Kultur
Lahav Shani wird neuer Chef der Philharmoniker.
1. Februar 2023, 15:41 Uhr aktualisiert am 1. Februar 2023, 17:04 Uhr
Der Oberbürgermeister verbreitete Aufbruchsstimmung: "Lahav Shani ist jünger als meine Kinder", sagte Dieter Reiter bei der Vorstellung des künftigen Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker. Der 43-jährige Israeli werde aus dem städtischen Weltklasseorchester ein noch besseres Weltklasseorchester machen. Die Ernennung sei ein Zeichen des kulturellen Aufbruchs, der die Stadt seit der Eröffnung der Isarphilharmonie erfasst habe.
Das alles wird allerdings noch ein wenig dauern. Shani dirigiert erst in eineinhalb Jahren wieder in München: bei Klassik am Odeonsplatz. In der Saison 2024/25 setzt eine verstärkte Zusammenarbeit mit dem künftigen Chefdirigenten ein. Amtsantritt ist erst im Herbst 2026. Dann läuft auch Shanis Vertrag beim Rotterdam Philharmonic Orchestra aus. Musikdirektor des Israel Philharmonic Orchestra wird Shani bleiben.
Die Klarinettistin Alexandra Gruber betonte für das Orchester, man habe bei einem Benefizkonzert für die Ukraine und bei einem Programm in München mit einer anschließenden Schweiz-Tournee rasch zu einander gefunden: "Wir haben gemerkt: Es passt einfach." Gruber sprach von einer gemeinsamen "Liebe auf den ersten Blick", die wie ein Steppenbrand aufgelodert sei: "Wir gehen mit offenem Herzen in diese neue Ära", sagte sie.
Laut Geschäftsordnung beschließt der Stadtrat zwar über die Chefposition, er ist aber faktisch an das Votum des Orchesters gebunden, das vom Kulturreferenten vorgetragen wird. Die Entscheidung der Philharmoniker sei mit "großer Mehrheit" gefallen, die des Stadtrats einstimmig, hieß es auf der anschließenden Pressekonferenz.
Shani hat auch schon das Bayerische Staatsorchester und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks dirigiert. Er lobte die Philharmoniker als "modern, neugierig und unglaublich klangschön". Über die nicht einfachen Münchner Verhältnisse wirkte Shani hinreichend informiert.
"Das muss man einfach bauen, das soll nicht nur eine Fantasie bleiben", sagte er zu geplanten Neukonzeption des Gasteig, wo er bereits mit den Wiener Symphonikern aufgetreten ist.
Der Gasteig überschattet auch ein wenig den Tag der Vertragsunterzeichung: Gleichzeitig verabschiedete der Stadtrat mangels Interessenten ein Aus für die Investorensuche bei der Sanierung des städtischen Kulturzentrums. In einer halbjährigen Denkpause, so Kulturreferent Anton Biebl bei der Vorstellung Shanis, soll über Alternativen nachgedacht werden.
Biebl hält an der Generalsanierung fest, die neben einer Neukonzeption des Bibliothekstrakts und der Verbindung aller Gebäudeteile auch eine Optimierung der Philharmonie vorsieht. Dafür gibt es offenbar weiter eine Mehrheit bei Grünen und CSU quer durch die Rathauskoalition. Aber auch die SPD, die eher zu einer Grundsanierung ohne Neukonzeption neigt, gestanden stets einen Nachbesserungsbedarf in der Philharmonie zu. Biebl nannte als "Zeithorizont" für ein Ende der Sanierung die Jahre 2030 oder 2031 - wenn Shanis Fünfjahresvertrag sich dem Ende zuneigt.
Shani folgt auf Valery Gergiev, der vor gut einem Jahr von der Stadt entlassen wurde, weil er sich nicht vom Angriff Russlands auf die Ukraine distanzieren wollte. Die Philharmoniker haben freiwerdende Termine mit attraktiven Gastdirigenten problemlos überbrückt. Das Orchester ist auf dem internationalen Markt attraktiv, und so wird auch das Warten auf Shani für das Publikum nicht allzu schwer fallen.
Bis auf gemeinsame Projekte mit dem Israel Philharmonic Orchestra nannte 1989 in Tel Aviv geborene Shani keine konkreten Pläne für die Zukunft. Offen blieb auch, wie viele Termine der neue Chefdirigent pro Saison wahrnehmen wird. Deutlich wurde lediglich, dass er die in den letzten Jahren gewachsene Eigeninitiative des Orchesters bei der Weiterentwicklung von Konzertformaten stärken möchte.
Shani stammt aus einer Musikerfamilie. Er studierte in Berlin, weshalb er fließend deutsch spricht. Daniel Barenboim und Zubin Mehta zählen zu seinen Förderern. 2013 entschied er den Internationalen Dirigentenwettbewerb Gustav Mahler in Bamberg für sich.
Der designierte Chefdirigent ist das Gegenteil eines distanzierten "Maestro". Er tritt auch als Pianist auf, macht Kammermusik mit hochkarätigen Kollegen und spielt professionell Kontrabass: beste Voraussetzungen für ein kollegiales Miteinander mit einem Orchester.
Schade nur, dass man, um das zu erleben, noch drei Jahre warten muss. Und noch etwas haben wir heute gelernt: Den Namen Shani betont man auf dem letzten Buchstaben.