Deutscher Jugendliteraturpreis
Top oder Flop?
9. Oktober 2012, 9:27 Uhr aktualisiert am 9. Oktober 2012, 9:27 Uhr
Lübeck. (dpa) Bücher, Bücher und noch mal Bücher: Rund 20 Titel müssen Kerrin Kiesbye (19) und Bjarne Mathias (15) im Laufe weniger Monate lesen. Sie tun es gerne, denn am Ende dieses Lesemarathons entscheiden sie mit, welches Buch mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wird. Die 19-jährige Kerrin und der 15 Jahre alte Bjarne sind Bücherprofis. Sie gehören zum Projekt "Die Blaue Seite", einem Online-Literaturmagazin des Lübecker Vereins Bücherpiraten. Gemeinsam mit fünf weiteren Leseclubs aus Deutschland bilden sie die Jugendjury für den Jugendliteraturpreis.
Wenn die Auszeichnung am Freitag auf der Frankfurter Buchmesse vergeben wird, wird Kerrin mit auf der Bühne stehen und den Preis überreichen. "Von jedem Club sind zwei Leute an der Preisübergabe beteiligt", sagt sie. "Dabei halten wir nicht einfach eine Rede, sondern studieren dafür bei einem Vorbereitungstreffen in Würzburg extra eine Choreographie ein."
Das Team der Blauen Seite gehört seit 2010 zur Jury des Jugendliteraturpreises und hat bereits den Zuschlag für weitere zwei Jahre erhalten. 13 Leute zwischen 14 und 19 Jahren machen bei ihnen mit. "In der ersten Runde kann jeder ein im Vorjahr erschienenes Buch zur Nominierung vorschlagen", erzählt Bjarne. "Die lesen wir alle und diskutieren dann, welches Buch wir für die Auszeichnung nominieren." Im zweiten Schritt stellen alle Clubs im Frühling bei der Leipziger Buchmesse ihre Favoriten vor. "Danach haben wir rund sechs Monate Zeit, um alle sechs Vorschlagstitel zu lesen und zu bewerten", sagt Bjarne. Dabei gehe es oft heiß her und es komme auch vor, dass bei der Abstimmung ganz unterschiedliche Meinungen zutage treten, sagt Kerrin. "Aber wir bewerten die Bücher auch nach objektiven Kriterien. So soll die Sprache nicht banal sein und der Inhalt soll den Leser nachhaltig beschäftigen."
Erwachsene reden ihnen dabei nicht rein, die Jugendjury arbeitet eigenständig. "Das ist schon etwas Besonderes, dass Jugendliche auf Bundesebene einen Literaturpreis vergeben", sagt Doris Breitmoser. Sie ist Geschäftsführerin des Arbeitskreises für Jugendliteratur, der die Preisverleihung ausrichtet. Seit 2003 gibt es die Jugendjury, zusätzlich zu deren Preis vergibt auch eine Erwachsenenjury einen Jugendbuchpreis.
Bücher einschätzen - das machen Kerrin und Bjarne für die Blaue Seite ständig, auf der Website kritisieren sie Bücher, geben Lesetipps und schreiben Autorenporträts. Bjarne betreut auch mehrere Kindergruppen der Bücherpiraten. Selbst liest er ein bis vier Bücher im Monat - je nach Zeit und Lust.
Die Abiturientin Kerrin schafft etwa fünf Bücher im Monat. "Da ist allerdings die Schullektüre inbegriffen", sagt sie. "Abends im Bett oder im Sommer am Strand - zum Lesen finden wir immer Gelegenheit", sagen die beiden. Doch zum Beruf wollen sie die Literatur nicht machen. Kerrin will nach dem Abi Medizin studieren, Bjarne würde gerne Polizist werden.
Sein Vorbild ist dabei kein Buch, sondern eine Fernsehserie. "Ich war schon immer ein großer Fan vom ,Großstadtrevier'", gesteht er.