Allerheiligenhofkirche

Klavierabend Josef Bulva


Der Pianist Josef Bulva.

Der Pianist Josef Bulva.

Von Robert Braunmüller / TV/Medien

Josef Bulva spielt Ludwig van Beethoven, Frédéric Chopin und Alexander Skrjabin

Zum Glück passiert es nicht häufig, dass sich der Kritiker vorkommt wie ein Arzt, der eine bedauerliche Diagnose zu stellen hat. Sie lautet im Falle des tschechischen Pianisten Josef Bulva: Zumindest in seiner momentanen technischen Verfassung kann der 76jährige die Sonaten, die er sich für seinen Klavierabend in der Allerheiligen-Hofkirche ja wohlgemerkt selbst ausgesucht hat, nicht mehr öffentlich spielen.

Präziser formuliert: Er kann sie zwar spielen, doch er ist gegenüber seinen Kollegen damit nicht mehr konkurrenzfähig. Seine Spielweise der Klaviersonate B-Dur KV 570 von Wolfgang Amadeus Mozart kann man noch kauzig nennen. Doch in den Sonaten Nr. 24 Fis-Dur und Nr. 27 e-moll von Ludwig van Beethoven summieren sich die Verspieler, abgerutschte, nicht getroffene oder einfach weggelassene Töne, auf ein unvertretbares Maß.

Verweigerung der Interpretation

In der Sonate Nr. 2 b-moll von Frédéric Chopin wird Bulva immer dann, wenn es haarig wird, langsamer, wie, um sich die schweren Finger zurecht zu legen. Nicht nur einmal weiß die rechte Hand nicht, was die linke tut.

Man kann diese pianistischen Kollateralschäden leicht biographisch erklären. Bulva hatte in den vergangenen Jahrzehnten zwei schwere Unfälle, die ihn zu langen Pausen zwangen. Natürlich ist menschlich beeindruckend, dass er sich jedes Mal wieder auf die Bühne zurückkämpfte. Auch, dass er die Unzulänglichkeiten offenbar in Kauf nimmt, könnte man verstehen, wenn man merken würde, dass er bei diesen Werken etwas zu sagen hätte, was sonst niemand sagt.

Doch persönliche Interpretationen, die beispielsweise betont ausdrucksvoll oder innerlich sein könnten, verweigert er. Schon die Mozart-Sonate spielt er mechanisch und in schroffem Staccato herunter. Zwischen einzelnen Werken steht er nicht auf, so, als ob er das Programm bloß abarbeiten würde.

In der selten gespielten Klaviersonate Nr. 3 fis-moll von Alexander Skrjabin gibt es einige Momente, in denen Bulvas Sorglosigkeit tatsächlich eine ganz eigene Qualität in der Musik entdeckt. Aber selbst danach, am Schluss des Abends, bleibt der Applaus des treuen Publikums, zu dem auch ein ehemaliger bayerischer Ministerpräsident zählt, verhalten. Das ist eine nur ehrliche Reaktion.