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Low-Carb-Mörder: Ines Kiefl erklärt, wie "Woyzeck" von Georg Büchner seinen Verstand verliert
18. Dezember 2020, 13:16 Uhr aktualisiert am 18. Dezember 2020, 13:16 Uhr
Eine Erbsendiät, Mobbing und Stimmen im Kopf: Im Sozialdrama "Woyzeck" erleben wir, wie ein gutmütiger Mann durchdreht. Was will uns Autor Georg Büchner damit sagen?
Darum geht's: Hauptberuflich ist der gutmütige Franz Woyzeck als Diener für den Hauptmann tätig. Um sein Taschengeld aufzubessern, probiert er sich in seinem Nebenjob zudem als Versuchskaninchen für den Doktor aus, der die Auswirkungen einer bestimmten Ernährungsweise erforschen will. Dazu soll Woyzeck eine Erbsendiät machen - Low Carb lag wohl schon damals im Trend. Warum Woyzeck das alles macht? Um für seine Marie und fürs gemeinsame uneheliche Kind sorgen zu können.
Hauptmann und Doktor nutzen Woyzeck allerdings so richtig aus: Sie demütigen ihn so oft sie können, und vergnügen sich daran, ihn niederzumachen - wahrscheinlich, um sich selbst besser zu fühlen. Vermutlich ein klarer Fall von mangelndem Selbstwertgefühl der beiden!
Marie flirtet fremd
Als Woyzeck und Marie sich eines Tages auf dem Rummel daten, wird sie vom Tambourmajor, dem Leiter eines militärischen Spielmannszuges, abgecheckt. Kurz darauf findet selbstverständlich eine Militärparade statt und Marie betrachtet das Spektakel vom Fenster aus - das heißt: Sie wirft dem schnieken Tambourmajor flirtende Blicke zu, während ihr Freund wieder am Schuften ist. Allmählich spürt Woyzeck die Folgen der Erbsenernährung - er bekommt Halluzinationen, hört Stimmen und nimmt skurrile Verhaltensweisen von Tieren an. Und weil Woyzeck ohnehin nie da ist, beginnt Marie eine Affäre mit dem Tambourmajor. Sie hat aber durchaus ein schlechtes Gewissen und wird zur Bibelfanatikerin.
Stimmen im Kopf
Alle, außer der verrückt gewordene Woyzeck, vermuten bereits, dass Marie ihm nicht treu ist und machen witzelnde Anspielungen. Als Marie und der Tambourmajor im Wirtshaus miteinander das Tanzbein schwingen, wird dem gutgläubigen Woyzeck die Wahrheit bewusst. Die Stimmen in seinem Kopf werden daraufhin immer lauter und befehlen ihm, Marie zu töten.
Da sein hart erarbeitetes Geld nicht mal für eine Pistole ausreicht, nutzt er als Tatwaffe die Billigvariante: ein Messer. Man spart schließlich, wo man kann. So trifft er Marie am Seeufer im Wald. Und bringt sie um. Blutspuren an seinem Hemd wirken sehr verdächtig, sodass er noch mal zum Tatort zurückkehrt, das Messer im Teich versenkt und sein Hemd reinigt. Stadtbewohner entdecken Maries Leiche. Sie bewerten den Mord als schön und gut.
An dieser Stelle endet das Drama, da der Autor während des Schreibens im jungen Alter von 23 Jahren verstarb.
Das ist gemeint: Obwohl Woyzeck zum Mörder wird, möchte man ihm ungern die volle Schuld dafür zuschreiben. Denn mehrere Faktoren haben zu dieser Tat geführt. So wurde er von seinen Arbeitgebern gemobbt. Außerdem wurde Woyzeck durch die Erbsendiät sowohl psychisch als auch körperlich labil und betrachtete seine Familie wohl als einzigen Halt in seinem Leben, für die es sich lohnt, hart zu arbeiten. Als ihm jedoch durch die Untreue Maries klar wurde, dass ihm auch diese in den Rücken fiel, sah Woyzeck keinen anderen Ausweg, als der Stimme in seinem Kopf zu folgen.
Das unvollendete Drama zeigt also, dass man Menschen nicht nur aufgrund eines Fehlers verteufeln soll, sondern die Gesamtsituation miteinbeziehen sollte, um sie besser verstehen zu können.
Wann es spielt: Das 1836 verfasste Drama "Woyzeck" von Georg Büchner lässt sich in die Epochen des Realismus und des Vormärz einordnen. Es handelt sich um ein soziales Drama, weil es die Missstände und das vorherrschende Elend der Zeit, in der es spielt, wirklichkeitsnah darstellt.
Häufig wird darauf eingegangen, dass die Leute aus der Unterschicht von denen aus höheren Rängen unterdrückt werden, was auch der arme Woyzeck erleben muss. Wer sich für das letzte Werk Büchners interessiert, sollte dieses berühmt gewordene Fragment auf jeden Fall lesen.
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