Rückrufaktion bei VW
Kommentar: Harte Zeiten für Volkswagen
16. Oktober 2015, 16:12 Uhr aktualisiert am 16. Oktober 2015, 16:12 Uhr
Kaum, dass sich die Abgaswolken des VW-Skandals etwas verzogen haben, kommt schon der nächste Tiefschlag für den Wolfsburger Autokonzern: Millionen Autos in Europa sind vom Abgasskandal betroffen - und sie alle sollen in die Werkstatt. Auf den Autobauer kommen ganz harte Zeiten zu.
Gewiss, die Aufarbeitung des Skandals hat schon begonnen. Der Konzernchef Martin Winterkorn, der offensichtlich die Kontrolle verloren hatte, wurde abgelöst. Matthias Müller soll nun den durch Dieselgate erschütterten Autokonzern aus der schwersten Krise in der Unternehmensgeschichte herausführen. Drei Technik-Vorstände sind beurlaubt, der ganze Laden wird auf der Suche nach Schuldigen durchforstet. Der US-Chef von Volkswagen entschuldigte sich offiziell für die Manipulations-Software, musste sogar in einer Anhörung im US-Kongress Rede und Antwort stehen. Schließlich rückte auch noch die Staatsanwaltschaft an und durchsuchte verschiedene VW-Standorte in Deutschland.
Auch weltweit schauen sich Ermittlungsbehörden die Aktivitäten von Volkswagen in den jeweiligen Ländern genauer an, besonders in den USA, wo sich die Lage für die Wolfsburger weiter zuspitzt. In Italien gab es eine Razzia in mehreren VW-Büros.
Was an finanziellen Belastungen auf den VW-Konzern zukommt, lässt sich nicht abschätzen. Der Klage-Tsunami rollt ja erst jetzt auf Wolfsburg zu. Volkswagen hat zwar schon einmal Milliarden Euro für Gerichtsprozesse, für die zu erwartenden Strafen oder entsprechende Vergleiche zurückgestellt. Ob aber die dafür reservierten Gelder reichen, darf bezweifelt werden. So hat die Ratingagentur Standard & Poor's ihre Bonitäts-Einstufung von VW angesichts der absehbaren Belastungen herabgesetzt.
Wie ernst die Lage für VW ist, dafür hat die Konzernführung am Mittwoch rund 400 Top-Manager sensibilisiert. Tatsächlich braucht der Zwölf-Marken-Konzern aber eine moderne Struktur. Die hat der Aufsichtsrat zwar beschlossen. Doch ob man im Konzern auch die Kraft und Konzentration findet, diese neue Struktur wirklich mit Leben zu füllen, scheint derzeit ungewiss.
Wie auch immer der Abgas-Skandal ausgeht, für Volkswagen ist er ein Imageschaden, der nicht zu beziffern ist. Denn wenn es etwas gibt, das durch nichts zu ersetzen ist, dann ist das Vertrauen.