Kommentar
Reden Sie endlich, Frau Merkel!
31. Januar 2016, 13:30 Uhr aktualisiert am 31. Januar 2016, 13:30 Uhr
Sie schweigt und schweigt und schweigt. Und der Frust der Bürger steigt und steigt. Noch nie seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland vor nunmehr fast 67 Jahren im milden Mai 1949 war die gesellschaftspolitische Stimmung im Lande so aufgeladen explosiv, so von Gegensätzen geprägt und partiell auch so dumpf bedrohlich wie in diesen Monaten.
Dies ist auch in den ländlichen Räumen Niederbayerns und der Oberpfalz und Oberbayerns, wo es in der Regel weniger hektisch zugeht als in den Ballungszentren und allgemeine Lebensfragen entsprechend unaufgeregter und bodenständiger debattiert und behandelt werden, nicht anders.
Merkel hat sich verzockt
Und warum? Weil Frau Merkel nicht redet. Sie spricht nicht mit ihrem Volk, nicht mit ihren Untertanen, nicht mit den Menschen im ganzen Lande. Auch nicht im Bundestag, nicht in den parlamentarischen Gremien, nicht in wichtigen Kreisen der Wirtschaft und Gesellschaft oder der Kirchen. Sie hat sich in ihrer Wagenburg verschanzt und wartet zu und wartet ab und gibt sich stur und bockig. Weil sie sich verzockt hat. Aber das wird sie niemals - niemals (!) - eingestehen. Eher lässt sie sich aus dem Amt jagen. Eine traumatische Störung, wie das Verleger Prof. Martin Balle trefflich beschrieben hat?
Derweilen baut sich eine Stimmungsdemokratie auf, die jener der Weimarer Republik der 1920er-Jahre immer ähnlicher wird, als sich die Extremisten von links und rechts, die Kommunisten und Nationalsozialisten, nicht mehr nur mit Worten beschossen, Straßen, Plätze und Säle und das Volk in Gesamtheit gesinnungsterrorisierten, das gemäßigte bürgerliche und demokratisch gesinnte Lager aufsaugten, verdrängten, vernichteten - mit dem bekannten Ende. Dies auch deshalb, weil schwache bis hilflos agierende Regierungen die Demokratie und den Rechtsstaat nicht verteidigen konnten.
So kann es nicht weitergehen
So wird es diesmal nicht kommen, natürlich nicht. Trotzdem kann es so nicht weitergehen im Lande, dass sich neuerlich eine Stimmungsdemokratie breitmacht, die den Gesinnungsterror wiederbelebt, wo, besonders im weltweiten Netz, Gerüchte zu Wahrheiten werden, Meinungen zu Fakten und (Hass-)Parolen zu gesellschaftlichen Leitlinien. Einerseits. Auf der anderen Seite stehen Idealismus und eine romantische Schwärmerei, die nichts lösen. Weil auch Humanität ihre Grenzen hat, wenn sie überfordert wird. Beide extremen Seiten sind der Sache völlig unangemessen.
Und das alles wegen eines einzigen Themas: Flüchtlingsproblematik. Und die Kanzlerin schweigt und schweigt (und setzt auf die falsche Politik - die Solidarität der Europäischen Union, die sie nie bekommen wird). Auch so kann Demokratie kaputtgehen, kann sich der Rechtsstaat auflösen, wenn Politik beschwiegen wird.
Wir Bürger haben definitiv ein Recht, dass uns die Regierung ihre Politik erklärt, ihre Absichten kundtut, ihre Pläne offenbart. Also, Frau Merkel, wir warten mit ebenso wachsender Ungeduld wie steigender Empörung, weil nichts passiert, auf Ihre große Rede an die Nation, auf Ihre umfassende Regierungserklärung, auf die abendliche Fernsehansprache zu bester Sendezeit, auf Ihren Auftritt bei Illner oder Maischberger, Will oder Plasberg, wo Sie einmal nicht nur flöten wie sonst: "Wir schaffen das!", sondern klipp und klar erklären: So schaffen wir das, so finanzieren wir das, so organisieren wir das, so machen wir das. Ein ganzes Volk wartet auf Ihre Strategie, auf Ihren Masterplan, den wir hier schon vor vier Monaten gefordert haben. Wo bleibt da Ihre Regierungskunst?
"Wer schweigt, macht keine Fehler"
Und dann erklären Sie uns auch gleich noch, wie Sie die Flüchtlingszuwanderung auf ein angemessenes Maß reduzieren und künftig lenken und welche Maßnahmen Sie ergreifen wollen, damit das Land wieder zur Ruhe kommt. Das haben frühere Bundesregierungen getan. Im Bundestag, in öffentlichen Reden, in Fernsehansprachen, in großen Zeitungsanzeigen. Sogar der Patriarch Adenauer hat seine politischen Absichten dem Volke erklärt, Brandt und Schmidt sowieso, auch Schröder, weniger schon Kohl.
Das werden freilich Sie niemals tun. Das wissen wir. Wir kennen auch Ihre Denke: Wer schweigt, macht keine Fehler. Wer redet und seine Absichten kundtut, könnte daran ja sehr konkret gemessen werden. Und doch ist genau das beharrliche Schweigen manchmal der allergrößte aller Fehler.
Man wünscht sich Helmut Schmidt zurück
Dass Sie Ihre Kanzlerschaft gefährden (die Lunte brennt!), ist Ihr ureigenes Problem. Dass Sie aber ein ganzes Volk zum Narren halten, ist unerträglich geworden und nicht mehr hinzunehmen. Und dass Sie alle Verantwortung und Lasten auf die Kommunen abwälzen - dazu gibt es nur noch ein Wort: Skandal! An den Brennpunkten vor Ort wissen sie buchstäblich nicht mehr, was sie tun sollen. So etwas von im Stich lassen unserer Landräte und Bürgermeister, auch der Hilfsorganisationen und ihrer Mitarbeiter, hat es seit Bestehen der Bundesrepublik von einer Bundesregierung nicht gegeben. Dass Sie auf der anderen Seite von Ihren Kollegen aus der Europäischen Union im Stich gelassen werden, haben Sie sich selbst eingebrockt. Sie haben sich verkalkuliert. Geben Sie das zu und machen Sie den Schnitt!
Ein Königreich für jenen, der Angela Merkel zum Reden bringt! Ich wünsche mir den Realpolitiker und "Macher" Helmut Schmidt zurück. Mit ihm wär's anders.
Morgen kommt der "Dicke" und Merkel-Intimus Peter Altmaier, der Kanzleramtschef, in die Region, zur CSU nach Geiselhöring. Die Gelegenheit ist günstig, ihn zu stellen.
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