Gesundheit
Und dann wieder allein? Eine Geschichte über ein Mädchen, das die Krankheit hinter sich hat.
15. Februar 2008, 10:37 Uhr aktualisiert am 15. Februar 2008, 10:37 Uhr
Magersucht - ein Wort, mit dem man einiges verbindet. Doch was verbirgt sich wirklich dahinter, nur wenige können sich vorstellen, was man fühlt, wenn man seinen Körper hasst. Julia Söldner (17) hat sich mit einem Mädchen beschäftigt, das den Kampf schon fast gewonnen hat. Sie zeigt Euch hier die Geschichte
einer jungen Frau zwischen Hunger und Angst.
Wage ich den Blick in den Spiegel, so sehe ich ein junges, erwachsen gewordenes Mädchen -die Schönheitsideale unserer Zeit nicht erfüllend. 90-60-90, die Traummaße der High Society? Wohl kaum. Hier etwas zuviel, davon etwas zu wenig. Wer kennt das nicht? Das Streben nach dem perfekten Körper? Nach der äußeren und inneren Perfektion? Ein Weg dahin - Anorexia nervosa.
Viele junge Frauen, auch Jugendliche, oft noch Kinder schlagen diesen Weg der Magersucht ein, um für die Welt perfekt zu sein. Ich will euch hier die Geschichte einer jungen Frau erzählen, die jenen Weg voller Angst, Schmerz, Kummer und Hunger unbewusst, aber doch konsequent wählte.
Ein ganz normaler Teenager
Mein Name ist Sophie (Name geändert), gehe mit großen Schritten auf die Volljährigkeit zu, besuche die zwölfte Jahrgangsstufe und habe große Zukunftspläne. Vor fünf Jahren war ich ein Teenager, mitten in der Pubertät, das eine oder andere Pausbäckchen zuviel. Wie oft habe ich mit dem Thema Diät gekämpft - doch diese sollte meine letzte sein - erfolgreich natürlich, wie ich hoffte.
Ein Monster im Spiegel
Wie mich diese "Diät" in die Magersucht brachte? Ob ich wirklich so dick und hässlich war, wie ich dachte? Nun, wenn ich an meinen Anblick im Spiegel zurückdenke, läuft mir auch heute noch ein Schauer über den Rücken. Das was ich sah, war nicht ich, sondern ein lebendig gewordenes Monste. Was ich sah, waren nur meine Problemzonen und das in Übermaßen. Dieser Anblick schaffte es, mich zu zwingen, den Tag durch zu "fasten", wie ich es nannte.
Warum das alles?
Was mich in die Magersucht trieb, war nicht, wie jeder zu denken pflegt, mein leichtes Übergewicht, sondern viel mehr das durch mein Übergewicht entstandene Nicht-akzeptiert-werden in meinem Umfeld. Wie oft hatte ich versucht, mich anzupassen, Teil dieser Clique zu sein, Freunde zu gewinnen? Nie hat es geklappt! Durch meine Diät, die ich begann, hoffte ich, mit anderen Augen gesehen zu werden. Ich versuchte meinen Körper zu kontrollieren, bewusst Hungergefühle zu unterdrücken, um mich selbst stark zu fühlen. Die Kontrolle über sich selbst - der Grund der viele Menschen in die Magersucht treibt. Nicht nur äußerlich kämpft man mit dem Gewicht oder Aussehen, auch innerlich beginnt man den Perfektionismus anzustreben. Wie wollen die Menschen mich haben? Darf ich "ich" sein? - Die Anorexie verbot es mir!
Der Kampf danach
Was ich euch hier aufzeigen will, ist nicht der Kampf während der Magersucht, sondern der Kampf nach der Magersucht. Ich kann mich zwar vor den Spiegel stellen und sagen: "Hey ich habe die Magersucht überwunden!", auch wenn ich genau weiß, dass ich mir dabei etwas vormache. Auch heute, fünf Jahre nach meiner Krankheit, prägt das Essen oder vielmehr das Nichtessen meinen Alltag nach wie vor. Im Sommer räkeln sich alle in Bikinis und Bademoden am Weiher in der Sonne und ich? - Ich würde mich am liebsten in ein Handtuch hüllen um meine (nicht vorhandenen) Fettpolster zu verstecken...
Und heute?
Ja, ich habe Fortschritte gemacht und ja, ich habe noch einen weiten Weg vor mir. Ich kämpfe innerlich immer noch mit mir, einfach mal spontan zu essen oder mir einen Cheeseburger zu gönnen. Das kann ich bis heute noch nicht. Vielleicht will ich es auch gar nicht, wer weiß.
Weitere Informationen:Mehr Informationen zum Anorexie und Bulimie
Daten und Fakten zur Magersucht