AZ-Filmkritik

"The Mule": Eine unerwartete Job-Offerte


Dianne Wiest als Mary und Clint Eastwood als Leo Sharp in "The Mule".

Dianne Wiest als Mary und Clint Eastwood als Leo Sharp in "The Mule".

Von Bernhard Lackner

Clint Eastwood spielt in "The Mule" einen Blumenhändler, der zum Drogenkurier wird.

Ewige Jugend wird ja gerade im Kino vollkommen überschätzt. Schauen wir uns einfach einmal Clint Eastwood an. Der Mann ist 88. Das sieht man ihm an und das ist auch gut so. Die Falten im Gesicht. Die sehnigen, knorpeligen Hände. Ein Paar blaue Augen, das im Leben schon einiges gesehen und seine durchdringende Kraft noch nicht ganz verloren hat. All das gehört zusammen, scheint Teil eines Gesamtkunstwerkes, das auf der Leinwand eine eigene, magische Anziehungskraft entwickelt.

In seiner 38. Regiearbeit "The Mule" spielt er selbst den Blumenzüchter Earl Stone, der eine kleine Lilienfarm betreibt, bis die Konkurrenz aus dem Internet sein Geschäft ruiniert. Da bekommt er eine unerwartete Job-Offerte: Ein Drogenkartell will ihn als Kurier anheuern. Alt, weiß und vollkommen unauffällig ist Earl für die Gangster der ideale "Mule", wie die menschlichen Maultiere im Berufsjargon genannt werden.

Clint Eastwood in bekannter "Old-School"-Manier

Die Story von Drehbuchautor Nick Schenk beruht auf wahren Begebenheiten. Im Magazin der "New York Times" erschien 2014 der Artikel über den 90-jährigen Weltkriegsveteranen Leo Sharp, der zehn Jahre lang unbehelligt für das berüchtigte, mexikanische Sinaloa-Kartell zentnerweise Kokain durchs Land kutschierte. Eastwood spielt den alten Knaben als Anti-Superhelden, der in seiner körperlichen Fragilität einen wunderbaren Kontrast zum durchtrainierten, kriminellen Umfeld bildet. Wenn Eastwood mit schlaksigen Schritten über den Parkplatz geht, erkennt man noch den zähen Cowboy von damals und befürchtet gleichzeitig, dass die nächste Windböe ihn davon tragen könnte.

Wie schon in "Gran Torino" baut Eastwood seine Figur zum Repräsentanten der Generation "Old School" aus, die sich mit Smartphone und SMS schwer tut, aber ohne zu googeln weiß, wie man einen Autoreifen wechselt.

Im letzten Filmdrittel greift schließlich doch der lange Arm des Gesetzes nach dem illegalen Transportunternehmen. Aber auch die Ordnungshüter können einem Charmeur wie Earl nicht wirklich böse sein, genauso wenig wie die Familie, die ihm in der kitschigen Zielgeraden seine Sünden allumfassend vergibt.

Regie: Clint Eastwood (USA, 111 Min.) Kino: Gabriel (auch OV), Cinema (OV), Monopol (OV), Museum Lichtspiele, Münchner Freiheit