Unfälle

Viele Tote nach Zug-Zusammenstoß in Griechenland

Die Züge rasten in der Dunkelheit frontal aufeinander zu, die Insassen der ersten Waggons hatten keine Chance - Griechenland erlebt in der Nach das schwerste Zugunglück seiner Geschichte.


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Rettungsarbeiten am Unfallort. Die vorderen Waggons beider Züge wurden durch den Aufprall geradezu zusammengefaltet.

Hoffnung auf Überlebende gab es am Nachmittag unter den Rettungskräften kaum mehr: Bei einem schweren Zugunglück sind in der Nacht in Griechenland mindestens 36 Menschen ums Leben gekommen. 72 Passagiere wurden teils schwer verletzt. Ein Personenzug war auf dem Weg von Athen in die nordgriechische Hafenstadt Thessaloniki mit einem Güterzug zusammengeprallt.

Die ersten zwei Waggons des Personenzugs wurden völlig zerstört und brannten anschließend aus - die Leichen können nur per DNA-Abgleich identifiziert werden. Die Zahl der Toten dürfte deshalb noch weiter steigen, hieß es bei den Rettungskräften.

Beide Züge waren in gegensätzlicher Richtung auf derselben Spur unterwegs, obwohl die Strecke zweigleisig ausgebaut ist. Berichten zufolge funktionierte das elektronische Leitsystem auf der Strecke nicht, weshalb die Bahnhofsvorsteher die Züge koordinierten. Der Verantwortliche am Bahnhof der Stadt Larisa soll am Dienstagabend den entscheidenden Fehler gemacht und den Personenzug auf das falsche Gleis geleitet haben. Der Mann wurde festgenommen, weitere andere Verantwortliche und Techniker werden befragt. Noch stehen die Ermittlungen allerdings am Anfang, auch andere Ursachen wie etwa weitere technische Probleme werden nicht ausgeschlossen.

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Premierminister Kyriakos Mitsotakis (2.v.l) und der mittlerweile zurückgetretene Verkehrsminister Kostas Karamanlis (l) am Ort der Zugkollision.

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Bei dem schweren Zugunglück in Griechenland sind etliche Menschen ums Leben gekommen.

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Feuerwehrleute nach der Kollision zweier Züge in Griechenland am Unfallort.

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Feuerwehrleute arbeiten am Unfallort. Dutzende Menschen starben.

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Rauch steigt auf, während Feuerwehrleute und Rettungskräfte nach dem Zusammenstoß der beiden Züge nahe Larissa im Einsatz sind.

Der griechische Verkehrsminister Kostas Karamanlis trat noch Nachmittag nach einem Besuch der Unglücksstelle zurück. Wenn so etwas Tragisches passiere, sei es nicht möglich, so weiterzumachen als sei nichts geschehen, ließ er mitteilen. Er fühle sich verpflichtet, die Verantwortung für die Fehler des griechischen Staates zu übernehmen, sagte Karamanlis und drückte den Familien der Opfer nochmals sein Mitleid aus.

Weltweit nahmen die Menschen Anteil an dem Unglück. Neben EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprachen auch der Papst sowie viele europäische Staats- und Regierungschefs ihr Beileid aus. Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kondolierte.

Sichtlich getroffen versprach Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis am Mittag an der Unfallstelle die vollständige Aufklärung der Ursache des Unglücks. Es sei eine "unaussprechliche Tragödie", sagte er. Zunächst sei nun die Hauptaufgabe, die Verwundeten zu behandeln und die Leichen zu identifizieren. Man werde alles tun, damit so etwas nie wieder passiere.

Für Griechenland, das nur ein kleines Schienennetz hat, ist es das schwerste Eisenbahnunglück der Geschichte, vergleichbar mit dem furchtbaren Zugunglück 1998 im deutschen Eschede, bei dem 101 Menschen ums Leben kamen.

Der 59 Jahre alte Bahnhofsvorsteher, der am Dienstagabend am Bahnhof von Larisa verantwortlich war, wurde als mutmaßlicher Unfallverursacher unter anderem wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung angeklagt, berichtete die Tageszeitung "Kathimerini". Der Personenzug könnte dieser Theorie zufolge schon von Larisa aus auf die falsche Spur geschickt worden sein. Mangels Leitsystem war zunächst auch der genaue Unfallort nicht auszumachen, berichtete der Sender ERT - die Rettungskräfte hätten die Stelle erst suchen müssen. Berichten zufolge soll es Probleme mit der Stromversorgung gegeben haben - auch dies wird untersucht.

Die Empörung der Menschen in Griechenland ist jetzt schon groß: Wie ist es möglich, dass der Intercity auf demselben Schienenstrang wie der entgegenkommende Güterzug unterwegs war, obwohl die Strecke zweispurig ausgebaut ist, fragt man sich. In Larisa machten sich nach einem Aufruf des griechischen Roten Kreuzes und der umliegenden Krankenhäuser viele Menschen zur Blutspende auf, um ihre Unterstützung für die Verletzten zu zeigen.

Am Zielbahnhof in Thessaloniki versammelten sich kurz nach Bekanntwerden des Unfalls noch in der Nacht verzweifelte Angehörige, Telefon-Hotlines wurden eingerichtet. Rund 200 Passagiere, die nicht oder nur leicht verletzt wurden, wurden vom Unglücksort mit Bussen in die 150 Kilometer weit entfernte Stadt gebracht. Manche Angehörige aber warteten dort vergebens.

Bei vielen der Passagiere soll es sich um junge Leute gehandelt haben, Studierende, die nach einem verlängerten Wochenende wegen eines Feiertags nun auf dem Weg zur Universität von Thessaloniki waren. Insgesamt sollen 354 Menschen von dem Unfall betroffen gewesen sein: 342 Passagiere und zehn Bahnmitarbeiter im Personenzug von Athen nach Thessaloniki sowie zwei Lokführer im Güterzug.

"Ich dachte, ich würde sterben", sagte ein Passagier der Tageszeitung "Kathimerini". Der junge Mann saß nach eigenen Angaben in einem der hinteren Waggons. Er habe am Boden Schutz gesucht, Menschen hätten geschrien und geweint. Andere Passagiere berichteten, sie hätten die Fenster eingedrückt und sich im Dunkeln aus dem halb umgekippten Waggon retten können.

Trotz der Modernisierung mit neuen Brücken und Tunneln und zwei Gleisen entlang der rund 500 Kilometer langen Strecke Athen-Thessaloniki habe es schon länger erhebliche Probleme bei der elektrischen Koordination gegeben, hieß es im Staatsfernsehen. "Wir fahren wie in alten Zeiten von einem Streckenteil zum anderen per Funk. Die Stationsleiter geben uns grünes Licht", sagte Kostas Genidounias, Präsident der Gewerkschaft der Lokführer. Die Gewerkschaft habe den Zustand schon wiederholt beanstandet.