Ab 2. Januar
Neue Chefin im Stadtmuseum: Anton Biebl stellt Frauke von der Haar vor
12. Dezember 2019, 10:27 Uhr aktualisiert am 12. Dezember 2019, 18:02 Uhr
Frauke von der Haar leitet ab Januar das Stadtmuseum.
"Museen sind konservativ", sagt Frauke von der Haar, die neue Direktorin des Münchner Stadtmuseums, die am 2. Januar ihr Amt antritt. Sie verspricht sich daher viel von der Bewegung, die ins Haus am Jakobsplatz kommt, wenn dieses ab 2023 für rund 203 Millionen Euro saniert und daher für vier Jahre geschlossen wird. Währenddessen sollen verschiedene Stadtteile bespielt werden.
Wer Museen von innen kennt, mag da ein wenig ungläubig die Augenbraue heben. Das schien auch Kulturreferent Anton Biebl zu spüren, und so versicherte er, es habe sich innerhalb des Stadtmuseums aus dem Kreis der Mitarbeiter die Bewegung "Monday for future" gebildet, um Ideen für die Umbauphase zu entwickeln und zu diskutieren.
Von der Haar möchte während der sanierungsbedingten Schließung von sieben Jahren mit anderen Museen in München (und dem Rest Deutschlands) zusammenarbeiten. Außerdem sollen die Stadtteilkulturzentren bespielt werden - etwa mit Stadtteilgeschichte. Das klingt gut sozialdemokratisch nach dem Motto "Kultur für alle". Allerdings funktioniert das zwischen Laim und Berg am Laim - mit dem diskreten Charme wackliger Stellwände, fotokopierten Fotos und viel ehrenamtlichem Engagement - auch jetzt schon nicht schlecht.
Die Herrin der Umzugskisten
Die Moriskentänzer und andere Originale wird man aus konservatorischen Gründen allerdings kaum ins Schaufenster einer Stadtteilbibliothek stellen wollen. Wie sich von der Haar den Marsch zu den kulturellen Graswurzeln konkret vorstellt, blieb beim Pressetermin im Kulturreferat nebulös. Das ist zwar unmittelbar vor Amtsantritt menschlich verständlich, wirkt aber trotzdem unbefriedigend. Und misstrauisch stimmt auch, dass von der Haar durchblicken ließ, die überwiegend staatlichen Museen Münchens wüssten von der angedachten Zusammenarbeit mit dem Stadtmuseum noch gar nichts.
Die promovierte Kulturwissenschaftlerin dürfte die traditionelle kulturpolitische Rivalität zwischen Staat und Stadt kennen: Sie leitete als Konservatorin lange die Abteilung Schienenverkehr des Deutschen Museums und organisierte auch den Umzug der Lokomotiven ins neue Verkehrszentrum. 2008 wechselte sie ans stadtgeschichtliche Focke-Museum in Bremen. Dort entwickelte sie 2015 einen Masterplan zur Neuausrichtung. Auch bei der Einwerbung von Drittmitteln konnte sie Erfolge verzeichnen, was bei den Münchner Stadträten sicher Eindruck gemacht hat.
Von der Haar hat sich in einem Auswahlverfahren durchgesetzt. Der Stadtrat entschied sich damit für eine Zwischenlösung: Die 1960 geborene Direktorin wird das Haus altersbedingt nur während der Interimsphase leiten. Wenn es - frühestens - 2027 neu eröffnet wird, genießt sie bereits ihren Ruhestand und ein neuer Leiter wird das von ihr erarbeitete Konzept durchsetzen müssen.
Ob das klug gedacht ist, wird die Zukunft weisen. Schon von der Haars im November verabschiedete Vorgängerin Isabella Fehle kam 2010 ans Stadtmuseum, um es während der immer wieder verschobenen Umbauphase zu leiten. Auch sie sprach vor neun Jahren von einer Öffnung des Hauses, einer Schärfung des Profils, Familienfreundlichkeit und einer verstärkten Besucherorientierung des Stadtmuseums, das dem Zentrum den kalten Rücken zukehrt. Passiert ist seitdem wenig.
Stadtmuseum München: Der Zukunft zugewandt
Von der Haar möchte in ihrer Amtszeit den Blick nicht nur auf die Stadtgeschichte richten, sondern in Ausstellungen auch auf aktuelle Themen und Zukunftsfragen reagieren. Durch sein Programm, das Personal und das Publikum soll das Haus die Vielfalt der Stadt spiegeln. Und ein für Touristen relevanter Ort soll das Museum auch noch werden. Zur Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit hat der Stadtrat mehr Geld spendiert. Für Kulturelle Bildung, Migration, Inklusion, Provenienzforschung und die Kostümsammlung von Parish wurden in den letzten fünf Jahren neue Stellen geschaffen. Außerdem erhöht sich der Ausstellungsetat von 450 000 auf 750 000 Euro - auch für die Durchführung des Interimsprogramms mit Kooperationen oder dem Format "Stadtmuseum unterwegs".
In den letzten Jahren standen Ankaufsmittel in Höhe von 900 000 Euro zur Sammlungserweiterung zur Verfügung. Extrageld in Höhe von 200 000 Euro gibt es für die in Nymphenburg ansässige Kostümbibliothek von Parish, die nächstes Jahr ihr 50-jähriges Jubiläum feiert.
Museen sind konservativ
Wo das Stadtmuseum in seiner Interimszeit ausstellen wird, blieb offen. Aber man weiß immerhin, wo nicht: im Sendlinger Gasteig-Interim an der Hans-Preißinger-Straße. Da ist der Raum knapp, wenngleich Anton Biebl nicht ausschließen möchte, dass in der Halle E und im Motorama gegenüber dem Gasteig vielleicht doch ein Eckchen frei ist.
Von der Haar selbst hat sich jedenfalls perfekt auf ihr neues Amt eingestimmt: Ihr Haus in Bremen ist verkauft, nun sitzt sie mit vielen Umzugskartons in einer Wohnung in Harlaching. Die private Lösung - loslassen und wegwerfen - lässt sich nicht auf ein Museum übertragen, zu dessen Aufgaben die Bewahrung der Vergangenheit gehört. Da sind Museen aus guten Gründen konservativ.