Kultur
Frischkur für Ludwig van
9. März 2023, 17:01 Uhr aktualisiert am 9. März 2023, 17:01 Uhr
Schon wieder die Eroica und die Coriolan-Ouvertüre? Brauchen diese Werk nicht mal eine Erfrischungspause? Das könnte man denken. Aber gerade bei oft gespielten Beethoven-Repertoirewerken lässt sich hören, was Interpretations- und Koordinationsbeauftragte bei der Arbeit mit Orchestern wirklich draufhaben.
Bei Karina Canellakis ist das eine ganze Menge. Das London Philharmonic Orchestra spielt Ludwig van Beethovens Musik in großer, aber nicht übertriebener Besetzung. Kleine Pauken und Naturtrompeten unterstreichen den historisch-informierten Zugriff. Das Tempo ist ohne Übertreibungen vorwärtsdrängend, Schwankungen bleiben natürlich. Am Ende, bei Coriolans Zusammenbruch, holt die Dirigentin zwanglos eine klagende, sonst vergessene Fagott-Nebenstimme heraus.
Frischer geht's kaum. Nur das Forte blieb vorerst ein wenig schlaff. Das änderte sich in der Symphonie Nr. 3, der Eroica, die mit einem Orchesterschlag einsetzte, die einem Pistolenschuss glich. Im Kopfsatz gelang fast immer ein Ausgleich zwischen den lyrischen, dramatischen und hymnischen Elementen. Der leicht hervorgehobene Horn-Klang betont ebenso wie der drängende Tonfall das Heroische. Im Trauermarsch unterstreichen zwar die üblichen Bläser-Verdopplungen das Pathos, aber die Dirigentin betonte eher die fahlen Zwischentöne. Auch nach der großen Steigerung blieb die Spannung erhalten. Im sehr raschen Scherzo brilliert die Horngruppe, das Finale schaukelte sich durch klug disponierte Tempowechsel in eine dionysische Hochspannung hinein.
Zwischen den beiden Beethoven-Werken spielte Daniil Trifonov das dritte Prokofjew-Konzert mit leichthändiger Selbstverständlichkeit. Es ist immer wieder verblüffend, wie dieser Pianist lyrisch im Fortissimo auf ein Bläser-Solo reagiert. Gemeinsam mit der Dirigentin schattierte er die überwiegend schnellen Tempi ab. Auch die beträchtliche Lautstärke dröhnte nicht allzu einseitig. Trifonovs Virtuosität beeindruckt immer wieder. Aber es ist noch eine Spur verblüffender, wie Karina Canellakis Beethoven die Routine austreibt.
In den letzten Jahren sind viele gute Dirigentinnen auf den Podien erschienen. Diese Amerikanerin ist eine der Besten.