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Von Vorurteilen und Neidgefühlen: Was Hamburger wirklich über uns Bayern denken


Anna-Lisa Werner(15) besucht das Gymnasium Hochrad in Hamburg. Trotzdem hat es sie zurück nach Bayern verschlagen und zwar für drei Wochen in die päpp-Redaktion. Hier war sie Praktikantin und hat uns allen etwas Nachhilfe in Sachen Fischköpfe gegeben.

Anna-Lisa Werner(15) besucht das Gymnasium Hochrad in Hamburg. Trotzdem hat es sie zurück nach Bayern verschlagen und zwar für drei Wochen in die päpp-Redaktion. Hier war sie Praktikantin und hat uns allen etwas Nachhilfe in Sachen Fischköpfe gegeben.

Von Anna-Lisa Werner

Was passiert eigentlich wenn man von Niederbayern ins 800 Kilometer entfernte Hamburg zieht? Ich jedenfalls erlebte einen Kulturschock. Im Dezember 2006 haben meine Familie und ich diesen Schritt gewagt und seitdem viel Lustiges und Erstaunliches mitgemacht.Schock!In Hamburg angekommen wurde ich am ersten Tag in der neuen Schule zwar freundlich begrüßt, aber trotzdem misstrauisch beäugt. Schließlich, so waren meine neuen Mitschüler der Meinung, wohnen alle Bayern auf der Alm und tragen ausschließlich Tracht, und das ist ja wohl mehr als seltsam. Erst nach etlichen Einladungen zum Abendessen änderte sich auch ihre Meinung, dass sich Bayern nur von Schweinebraten und Knödel ernähren.
Bayern sprechen eben doch eine andere Sprache!

Verzweifelt bin ich bei dem Versuch meinen neuen Freunden unsere schöne bayrische Sprache näher zu bringen. Dirndl, Dearndl, was war denn da noch gleich das Mädchen und was das Kleid? Und wie zum Teufel spricht sich denn bitte schön "gschead" aus? Als ich beim Bäcker Semmeln und Krapfen bestellt habe, musste ich mit leeren Händen nach Hause gehen. In Hamburg gibt's eben nur Brötchen und Berliner!

Ehrlich zugegeben, ich schaffe es im Gegenzug aber auch nicht, nur ein Wort Plattdeutsch zu verstehen! Manchmal muss man ein wenig aufpassen was man sagt, denn "mies" ist im höchsten Sinne positiv, während sich ein hanseatischer Koch über den Ausspruch "Das Essen war ganz gut" grämt, weil es eben nicht "sehr gut" war.

Haarsträubende Vorurteile
Die Vorurteile und Unterschiede betreffen aber nicht nur die Sprache und das Essen, sondern auch die Musik. Lieblingsmusik der Bayern? Ist doch klar: Volksmusik! Immerhin schauen alle Leute in Bayern auch andauernd Musikantenstadel, da sind sich die Hamburger einig! Die meisten (teilweise wirklich haarsträubenden) Geschichten gibt es jedoch über die katholische Kirche. "Ich hab' gehört, bei euch müssen Jungen und Mädchen in der Schule alles getrennt machen, weil eure Kirche das so will..." und "Müsst ihr den ganzen Sonntag in die Kirche?". In Hamburg sind nur extrem wenige Menschen katholisch und mein ganzer neuer Freundeskreis kann nicht verstehen, warum man in die Kirche geht.
Die Hamburger sind doch nicht etwa neidisch?

Doch eines bemerkte ich sofort: Reden die Norddeutschen über den Süden, sind sie vor allem eines: neidisch. Da kommen dann solche Ausrufe wie: "Was, ihr fahrt übers Wochenende zum Ski fahren?" Es stellt nämlich fast eine halbe Weltreise dar, über 800 Kilometer mit dem ganzen Sack, Pack und der Familie in die Berge zu fahren. Hamburg versucht auch verzweifelt, unsere Volksfeste nachzumachen. In der Nähe der bekannten Reeperbahn gibt es den Hamburger Dom. Das ist ein mit kleinen Pausen fast ganzjährig stattfindendes Volksfest. Zumindest sieht es von außen so aus: Es gibt ein Bierzelt, waghalsige Fahrgeschäfte und jede Menge zu Essen. Aber das Wichtigste fehlt: Die Stimmung. Im Zelt sitzt man mehr oder weniger gesittet und trinkt von der schlecht schmeckenden Möchte-gern-Mass im unpassenden Glas. Außerdem ist ein ganzjähriges Volksfest auch gar nichts Besonderes mehr, sondern langweilig. In Sachen Stimmung können sich die Hanseaten noch was von den Bayern abschauen.

Über das Wetter wollen die "Fischköpfe", wie sie sich selbst bezeichnen, gar nicht erst sprechen. Das ist ja auch kein Wunder! Heißer Badesommer, kalter, verschneiter Winter? Fehlanzeige! Das Wetter in Hamburg pendelt sich leider meist in einem regnerischen, nebligen Mittel ein, egal ob Sommer oder Winter!

Nicht alles ist schlecht an Hamburg!
Es wäre aber falsch zu denken, dass Hamburg keine guten Seiten hat. Die Großstadt hat ihre Reize, auf die ich nicht mehr verzichten will. In fünf Minuten bin ich an der Elbe, in zehn Minuten in einem tollen Shopping-Center, die S-Bahn ist nah und Cafés gibt es an jedem Straßeneck. Meine Eltern jedenfalls sehen mich, seit wir umgezogen sind, viel weniger. Nur der Anfang war schwierig für mich, denn es ist schon ein großer Schritt von Bayern ins "Ausland" zu ziehen!