Bibliotheken in der Coronakrise
Die Stabi macht vorsichtig auf, die Stadtbibliothek bleibt zu
27. April 2020, 17:48 Uhr aktualisiert am 1. Mai 2020, 17:51 Uhr
In der Bayerischen Staatsbibliothek kann ab sofort wieder wissenschaftliche Literatur ausgeliehen werden
So viel Platz gab's in der Stabi noch nie. Generaldirektor Klaus Ceynowa hätte gestern jeden einzelnen Besucher mit Handschlag begrüßen können - rein theoretisch. Denn am ersten Tag der sehr sachten Öffnung der Bayerischen Staatsbibliothek waren es bis 14 Uhr nur rund 100 Besucher, die Bücher zurückgebracht oder abgeholt haben. Etwa 500 Medien sind in diesen vier Stunden zirkuliert.
Das ist meilenweit von dem entfernt, was die größte deutsche Bibliothek in den letzten Jahren täglich zu verkraften hatte. Bislang waren es rund 3300 Medien - mit steigender Tendenz. Doch das Haus überhaupt für den Leihverkehr so weit öffnen zu können, das heißt, von Montag bis Freitag von 10 bis 17 Uhr, sei bereits ein großer Schritt, betonte der Generaldirektor, der sein Konzept am Montag Staatsminister Bernd Sibler vorstellte.
Beträchtliche Ruhe
Die Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen sind beträchtlich, das beginnt bei den geöffneten Türen und endet bei geschlossenen Schließfächern. Masken sind selbstredend Pflicht wie überall im öffentlichen Raum. Und auch das übliche Verweilen wird noch lange nicht drin sein. Vielmehr geht es darum, das Nötigste reibungslos auszutauschen. Der Ausleihbereich im Erdgeschoss ist auf 20 Nutzer beschränkt, zwischen den Regalen, wo die Medien zur Abholung abgelegt sind, dürfen sich maximal fünf Personen aufhalten - nicht gerechnet die Angestellten, die mittlerweile hinter hohen Glasscheiben ihren Dienst tun und um eine möglichst schnelle Abwicklung bemüht sind.
Die Ruhe ist beträchtlich, und mehr noch die Leere, die nichts mehr mit der guten alten, fast aus allen Nähten platzenden Stabi zu tun hat. 3000 Besucher gab es bislang im Tagesdurchschnitt, und an normalen Tagen waren gegen 11 Uhr die Säle geflutet.
Unter Vorbehalt
An deren Öffnung ist dann im nächsten Schritt gedacht: zunächst in den Fachabteilungen, für die man sich anmelden muss. Etwas später soll der weitläufige große Lesesaal folgen, in dem bereits jetzt nur noch jeder zweite Platz mit einem Stuhl versehen ist und auch die Tische etwas weiter voneinander entfernt stehen. Die bislang 540 Plätzen sind auf 200 geschrumpft. Und auch die Ohrstöpsel, die man sich früher am Eingang des Saals kaufen konnte, wird man dort so schnell nicht mehr brauchen.
Die Bayerische Staatsbibliothek ist die erste große wissenschaftliche Büchersammlung, die sich in dieser Weise wieder öffnet. Unter Vorbehalt. Denn wie sehr das neue System funktioniert, hängt von der Disziplin der Besucher ab. "Oberste Priorität hat die Gesundheit", erklärte Bernd Sibler.
Deshalb sind auch die relativ eng bemessenen Ausstellungsräume der Stabi tabu. "München. Schau her!" mit 250 historischen Aufnahmen vom Beginn der Lichtbildnerei bis in die 1970er Jahre kann man sich bequem im Internet ansehen. Ein Klick genügt, und man erhält via Audioguide gleich noch die entsprechenden Informationen.
Keine rasche Öffnung in Sicht
Die Bayerische Staatsregierung lässt bisher nur eine vorsichtige Öffnung der wissenschaftlichen Bibliotheken zu. Mit einer Öffnung der Stadtbibliothek am Gasteig und den angeschlossenen Stadtteilbibliotheken ist so schnell nicht zu rechnen. Das Kulturreferat verweist dabei auf die Zweite Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 16. April, die eine Schließung aller städtischen Kulturbetriebe mindestens bis zum 3. Mai vorsieht.
Das weitere Vorgehen wird im Lauf dieser Woche beschlossen. Derzeit arbeitet man an einem Hygienekonzept und einem Stufenplan zur Wiedereröffnung. Plexiglaswände zum Schutz der Mitarbeiter seien bereits angekauft worden. Aus der Stadtbibliothek ist zu hören, dass allein die Öffnung der Zentrale im Gasteig einen Vorlauf von rund einer Woche erfordern würde.