Made in China
China provoziert mit Preisdumping Handelskrisen
7. Juni 2016, 11:09 Uhr aktualisiert am 7. Juni 2016, 11:09 Uhr
Das Wachstum stottert, Reformen werden verschleppt und heimische Wettbewerber bevorteilt: Unternehmen aus Europa haben es in China zunehmend schwer. Jetzt droht auch noch ein heftiger Handelskonflikt.
China hat die EU vor einem schweren Handelskonflikt gewarnt, falls die Volksrepublik von den Europäern nicht offiziell als Marktwirtschaft anerkannt werden sollte. Die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen könnten Schaden nehmen, wenn sich die EU weiter weigere, China diesen Status zu gewähren, schrieb die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua am Dienstag in einem Kommentar: "Das schlimmste Szenario könnte ein ausgewachsener Handelskrieg sein."
Beide Seiten seien wichtige Exportmärkte füreinander. "Der Preis könnte viel zu hoch sein", hieß es. Die Gewährung des Marktwirtschaftsstatus würde China vor teuren Anti-Dumping-Klagen schützen - also Beschwerden, dass es seine Waren unter Preis auf den Weltmarkt wirft. Gerade in der Stahlkrise wird das Land beschuldigt, wegen seiner Überkapazitäten den Stahl viel zu billig anzubieten.
Stimmung zwischen EU und China sehr geladen
Die Warnung vor einem Handelskrieg kommt zu einer Zeit, in der die Stimmung von EU-Unternehmen in China so schlecht ist wie nie zuvor. Ihr Pessimismus habe "einen neuen Höchstwert" erreicht, heißt es in einer am Dienstag veröffentlichen Umfrage der Europäischen Handelskammer in Peking. Demnach gaben 15 Prozent der befragten Firmen an, negativ auf ihre künftigen Wachstumschancen in der zweitgrößten Volkswirtschaft zu blicken.
Noch vor einem Jahr hatte dieser Wert bei acht Prozent gelegen. Das Lager der Optimisten, die mit weiterem Wachstum in ihrer Branche rechnen, verkleinerte sich das sechste Jahr in Folge auf nun noch 44 Prozent. Es ist damit noch etwa halb so groß wie 2011.
"Die Enttäuschung nimmt zu", sagte Kammer-Präsident Jörg Wuttke zur Vorstellung der Studie. Die wirtschaftliche Abkühlung, aber auch weiter eingeschränkte Marktzugänge seien die gravierendsten Probleme für europäische Unternehmen in China. Nun trübt der drohende Handelskonflikt das Bild weiter ein.
Gabriel vor China-Reise: Harter Kurs notwendig
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der am Sonntag mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu Regierungskonsultationen nach Peking reist, hatte zuletzt für einen harten Kurs plädiert. "China kann den Status einer Marktwirtschaft erst bekommen, wenn es sich auch so verhält", sagte er dem "Spiegel".
Die Volksrepublik pocht aber darauf, dass ihr in Artikel 15 des Vertrages für den Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO) 2001 versprochen worden war, 15 Jahre später als Marktwirtschaft anerkannt zu werden. Dieses Versprechen müsse termingerecht im Dezember erfüllt werden.
Im Mai hatten sich die Abgeordneten des EU-Parlaments, die sich wegen chinesischer Billigimporte um Arbeitsplätze sorgen, gegen eine Einstufung Chinas als Marktwirtschaft ausgesprochen. Zwar ist der Beschluss nicht bindend, doch braucht die EU-Kommission am Ende die Zustimmung der Parlamentarier, wollte sie China den Status einräumen.
Europäische Diplomaten warnen auch schon, dass beide Seiten auf einen "Handelskrieg zusteuern". "Der Druck im Kessel steigt", sagte ein EU-Diplomat der Deutschen Presse-Agentur. "Europa gerät immer mehr ins Fadenkreuz." Zudem sei China auch nach Ansicht europäischer Juristen rechtlich in einer guten Position. Deswegen sei es wichtig, möglichst bald einen Kompromiss anzustreben. Die Zeit werde knapp.
Unter der Hand drohe die chinesische Seite bereits mit Vergeltungsmaßnahmen gegen Unternehmen. "Es ist alles möglich", meinte der Diplomat.