Euro-Schuldenkrise
Karlsruher Verfassungsrichter wägen Spielraum der EZB ab
16. Februar 2016, 10:35 Uhr aktualisiert am 16. Februar 2016, 10:35 Uhr
Wo endet die Macht der Europäischen Zentralbank? Für Deutschland haben das die Karlsruher Verfassungsrichter zu entscheiden. In einem Rechtsstreit aus den risikoreichsten Zeiten der Euro-Schuldenkrise stecken sie den Handlungsspielraum der Währungshüter für die Zukunft ab.
Die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) müssen am Dienstag vor dem Bundesverfassungsgericht erneut ihren Kurs in der Euro-Schuldenkrise rechtfertigen. Die Notenbank hatte im Sommer 2012 versprochen, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen von Krisenstaaten zu kaufen. Zum Einsatz kam das sogenannte OMT-Programm ("Outright Monetary Transactions") zwar nie, allein die Ankündigung beruhigte aber die Märkte. Bis heute wird darüber gestritten, ob die EZB überhaupt zu einem solchen Schritt befugt war.
Die Karlsruher Richter hatten nach einer ersten Verhandlung 2013 deutlich gemacht, dass sie den Beschluss für rechtswidrig halten, den Fall aber zur Vorabentscheidung dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Dieser erklärte die Anleihenkäufe für rechtmäßig. Die Frage ist nun, wie Karlsruhe mit dem Luxemburger Urteil umgeht. Die Richter prüfen allein nach den Maßstäben des Grundgesetzes. Bis zu einer Entscheidung dürften Monate vergehen. (2 BvR 2728/13 u.a.)
Der OMT-Beschluss der EZB gilt als Wendepunkt in der Schuldenkrise. Denn der Kauf von Staatsanleihen drückt die Zinslast eines Krisenstaates: Er muss weniger für Kredite ausgeben und bleibt so zahlungsfähig. Nach Einschätzung der Verfassungsrichter aus dem Januar 2014 darf die Notenbank laut EU-Vertrag aber keine eigenständige Wirtschaftspolitik betreiben. Der Beschluss verstoße außerdem gegen das Verbot der Mitfinanzierung von Staatshaushalten.
In Karlsruhe erwartet werden unter anderen der CSU-Politiker Peter Gauweiler, Gregor Gysi für die Linksfraktion im Bundestag und die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) für den Verein "Mehr Demokratie". Sie alle hatten gegen den umstrittenen OMT-Beschluss geklagt. Auch EZB-Direktoriumsmitglied Yves Mersch, Bundesbank-Präsident Jens Weidmann und Finanzstaatssekretär Jens Spahn (CDU) sollten an der Verhandlung teilnehmen.
Gauweiler hatte im Herbst auch gegen die aktuellen Anleihenkäufe der EZB Verfassungsbeschwerde eingereicht. Um die Konjunktur anzukurbeln und die Inflationsrate anzuheizen, kauft die Zentralbank seit März 2015 in großem Stil Wertpapiere ("Quantitative Easing"/QE). Zwischen OMT und QE sehen Experten aber große Unterschiede. Denn bei den QE-Käufen fließt das Geld in Anleihen aus dem gesamten Euroraum.