Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunk
Daniel Harding dirigiert Mahlers Symphonie Nr. 2
27. September 2019, 17:23 Uhr aktualisiert am 27. September 2019, 17:23 Uhr
Gustav Mahlers Symphonie Nr. 2 mit Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks im Gasteig
Der Komponist wünscht sich nach dem ersten Satz eine Pause von fünf Minuten. Nicht, um Nacheinlass zu spät Gekommener und den Auftritt der beiden Sängerinnen zu ermöglichen, oder - wie am Donnerstag im Gasteig - dem Dirigenten Zeit für ein Schwätzchen mit dem Konzertmeister zu geben. Mahler dachte, das tragische Geschehen des fast halbstündigen ersten Satzes wäre so niederschmetternd, dass der Hörer eine Verschnaufpause brauche.
Fünf Minuten Stille sind heute, 125 Jahre nach der Uraufführung, gewiss zu viel. Aber irgendetwas sollte der erste Satz von Gustav Mahlers Symphonie Nr. 2 schon auslösen. Mindestens ein Gefühl dafür, dass sich etwas ereignet habe, das nun, nach Abschweifungen und sentimentalen Anwandlungen, ein Jüngstes Gericht samt Auferstehung unter Beteiligung von Chor und Orgel im Breitwandformat rechtfertigen könnte.
So richtig gelang das Daniel Harding mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks nicht. Die dreimalige Steigerung des Hauptthemas kam im Kopfsatz zwar überzeugend heraus. Aber Mahlers Emotionen, seine Weltverzweiflung wurde nur verwaltet, wozu auch die sehr breiten Tempi beitrugen. So entstand bestenfalls ein effektsicheres Orchesterfurioso, auf das sich die Musiker zwar perfekt verstehen, das hier aber an der Sache vorbeigeht.
Blanke Kapellmeisterei
Es hat schon Aufführungen dieser Symphonie gegeben, die sich nach einem eher matten Kopfsatz beträchtlich gesteigert haben. Das gelang Harding nicht. Das Orchester spielte durchwegs exzellent, ein paar sehr heikle Einsätze, etwa beim Blech im "Urlicht" waren allerdings kaum die gern beschworene Weltklasse. Das wäre keiner Erwähnung wert, wenn der Dirigent eine Meinung zur Musik riskiert hätte. Aber Mahlers böse Ironie im Scherzo, die leicht sentimentale Menuett-Erinnerung im Andante klang in dieser Aufführung auch nicht anders als das etwas unterkühlte Chor-Finale, das ohne visionäre Emphase lediglich als lautstarker Kraftakt dargeboten wurde.
Auch die beiden vorzüglichen Solistinnen Katharina Konradi und Okka von der Damerau konnten die Aufführung nicht retten. Zuletzt verpatzte ein Schlagzeuger mit viel zu hell-metallischem, aufdringlichem Glockengeläut noch das orchestrale Nachspiel, bei dem die Hymnik für einen Moment in der Ferne entschwindet, um umso triumphaler zurückzukehren.
Am Ende waren alle Beteiligten sehr demonstrativ mit sich selbst zufrieden. Das sei ihnen nach einem solchen Kraftakt natürlich gegönnt. Für uns Außenstehende bleibt es aber ein Rätsel, wieso Daniel Harding, dem beim BR und mit anderen Orchestern regelmäßig ganz starke Auftritte gelingen, zwischendrin auch blanke Kapellmeisterei abliefert.
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