußballer an (angeblich eine Sammlung ihres Bruders) und schlägt ein Treffen vor. Bei dem Treffen entpuppt sich das Mädchen als etwa 40-jährige Frau, die dem Jungen 100 Euro für Nacktfotos bietet.
Ein Medium nicht nur für Jugendliche
Keine Einzelfälle, wie Birgit Zwicknagel, seit 2005 Referentin bei den Computermäusen Stamsried im Landkreis Cham (siehe Seite 6), aus ihrer täglichen Arbeit weiß. Ursache sei oftmals der zu lasche Umgang mit der Privatsphäre. Sind Schule und Adresse bekannt, ist es dank Google Maps und Google Street View nicht schwierig, den genauen Schulweg auszukundschaften, wie im Fall "Melanie" geschehen. Gebe ich zu viel von mir und meinen Hobbys preis, wie im zweiten Fall, liefere ich meinem unbekannten Gegenüber ein ideales Lockmittel. Denn was vielen nicht bewusst ist: Facebook ist nicht nur ein Medium für Jugendliche. Zwei Drittel aller Nutzer sind über 25 Jahre alt und auch die Nutzer ab 55 werden stetig mehr. Andreas Pregler und Bernhard Nagelschmidt vom Amt für Jugend und Familie in Cham sind der gleichen Meinung. Auch sie sehen ein großes Problem im zu bedenkenlosen Umgang mit privaten Daten: "Soziale Netzwerke gehören heute zum Leben eines Jugendlichen dazu, wogegen auch nichts einzuwenden ist. Aber es gibt Regeln, die beachtet werden müssen!"
"Kontakte finden" contra "Privatsphäre"
Zu diesen Regeln gehört in erster Linie der Schutz der Privatsphäre. Birgit Zwicknagel macht immer wieder die Erfahrung, dass "die Privatsphäre für die meisten die geringste Sorge ist, denn man will ja Kontakte herstellen." Provokativ fragt sie: "Angenommen, du besitzt ein Bündel Hunderter. Würdest du das offen mit dir herumtragen, wenn du mit deinen Freunden unterwegs bist? Wenn du clever bist, versteckst du das Geld, damit es nicht jeder sieht." Das Bargeld steht für die persönlichen Daten.
Soziale Netzwerke wie Facebook, MySpace oder Google+ bieten Möglichkeiten, die persönlichen Daten zu verstecken. Man muss sie nur kennen und nutzen. Eine hilfreiche Adresse ist www.klicksafe.de. Hier finden sich ein Leitfaden für die Erstellung eines Profils in Facebook und ein Erklärfilm zur Facebook-Chronik. Der Ratschlag Birgit Zwicknagels: "Überlasse es nicht Facebook oder MySpace, deine Privatsphäre zu schützen. Benutzt du nur die Standard-Einstellungen, können wahrscheinlich viel mehr Leute deine Seite sehen und Nachrichten posten, als dir bewusst ist." Standard-Einstellungen seien darauf aus, möglichst viele Freunde zu finden. Um die Privatsphäre-Einstellungen muss sich jeder selbst kümmern.
Sei wählerisch bei der Auswahl deiner Freunde
Vorsicht ist bei der Auswahl der Freunde geboten. Der Wettkampf um eine möglichst lange Freundesliste ist gefährlich. Birgit Zwicknagel gibt zu bedenken: "Würdest du jeden x-beliebigen Anhalter in deinem Auto mitnehmen?" Ihr Tipp: "Sei wählerisch bei der Auswahl deiner Freunde." Wie gut kenne ich denjenigen offline? Welche Kommentare und Bilder stellt er ins Netz? Wenn ich jemanden nicht kenne, lehne ich die Freundschaftsanfrage ab. Übrigens: Viele Arbeitgeber checken die Freundesliste eines Bewerbers nach dem Motto "Zeige mir deine Freunde und ich sage dir, wer du bist".
Wenn Fotos ins Netz gestellt werden, dann nur solche, die die ganze Welt sehen darf. Bernhard Nagelschmidt beginnt seine Vorträge an den Schulen gerne mit der Frage: Würdest du deiner besten Freundin ein Passfoto von dir geben? Ja. Würdest du deiner ganzen Klasse ein Passfoto von dir geben? Naja. Würdest du allen Schülern deiner Schule ein Passfoto von dir geben? Nein. Im Internet gibst du das Foto der ganzen Welt!
Grundsätzlich gilt: Alles, was ich bedenkenlos in der Zeitung veröffentlichen würde, kann ich auch ins Netz stellen. Ich muss immer im Hinterkopf haben: Bei einer Facebook-Panne könnten alle meine Daten öffentlich werden!