Das Symphonieorchester des BR und Renée Fleming
Klassik am Odeonsplatz: So gelungen, wie selten!
14. Juli 2019, 14:05 Uhr aktualisiert am 15. Juli 2019, 17:50 Uhr
Renée Fleming und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter Alan Gilbert bei "Klassik am Odeonsplatz".
München - Das ist doch mal eine nette Geste. Bei der Begrüßung am ersten Abend von Klassik am Odeonsplatz erklärte Hörfunkdirektor Martin Wagner, wie sich Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks finanziere: Durch uns alle, als Beitragszahler. Und dann applaudierten die 100 Musiker in der Feldherrnhalle den 8.000 Hörern auf dem ausverkauften Platz zwischen Residenz und Theatinerkirche.
Wagner stellte am Samstag außerdem den neuen städtischen Kulturreferenten Anton Biebl vor, der eigentlich "Baureferent" sei, weil ihn vor allem der Gasteig, das neue Volkstheater und das zu renovierende Stadtmuseum zuständig sei. Biebl antwortete, es sei seine Hauptaufgabe, den Stadtrat von der Notwendigkeit kultureller Projekte zu bewegen und betonte den Stellenwert der Freien Szene und der Stadtteilkultur.
Vom Platzregen in musikalische Höhen
Dann erhob sich, nach einem Platzregen mit 30 Minuten Verspätung, der anfangs feuchte Abend von den trockenen Finanzierungsfragen in musikalischen Höhen. Es war der seit Jahren gelungenste Auftritt des BR-Symphonieorchesters am Odeonsplatz, das sich an diesem Ort, aus Angst, der Fernsehzuschauer könnte wegzappen, gern in etwas kleinteiligen Programmen verliert.
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Diesmal wirkte alles runder. Am Anfang und nach der Pause gab es Tschaikowsky, dazwischen eher Rares, gesungen von der amerikanischen Sopranistin Renée Fleming in einem türkisen Abendkleid, das sie womöglich von der Meerjungfrau Arielle geliehen hätte. Gleich bei ihrem ersten Auftritt und später, ausgerechnet bei George Gershwins "Summertime", tröpfelte es. Genau so viel, wie es braucht, um die Gemeinschaftsbildung im Publikum zu steigern und aus dem Konzert ein Erlebnis zu machen.
Spätromantische Eierlikörmusik als Zugabe
Auf die Briefszene aus "Eugen Onegin" folgte die Briefszene aus Erich Wolfgang Korngolds "Die Kathrin". Für Kenner, denen aufgefallen war, dass es sich dabei um das Remake des Opernhits "Glück, das mir verblieb" aus Korngolds "Die tote Stadt" handelt, gab es diese spätromantische Eierlikörmusik zum Vergleich als zweite Zugabe.
Renée Fleming leuchtet
Renée Flemings cremiger Sopran leuchtete in den lyrischen Passagen dank der Verstärkung besonders jugendlich. Die Holzbläser des BR-Symphonieorchesters erzeugten in einem kurzen Stück aus Leonard Bernsteins "Lonely Town" die Illusion (abwesender) Saxofone. Dann, nach der Pause, dirigierte Alan Gilbert eine dramatisch mitreißende Version der Symphonie Nr. 5 von Peter Tschaikowsky. Der Solo-Hornist Eric Terwilliger spielte das Hornsolo im zweiten Satz souverän, die Tontechnik sorgte für einen kompakten, dunklen russischen Mischklang, das Blech des Orchesters trumpfte im Finale kraftvoll auf. So rundum überzeugend wurde diese Symphonie lange in keinem Münchner Konzertsaal gespielt.
Dann, als Zugabe, zwei Walzer: erst ein zartes Streicherstück aus Leonard Bernsteins "Divertimento" und dann die Tanzszene aus Tschaikowskys "Eugen Onegin". Wenn beim nächsten Mal der Dirigent die Zugaben auch noch ansagen würde oder die Titel auf der Video-Wand erschienen, wäre das Glück perfekt. Aber das war schon das Einzige, was man Konzert aussetzen könnte.
Das Konzert kann auf www.br-klassik.de online nachgehört werden.