„I lay down my life for you“

US-Rapper Jpegmafia erfindet sich auf seinem experimentellen Album neu

Hip-Hop-Experimentator Jpegmafia entwickelt sich auf seinem Album weiter: „I lay down my life for you“ ist insgesamt sein konventionellstes Werk – und dennoch ein grandios chaotischer Sturm.


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US-Rapper Jpegmafia ist für politische Wut in seinen Texten bekannt, die lässt er dieses Mal aber beiseite.

Der Künstler: „Meine Texte sollen die Perspektive eines schwarzen Mannes in einer chronisch internetsüchtigen und rassistischen Welt aufzeigen“: Mit diesen Worten fasste der US-Rapper Jpegmafia zuletzt auf X das Ziel seiner Musik zusammen. Seit vielen Jahren ist der Produzent als eine der kreativsten und unberechenbarsten Stimmen im Hip-Hop bekannt. Doch auch weil seine Musik experimenteller Natur ist, ist der Rapper eher Kritikerliebling als Chartstürmer. In seinen Texten schreibt er über Polizeigewalt, Rassismus und das Internet.

Vor allem letzterer Aspekt prägt ihn: Mit seinen Raps chronologiert er den Einfluss eines zugemüllten und gefährlichen Internets. So regt er sich zum Beispiel regelmäßig über Elon Musk auf, der nach seinem Kauf von Twitter mehr Platz für hasserfüllte Posts auf der Plattform einräumte.

Gleichzeitig verarbeitet Jpegmafia auch den Einfluss von schnell generierten Content auf TikTok und anderen Plattformen, der die Aufmerksamkeitsspanne vieler Menschen ruiniert. Er selbst sei nicht immun und fällt in seinen Raps mit zahlreichen Anspielungen auf Internet-Humor und digitale Nischen auf: Oft manipuliert er zum Beispiel auch Sounds aus obskuren YouTube-Videos, bis man sie kaum mehr erkennt. Baut er diese dann in seine Beats ein, klingen sie unverkennbar nach Jpegmafia. Sie sind chaotisch, aggressiv und erinnern fast schon an eine digitale Postapokalypse.

Das neue Album: Eine Postapokalypse hört man auch auf Jpegmafias neuem Album „I lay down my life for you“. Der Rapper, der stolzer DIY-Musiker ist und seine Lieder schon immer selbst produziert hat, baut mehr Gitarren in seine Lieder ein, wodurch sie noch zerstörerischer klingen. Jpegmafia nutzt sie auch, um unkonventionelle Liedstrukturen zu erkunden. Der Beat der Single „Sin Miedo“ beginnt zum Beispiel nur mit einer zerstückelten Stimme, die später von kreischenden Gitarrensolos unterstützt wird. Zuletzt geht der Song sogar zu einem tanzbaren Outro über.

Video zum Thema:

Doch das ist nur eine Seite des neuen Albums. „I lay down my life for you“ überrascht mit vielen sanften Momenten. Im Lied „I’ll Be Right There For You“ baut der Rapper einen Chor und cinematische Violinen ein. Und „either on or off the drugs“ könnte sogar das emotionalste Lied seiner Karriere sein – und vielleicht das erste, dass man im Radio spielen könnte, ohne einen Großteil der Zuhörer zu verschrecken.

Die drei Gäste, die Jpegmafia auf das Album einlädt, überzeugen auch: Vince Staples und Denzel Curry liefern gute Rap-Strophen über ungewöhnliche Rhythmen. Und besonders Buzzy Lee – das ist der Künstlername einer Tochter der Filmlegende Steven Spielberg – begeistert mit einer kraftvollen Gesangspassage am Anfang von „Don’t Put Anything On The Bible“.

In aller Kürze: Jpegmafia spielt auf seinem neuen Album mit aggressiven Gitarren und sanften Vocal-Samples. Die Gegensätze ergänzen sich gut.

Fazit: Experimenteller Rap-Rock oder emotionale Hip-Hop-Balladen – das sind die beiden Geschmacksrichtungen, die „I lay down my life for you“ zu bieten hat. Beides sind relativ neue Sounds für Jpegmafia, auch wenn manche ruhige Momente an den depressiven Rap erinnern, den der Musiker früher unter dem Namen Devon Hendryx veröffentlicht hat. Dennoch behält der Rapper seinen einzigartigen Stil bei: Genug Lieder sind immer noch chaotische, einzigartige Experimente. Nur die politische Wut in seinen Texten, für die der Musiker eigentlich bekannt ist, lässt Jpegmafia dieses Mal ziemlich beiseite fallen.

„I lay down my life for you“ von Jpegmafia, AWAL, seit August auf allen Streaming-Plattformen, als CD und Vinyl erhältlich.