Oper für alle

Kirill Petrenko dirigiert am Marstallplatz


Das Festspielkonzert von "Oper für alle" auf dem Marstallplatz.

Das Festspielkonzert von "Oper für alle" auf dem Marstallplatz.

Von Robert Braunmüller / TV/Medien

Musical-Songs mit Golda Schulz, Thomas Hampson und dem Staatsorchester bei "Oper für alle" auf dem Marstallplatz

Immer wieder steigen Seifenblasen aus der riesigen, auf Kissen und Decken sitzenden Menge in die Luft, zum Schluss des Konzertes sogar eine nicht enden wollende Menge von Luftballons. Eine Idylle unter freiem Himmel. Zum Festspielkonzert des Bayerischen Staatsorchesters sind ungleich mehr Hörer gekommen als im letzten Jahr, als es deutlich kühler war: 10 000 wurden vor Ort gezählt, rund 40 000 verfolgten auf der ganzen Welt die Übertragung am heimischen Bildschirm.

Der Marstallplatz ist also voll besetzt, wer bloß pünktlich kommt, nicht schon lange vorher, passiert viele, viele Reihen, bis er schließlich im hinteren Drittel einen Stehplatz ergattern kann. Zahlreiche Eltern haben kleine Kinder dabei, die erstaunlich ruhig sind. Von den Erwachsenen wird ein wenig zivilisiert getrunken. Eine extragroße Sektflasche allerdings muss von einer enttäuschten Besucherin bei der Taschenkontrolle am Eingang zurückgelassen werden.

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Das Festspielkonzert von "Oper für alle" auf dem Marstallplatz.

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Das Festspielkonzert von "Oper für alle" auf dem Marstallplatz.

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Das Festspielkonzert von "Oper für alle" auf dem Marstallplatz.

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Das Festspielkonzert von "Oper für alle" auf dem Marstallplatz.

Musik für einen Sommerabend

Die Musik passt zum lauen Sommerabend und der gelösten Stimmung. Keine dramatischen Opernarien von Giuseppe Verdi stehen auf dem Programm wie im letzten Jahr, sondern amerikanisch Populäres und Songs aus Musicals.
Den Anfang macht das Jugendorchester des Bayerischen Staatsorchesters "Attacca" unter der Leitung von Allan Bergius mit einer gekonnt balancierten Ouvertüre zum Musical "Funny Face" von George Gershwin. So vorteilhaft sich die jungen Menschen auch präsentieren: Die echte Sensation kommt danach.

Denn nicht nur hat heuer Generalmusikdirektor Kirill Petrenko zum ersten (und wohl auch letzten Mal) dieses Konzert-Format übernommen. Vor allem dirigiert er George Gershwin, Cole Porter und Stephen Sondheim, Komponisten, die man nicht unmittelbar mit ihm in Verbindung bringt.

Wie immer überrascht Petrenko, wenn er etwa die zündende "Cuban Overture" von George Gershwin nicht als knalligen Reißer vorstellt, sondern zurückhaltend, gelassen, der Hitze angemessen, die noch bei Sonnenuntergang herrscht. Die Perkussionsgruppe, die stilgerecht mit weißen Hüten auftritt, wirkt sogar akustisch ein wenig ausgebremst, doch das kann auch an der technischen Verstärkung liegen.

Zum Abheben

Petrenko ist bekannt dafür, wie unvergleichlich er das Bayerische Staatsorchester bei massigen Partituren von Richard Wagner und Richard Strauss zum Abheben bringen kann. In den von Jazz und Blues durchtränkten amerikanischen Werken verzichtet er hingegen wohltuend darauf, das swingende Element besonders hervorzuheben. Vielmehr nimmt er Gershwins Tondichtung "An American in Paris" symphonisch ernst, legt Wert auf fein ausgesponnene Streichern und impressionistische Farben der Holzbläser.

Mit den Songs kommen die gebürtige Südafrikanerin Golda Schultz und der Amerikaner Thomas Hampson im Ganzen gut zurecht. Zum etwas engen, stark vibrierenden Sopran von Frau Schultz passt am besten das kapriziöse "I Feel Pretty" aus Leonard Bernsteins "West Side Story". Hampson gibt in einer der Zugaben, "Wunderbar" aus "Kiss Me, Kate" von Cole Porter, einen eleganten Duettpartner ab, während er mit den tiefen Tönen von "I Got Rhythm" von Gershwin mittlerweile seine Schwierigkeiten hat.

Dirigieren: Nur für Profis

Da wird man hellhörig, wenn der 64-jährige Sänger seinem Begleiter Petrenko für die letzte der "Three Dance Episodes" aus Bernsteins "On the Town" in einer spaßigen kleinen Aktion den Taktstock abluchst, um das Bayerische Staatsorchester zu dirigieren. Interessant ist zu beobachten, dass das selbst bei so einem unschuldigen Gag nicht funktioniert.

Zwar fliegt das Orchester nicht gleich auseinander, doch das Tempo hängt rasch durch. Sollte Hampson hier einmal vorfühlen wollen, ob nicht vielleicht eine zweite Karriere als Orchesterleiter drin wäre, müssen wir ihn enttäuschen. Das Dirigieren ist eine Kunst, die man vorher erst aufwendig erlernen muss.