Politik

Arbeit für nichts? Jedem Dritten droht mickrige Rente

Zahlen des Bundes zeigen: In Bayern droht jedem dritten in Vollzeit Beschäftigten auch nach 45 Jahren eine eher mickrige Rente


Fast jede dritte Frau kann sich nicht ausreichend gegen Altersarmut absichern. (Symbolbild)

Fast jede dritte Frau kann sich nicht ausreichend gegen Altersarmut absichern. (Symbolbild)

Von Christian Grimm, Stefan Lange

Arbeit für nichts?

Im Alter zu wenig Geld zum Leben zu haben, diese Angst plagt Millionen Beschäftigte in Deutschland. Sorgen müssen sich aber nicht nur diejenigen machen, die länger arbeitslos waren oder sich zu Hause um Kinder und Haushalt gekümmert haben.

Selbst wer 45 Jahre lang in Vollzeit arbeitet, kann unter dem Strich mit einer Rente nach Hause gehen, die alles andere als üppig ist.

In Bayern sind es ein knappes Drittel der 3,75 Millionen Vollzeitbeschäftigten, die eine gesetzliche Rente von lediglich 1200 Euro netto pro Monat erwarten können. In Baden-Württemberg und Hessen ist die Größenordnung die gleiche. Von den 3,2 Millionen im Südwesten mit voller Stelle landen 914 000 nach Abzug von Steuern und Abgaben bei 1200 Euro Rente. In Hessen sind es rund
540 000 von 1,7 Millionen.

Monika Schnitzer.

Monika Schnitzer.

Abgefragt hat die Daten die Linkspartei bei der Bundesregierung, die sich in ihrer Antwort auf Zahlen der Arbeitsagentur beruft. Um die 1200 Euro aus der Rentenkasse zu bekommen, müssen die Beschäftigten ihr Arbeitsleben lang um die 3000 Euro brutto verdienen.

Die Linkspartei hält das Verhältnis zwischen Ein- und Ausgezahltem für schief. "Wir brauchen eine große Rentenreform in Deutschland. Lohn- und Rentenniveau sind vielfach zu niedrig", sagte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch der AZ. Für einen beträchtlichen Teil der Beschäftigten werde es damit im Ruhestand finanziell eng.

Kann Deutschland von Österreich
lernen?

Als Vorbild für die Rentenreform nannte er Österreich. "Wir brauchen eine Rentenkasse wie in Österreich, wo die durchschnittliche Rente 800 Euro höher ist als bei uns", meinte Bartsch. Im Nachbarland zahlen nicht nur Angestellte in die Kasse ein, sondern auch Selbstständige, Beamte, Abgeordnete und Manager.

Das Problem der mageren Renten selbst bei Vollzeit und 45 Arbeitsjahren ist im Osten Deutschlands noch größer als im Westen. Das liegt an der geringeren Wirtschaftskraft und niedrigeren Löhnen. In Sachsen wird laut den amtlichen Daten über die Hälfte der künftigen Rentner mit 1200 Euro aus der gesetzlichen Versicherung nach Hause gehen, in Thüringen sind es gar 57 Prozent. Im Durchschnitt der gesamten Republik sind es 36 Prozent.

Wegen der Alterung der Gesellschaft geraten in den kommenden Jahren aber sogar die vergleichsweise bescheidenen Renten unter Druck. Schon heute fließen jedes Jahr über 100 Milliarden Euro Zuschuss aus dem Bundeshaushalt an die Rentenkasse, um das System stabil zu halten.

Die Münchner Ökonomieprofessorin und Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, hat vor wenigen Tagen in der "Süddeutschen Zeitung" die Rentendebatte neu aufgemacht. Die Wirtschaftsweisen raten der Bundesregierung, das Renteneintrittsalter schrittweise zu erhöhen und die Stufen an die steigende Lebenserwartung zu koppeln.

"Für jedes Jahr zusätzlicher Lebenserwartung kann jemand vier Monate länger Rente beziehen, muss aber auch acht Monate länger arbeiten", rechnet Schnitzer vor. Als Faustregel gilt, dass sich alle zehn Jahre die Lebenserwartung um ein Jahr erhöht. Die Lebensarbeitszeit klettert also langsam.

Schnitzer will aber nicht nur die Jahrgänge zur Abstützung der Rente heranziehen, die noch Jahrzehnte arbeiten müssen, sondern auch die Babyboomer, die demnächst in den Ruhestand gehen. Deshalb sollten aus ihrer Sicht die Beiträge schon heute angehoben werden, um sie auf der Zielgeraden des Erwerbslebens stärker an der Finanzierung der Rente zu beteiligen. Außerdem hält es die Wirtschaftsprofessorin für angezeigt, dass die Löhne in Zukunft stärker steigen als die Renten. Bisher sind beide aneinandergekoppelt.

Liberale plädieren für Rente aus Aktien und Anleihen

Im Frühjahr will sich die Ampelkoalition mit der Reform der Alterssicherung befassen. SPD und Grüne dringen entgegen der FDP und dem Rat der Wirtschaftsweisen auf ein stärkeres Anwachsen der Renten.

Die Liberalen plädieren hingegen für eine Aktienrente, um zusätzliche Mittel für die Ruheständler an der Börse zu verdienen. Der Staat baut dem Modell nach einen Kapitalstock aus Aktien und Anleihen auf und schüttet die Gewinne an die Rentner aus.