Sophias MUT
Jasmin Simmels Unverpackt-Laden
28. September 2018, 11:30 Uhr aktualisiert am 7. Mai 2019, 11:41 Uhr
Gegen Einwegartikel wie Plastikstrohhalme oder Plastikgeschirr geht die Europäische Union bereits vor. Das Problem ist aber noch lange nicht gelöst. Denn egal, wo man hinschaut: Plastik, Plastik, Plastik. Und das Bedenkliche daran: Die Verpackung ist oft unnötig. Jasmin Simmel will etwas verändern. Wie? Als Inhaberin des einzigen Unverpackt-Ladens in Regensburg.
Mit 4,9 von fünf Sternen ist das "Füllgut - Die Mehrwegerei" in Regensburg auf Facebook bewertet. Ob der Unverpackt-Laden diese gute Bewertung im Realitäts-Check beweisen kann, will ich bei einem Besuch herausfinden. Vieles, das aus dem typischen Einkaufsketten-Raster fällt, findet sich in der Oberen Bachgasse in Regensburg: eine Kaffeemanufaktur, ein Trekkingladen, Ferienwohnungen, ein Secondhand-Laden, ein kleines Hostel. Mittendrin: ein Laden mit grün-orangem Logo, Holzmöbeln, grün-weißen Wänden und Fliesenboden. Hinter der Theke steht die Inhaberin Jasmin Simmel und wiegt gerade die Waren einer Kundin ab. Ein Marmeladenglas voller Nüsse und sieben Gummibärchen. "So bringe ich mich selbst dazu, nicht zu viel Süßes zu essen", sagt die Kundin und grinst.
Neue Verpackung ist schlechte Verpackung
Viele denken, man müsse für den Einkauf Massen an Gläsern und schwere Verpackungen mitbringen. Dabei geht es bei dem Konzept der Unverpackt-Läden darum, keine neue Verpackung zu produzieren. Denn: Die Problematik ist nicht nur die Plastik-Verpackung, sondern die Verpackung, die es nicht braucht. Also sind auch alte Flaschen oder Tüten in Jasmins Laden gerne gesehen. Für spontane Kunden gibt es einen Korb mit Leihgläsern. Verpackungen, die schon verwendet wurden, kann man meist weiterverwenden. "Und Baumwollbeutel habe ich privat immer fünf, sechs in meinem Rucksack", erzählt Jasmin.
Das "Füllgut" gehört Jasmin Simmel seit März 2018. Dank einer Crowdfunding-Aktion konnte sie den Laden von den Vorbesitzern übernehmen. Der Bestseller des kleinen Ladens: Haferflocken und Waschmittel. "Damit fangen viele an, auf unverpackte Waren umzusteigen."
Berühmt ist das "Füllgut" aber für den Tofu, den Jasmin aus Abensberg liefern lässt. "Deswegen kommen wirklich viele Kunden, weil der sehr, sehr lecker ist." Der Tofu wird wöchentlich frisch hergestellt. "Nur deshalb besuchen mich viele auch das erste Mal." Jasmins Erzählungen bestätigt auch eine Kundin in ihrer Facebook-Bewertung: "Mein Highlight: der Tofu. Regional und geschmacklich der Hammer." Auch Jasmin selbst gibt über Facebook regelmäßig begeisterte Updates, wie das Folgende: "Guten Morgen, Regensburg. Der Tofu ist schon da, juhu."
Waschmittel im Fünf-Liter- Kanister geholt
Die Inhaberin Jasmin Simmel ist eigentlich Grafikerin und hat früher im Marketing-Bereich gearbeitet. Während des Studiums war sie im Einzelhandel tätig. Weil ihr der Konsum zu viel wurde, hat sie bald wieder aufgehört. In ihrem Laden fühlt sie sich viel wohler. Zusätzlich zum Sortiment veranstaltet Jasmin Workshops und erklärt den Teilnehmern, wie man Putzmittel, Kosmetik oder Salben selbermachen kann. "Mit Workshops habe ich angefangen und bin darüber auf das Unverpackt-Konzept aufmerksam geworden."
Das Waschmittel im "Füllgut" ist gerade aus. "Gestern kam eine Kundin mit einem Fünf-Liter-Kanister und hat alles abgezapft."
Auch nicht nachhaltig: Nudeln im Pfandeimer
Das einzige, was im "Füllgut" in Folien verpackt angeliefert wird, sind Nudeln. "Zum Glück in Fünf- oder Zehn-Kilo-Säcken, das ist nicht ganz so schlimm." Das Problem ist die Hygiene. Aber auch diese Folien verwendet Jasmin anderweitig, indem sie zum Beispiel ein Tomatenhaus baut und die Folien als Dach verwendet. Immer wieder überlegt die Inhaberin mit ihren Lieferanten, wie man das Nudel-Problem lösen könnte. Eine Idee: Nudeln in Pfandeimern. "Aber die Eimer wieder zurück nach Italien zu schicken, zu waschen und wieder zu befüllen, ist auch nicht wirklich nachhaltig."
Insgesamt stehen Gesetze und Regelungen ihrem Konzept im Weg. Jasmins Vorschlag: eine Steuer auf Plastik. "Dann hätten wir so viele Probleme gelöst." Für die Zukunft wünscht Jasmin sich mehr Unverpackt-Läden. Ihr Laden soll keine Ausnahme bleiben. "Eigentlich sollte jeder Supermarkt auf unnötige Verpackung verzichten." Zweiflern gibt Jasmin den Tipp: "Versuche nicht, perfekt zu sein. Hab' Spaß und tu' damit etwas für die Umwelt."
Hier findest du weitere Teile von Sophias MUT.
Das Füllgut-Sortiment
Das Füllgut-Sortiment
Eine Auswahl aus Jasmins Laden
• Hygiene: festes und flüssiges Shampoo; Duschgel; Flüssigseife; Deo im Glas; Zahnpasta-Taps; selbstgenähte Abschminkpads aus Regensburg; Bambus-Toilettenpapier; Rasierpinsel; Holzzahnbürsten
• Stofftaschentücher mit genähten Täschchen
• selbstgenähte Unterwäsche mit den wildesten Mustern
• Haushaltsartikel: Bienenwachstücher zum Abdecken und Einpacken von Lebensmitteln; Kaffeebecher aus Kaffeesatz; verschiedene Boxen aus Edelstahl, Holz oder Biopolymer; Getränkeflaschen aus Glas oder Edelstahl
• Bücher wie "Fünf Hausmittel ersetzen eine Drogerie", "Geh raus! Deine Stadt ist essbar", "Glücklich leben ohne Müll"
• Spülmittel; Haushaltsreiniger; Waschmittel; Bad- und WC-Reiniger zum Abfüllen
• Lebensmittel: Reis, saisonales Gemüse und Obst, Tee, Nüsse, Eier, Müsli, Haferflocken, Nudeln, Backzutaten, Gewürze, Schokolade
• Lebensmittel wie Milch, Schlagrahm, Quark, Frischkäse, Joghurt im Glas und Butter in Pergamentpapier im Kühlschrank. Der Großteil der Milchprodukte stammt vom "Kollerhof" in Lappersdorf.
• selbstgebackener Kuchen aus dem veganen und biologischen "Tara"-Café
Regionale Läden
Regionale Läden
Eine Auswahl an weiteren verpackungsfreien Läden:
• "Tante Emmer" in Passau, Grabengasse 23.
• "Fräulein Lose" in Freising, Johannisstraße 1.
• "OHNE - Der verpackungsfreie Supermarkt" in München, Schellingstraße 42.
• "Plastikfreie Zone" in München, Schloßstraße 7.