Freischreiben
Technik ist nicht nur was für Jungs
18. April 2018, 10:53 Uhr aktualisiert am 18. April 2018, 10:53 Uhr
Eigentlich interessiert sich Emily Hettler (15) aus Kumhausen nicht für Technik. Trotzdem hat sie sich von ihrer Mutter dazu überreden lassen, sich beim Girls' Day in Landshut einzuschreiben. Ihre Eindrücke teilt sie mit uns.
Wenn mich vor kurzem jemand gefragt hätte, was ich einmal werden will, hätte ich auf jeden Fall geantwortet: "Irgendwas mit Sprache." Da war ich mir schon sehr sicher, denn in der Schule komme ich sehr gut mit meinen drei Fremdsprachen klar und es macht mir Spaß diese zu lernen. Trotzdem meinte Mama, es wäre besser, wenn ich "etwas mehr Weitblick" in der Berufswelt bekäme und hat mich mehr oder weniger dazu gedrängt am Girls' Day teilzunehmen. Girls' Day: damit verband ich vorher nur einen Tag lang langweilige, komplizierte und eintönige Jobs in der Technikbranche auszuführen. Also habe ich mich kurzerhand für das Projekt eingeschrieben, bei dem auch meine Freundin teilnahm, um nicht ganz so alleine zu sein.
Als ich am Girls' Day dann die Fachhochschule in Landshut betrat, wo mein Workshop stattfinden sollte, war mir erst einmal ganz mulmig zumute. Alles wirkte wie in einem Krankenhaus: die langen Gänge mit den unzähligen Türen an der Seite und auch die Luft roch irgendwie so steril. Es war kein einziger Student oder Professor weit und breit zu sehen, der komplette Campus wirkte wie ausgestorben. Zum Glück waren ein paar Schilder aufgestellt worden, die zum Audimax leiteten, dem größten Hörsaal, wo zuerst den Mädchen alle von der Hochschule an diesem Tag angebotenen Projekte vorgestellt werden sollten und die Teilnehmerinnen in ihre gewählten Gruppen verteilt werden sollten. Ich war so ziemlich die erste, doch langsam füllte sich der Saal mit Mädchen aller Altersstufen. Schließlich erfolgte dann die Begrüßung durch Prof. Dr. Höling und jeder Dozent stellte voller Begeisterung sein Projekt für die Schülerinnen vor. Es war so ziemlich alles dabei: vom Steuern einer Ampel, über den Bau eines eigenen Elektromotors bis zum Drehen eines Films über den Girls' Day. Wenn ich nochmal wählen dürfte, hätte ich mich dazu entschieden, einen Roboter zu programmieren sodass er tanzt. Aber ich hatte mich ja schon auf ein Programm festgelegt. Ich würde mich mit den Eigenschaften eines Zukunftsautos befassen.
Eigentlich sollten sich die Teilnehmerinnen zuerst vorstellen, doch als unser Professor begann, uns seinen eigenen Lebenslauf auszubreiten, schweiften wir weit vom eigentlichen Thema an. Meine Freundin und ich sahen uns gleichzeitig an und rollten mit den Augen. Das konnte ja was werden! Später erzählten uns auch noch ein paar Studentinnen von ihrem Alltag auf der Hochschule, aber von Zukunftsautos hatten wir immer noch nichts erfahren. Erst eine gefühlte Ewigkeit später begannen wir mit der Einführung ins Thema, doch alles blieb sehr theoretisch und auch als wir Ideen für ein neues Auto sammelten, gab es bei mir nicht diesen Aha-Effekt, den ich mir erhofft hatte.
Von dem Rest des Tages erwartete ich mir also nicht mehr viel, doch gerade jetzt begann der wirklich eindrucksvolle Teil des Girls' Day für mich. Wir besuchten zuerst die Werkstatt des Formel E Teams, in der Studenten für sich selbst ihr Wissen anwenden, um mit einem selbst gebauten Rennwagen gegen andere Schulen zu kämpfen. Diese Freude, Motivation und diesen Stolz, den sie dabei ausstrahlten, wirkte ansteckend auf alle Besucher, auch auf mich. Wir besichtigten auch ein richtiges Labor für Automobiltechnik, das mit allem drum und dran ausgestattet war. Im Allgemeinen war die Schule wie verwandelt. Auf den Gängen tummelten sich Professoren und Studenten und alle schienen sich zu kennen. Der Zusammenhalt und das Gemeinschaftsgefühl waren regelrecht spürbar. Es war, als hätte ein Informatiker mit ein paar Algorithmen ein riesiges Netzwerk zum Laufen gebracht. Nun fielen mir auch die Infotafeln an den Wänden auf, die über Studiengänge, Studentenvereine und Entwicklungen der Studierenden selbst informierten. Das Angebot haute mich wortwörtlich um. So viele Möglichkeiten sich weiterzubilden, so viele Möglichkeiten seine Interessen auszuleben, so viele Möglichkeiten wer man später sein kann. Ich war überwältigt, sprachlos und gleichzeitig begeistert. Eine Hochschule oder Uni vereint wirklich so viele Fachgebiete und man kann sich genau auf das eigene Talent spezialisieren.
Wir können wirklich dankbar sein, in einer solchen Gesellschaft zu leben, in der uns so viele Türen offen stehen. Der Girls' Day hat mir genau das bewusst gemacht. Auch wenn ich immer noch mehr zu Sprachen tendiere, werde ich nächstes Jahr wieder daran teilnehmen. Denn es stehen noch so viele Entscheidungen vor mir und ich hab noch etwas Zeit bis zum Abitur und wer weiß, vielleicht ändert sich meine Meinung ja doch. Dann bin ich auf jeden Fall gut informiert, welche Wege ich noch einschlagen kann. Aber das wichtigste, das ich von diesem Tag mitnehmeMe ist: "Lasst euch von anderen nicht einreden was oder wer ihr zu sein habt!"