Brüssel
Griechenland bereitet Geldgebern auch 2016 Kopfschmerzen
4. Januar 2016, 8:55 Uhr aktualisiert am 4. Januar 2016, 8:55 Uhr
Eine Staatspleite in Athen ist mit neuen Hilfsmilliarden der Europäer erst einmal abgewendet. Doch bevor Griechenland bei den Finanzen wieder auf eigenen Beinen stehen kann, sind noch viele Hürden zu nehmen.
Um das hoch verschuldete Griechenland ist es in den vergangenen Monaten etwas ruhiger geworden. Doch der Schein trügt. Denn es kann 2016 zu neuen krisenhaften Entwicklungen kommen. Die Probleme des pleitebedrohten Landes sind noch lange nicht gelöst.
Im zurückliegenden Jahr wurde viel über einen "Grexit", also einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone, debattiert. Ist das noch ein Thema?
Das auf drei Jahre angelegte neue Rettungsprogramm belegt den Willen der Europartner, das schwächste Mitglied in der Währungsunion zu halten. Voraussetzung für das Paket war im vergangenen Sommer, dass der linksgerichtete Premier Alexis Tsipras auf Reformkurs ging. Falls die Athener Links-Rechts-Regierung - aus welchen Gründen auch immer - diesen Kurs verlassen sollte, sind neue Krisen unvermeidbar. Denn ohne Reformen gibt es kein frisches Geld aus dem europäischen Rettungsschirm.
Wie ist die Zwischenbilanz beim Rettungsprogramm der Europartner?
Kurz gesagt: Es läuft, aber es gibt Verzögerungen. Der Euro-Rettungsschirm ESM stellte bisher 21,4 Milliarden Euro zur Verfügung. Das im Sommer aufgelegte Programm hat insgesamt einen Umfang von bis zu 86 Milliarden Euro - dieser Betrag dürfte aber nicht ausgeschöpft werden, da für das Sanieren von Banken weniger Geld gebraucht wird als geplant. Im Detail lief manches zäher als erwartet. Kreditraten konnten teilweise nur verspätet fließen, da sich Reformen verzögerten.
Welche Herausforderungen sind noch zu meistern?
Die Geldgeber-Institutionen und Griechenland wollen Anfang des Jahres die erste Überprüfung des Hilfsprogramms abschließen. Diese wichtige Hürde sollte eigentlich schon im vergangenen November überwunden werden. Ein sehr heißes Eisen ist dabei die Rentenreform mit einer Erhöhung des Renteneintrittsalters.
Und dann gibt es noch ein Problem mit dem Weltwährungsfonds?
In der Tat. Bisher ist immer noch unklar, ob der Internationale Währungsfonds (IWF) beim dritten Programm mitzieht. Premier Tsipras drückt auf die Bremse, denn er würde die Hilfsaktion gerne in europäischer Hand lassen. Da spielen aber die Geldgeber nicht mit, auch Deutschland pocht darauf, den IWF an Bord zu nehmen. "Die ökonomische und technische Expertise des IWF" sei bei der Programmüberwachung sinnvoll, sagte ESM-Chef Klaus Regling der "FAZ" im Dezember.
Der Schuldenberg in Athen wächst weiter, die Regierung dringt auf Schuldenerleichterungen. Was sagen die Geldgeber?
Die Europartner wiederholen gebetsmühlenartig, dass dafür erst das Rettungsprogramm überprüft werden muss. Der Schuldenberg dürfte nach Brüsseler Einschätzung in diesem Jahr knapp 200 Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen - erlaubt sind höchstens 60 Prozent. Debattiert werden unter anderem längere Kreditlaufzeiten; die ESM-Kredite haben aber jetzt schon eine durchschnittliche Laufzeit von 32,5 Jahren. Einen Schuldenschnitt soll es nicht geben. Bei einer solchen Maßnahme verzichten Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen.
Droht Griechenland in der größten Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg eine zusätzliche Destabilisierung?
Das ist laut Experten durchaus möglich. Griechenland geriet in die Kritik, weil es die EU-Außengrenzen zur Türkei und auf den Ägäis-Inseln nur unzureichend überwacht. Es wurde schon darüber spekuliert, Griechenlands Mitgliedschaft in der grenzkontrollfreien Schengen-Zone auszusetzen. Das wäre dann ein "Grexit" der anderen Art.