Werwölfe in der Buchhandlung
Warum Viktoria, Julian und Marie Mangas, Animes und Cosplay lieben
17. März 2015, 11:22 Uhr aktualisiert am 17. März 2015, 11:22 Uhr
Das Licht ist leicht gedimmt in der Buchhandlung Pustet. Leise Musik ist zu hören. Es duftet leicht nach gebratenen Nudeln. Trotz Ladenschluss ist noch viel los: Heute Nacht gehört das Geschäft einigen Jugendlichen. Sie spielen zusammen, unterhalten sich, zeichnen oder lesen. Manche von ihnen sind verkleidet. Vier Stunden haben sie an diesem Freitagabend, um sich über ihre Leidenschaft auszutauschen: Mangas, Animes und Cosplay.
Eine der Manga-Fans ist Viktoria. Die 17-Jährige hat geholfen, die Nacht im Bücher Pustet zu organisieren. Sie selbst leitet eine Facebook-Gruppe für alle aus Straubing und Umgebung, die Mangas, Animes und Cosplay lieben. "Als ich klein war, hat bei mir diese Leidenschaft begonnen. Ich habe viel Pokemon, Digimon und Co. auf RTL2 angeschaut", erinnert sich die Straubingerin. Neben den Animes - das sind die Serien zu den Comics, die man Mangas nennt - mag Viktoria auch Cosplay. Dabei verkleiden sich junge Manga-Fans als Figuren aus ihren Lieblingscomics oder ihrer Lieblingsserie. Auch das macht Viktoria gerne. Mit ein paar anderen verschwindet sie in eine Ecke der Buchhandlung. Sie spielen gemeinsam ein Anime-Tabu. Jeder bekommt das Bild einer Manga-Figur aus Serien oder Comics und muss sie den anderen beschreiben. Ziel ist es, sie zu erraten.
Vampire, Hexen und Werwölfe
Einige Meter von Viktorias Spielgruppe entfernt sitzen Mädchen und Jungs im Kreis auf dem Boden. Auch sie spielen ein Spiel. Es heißt "Werwölfe". Jeder bekommt zu Beginn eine Karte. Sie verrät, welche Figur man im Spiel verkörpert. Es gibt Dorfbewohner, Hexen, Werwölfe, Vampire und viele mehr. Zuerst stellen sich alle auf Ansage schlafend. Nacheinander weckt der Spielleiter die einzelnen Figuren auf. Die Werwölfe und Vampire dürfen dann bestimmen, wer als nächstes stirbt. Die Hexe kann heilen oder noch einen zweiten Spieler töten. Wird es Tag im Spiel, wachen alle auf. Die Dorfbewohner bestimmen jetzt einen, von dem sie denken, dass er ein Werwolf oder ein Vampir ist. Stehen zwei zur Wahl, wird abgestimmt.
Neben den Dorfbewohnern gibt es auch einen Bürgermeister. Seine Stimme zählt doppelt. Den verkörpert bei dieser Runde Julian. Der 17-Jährige kommt aus Geiselhöring und hat von einem Freund von der Manga-Nacht erfahren. "Meine Mutter liest selbst gerne Mangas. Deswegen haben wir da viele zuhause herumstehen. Ich hab' mir da mit so circa zehn Jahren einen geschnappt", erzählt Julian. Der hat ihm sehr gefallen. Von da an wurde er Fan. "Die Comics liest man von hinten nach vorne, von rechts nach links und von oben nach unten", erklärt der 17-Jährige. "Ich mag sie auch viel lieber als die Anime-Serien." Sein Lieblingsmanga heißt "Toradora!", eine Highschool-Liebesgeschichte. Neben dem Lesen zeichnet er auch noch gerne.
Verrückt und anders
Dieses Hobby hat er mit Marie gemeinsam. Sie sitzt etwas entfernt von dem Sitzkreis an einem Tisch. In der Hand hat die 18-Jährige einen gelben Tuschestift, mit dem sie gerade Bleistift-Linien nachzieht. Seit acht Jahren zeichnet sie im Manga-Stil. Und nicht nur das ist es, was sie an der Szene so liebt. "Es sind auch die Leute. Sie sind verrückt und anders, aber so super. Und es geht zwischen allen so freundschaftlich zu", schwärmt die Straubingerin.
Angefangen mit dem Zeichnen in diesem Stil hat Marie, die sich in der Szene Chipsy nennt, nachdem sie ein Manga-Magazin in die Hand bekam. Auf dem Cover war ein Mädchen abgebildet. "Sie hatte große, lila Augen. Das sah so toll aus", erinnert sich die 18-Jährige. Überhaupt mag sie den süßen Stil, den Mangas haben. "Ich habe dann viel ausprobiert, Motive nachgezeichnet, Vorlagen ausgemalt und mir auch immer mehr Ausrüstung zugelegt", erzählt Marie. Vor allem sei ein guter Bleistift wichtig. Außerdem hat sie viele Filzstifte - einen Schuhkarton voll. Manchmal zeichnet sie auch am Computer.
Viele Facebook-Fans
Comics hat sich die 18-Jährige noch nicht ausgedacht. "Ich zeichne lieber einzelne Figuren. Meistens sind das Mädchen", berichtet sie. Bilder davon teilt sie auf ihrer Facebookseite "Chipsy alias Kura Arts". Über 4 000 "Gefällt mir"-Angaben hat sie dort. Rund drei Stunden sitzt sie an einem Motiv.
Dass in Straubing eine Manga-Nacht stattfindet, freut Marie. "Es ist schade, dass die Manga-Szene in Straubing nur wenige Möglichkeiten für Treffen bietet", bedauert sie. Das finden auch Julian und Viktoria. "Ich bin so froh, dass heute so viele Jugendliche hier sind", fügt Viktoria begeistert hinzu. Rund 55 Manga-Fans sind an diesem Abend hier in der Buchhandlung. Ein Erfolg? Auf jeden Fall! Da sind sich die drei einig.