Gesellschaft

EU-Kommissionsvize: Mediengesetz setzt Standards nicht herab

Deutsche Verleger warnen vor dem Ende der Pressefreiheit, andere sehen das hohe Niveau zum Schutz von Journalisten in Deutschland gefährdet. Die Kritik am geplanten EU-Medienfreiheitsgesetz ist laut.


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EU-Kommissionsvize Vera Jourova widerspricht der Kritik am geplanten EU-Medienfreiheitsgesetz.

Von dpa

EU-Kommissionsvize Vera Jourova hat Kritik aus Deutschland an einem geplanten Gesetz zur Stärkung der Medienfreiheit zurückgewiesen. Es gehe nicht darum, Standards herabzusetzen, sagte die Tschechin der Deutschen Presse-Agentur und anderen Medien in einem Interview des European Newsroom.

"Meine Botschaft ist: Kein System ist absolut immun." In einer Situation, in der die Politik in einem Land verrückt werde und Politiker die Medienlandschaft kapern wollten, werde man froh über ein Sicherheitsnetz in der EU sein. "Das kann überall passieren."

Neben Deutschland fürchten Jourova zufolge auch andere stabile Demokratien wie Dänemark, Österreich und Schweden, dass Standards für den Schutz von Medien herabgesetzt werden. Polen und Ungarn wiederum stellten die Zuständigkeit der EU infrage.

Mit Blick auf die Grundsatzkritik der deutschen Verleger sagte Jourova: "Es ist nie einfach, nüchterne Botschaften an die Alarmisten zu senden." Sie habe den Verlegern oft erklärt, worum es in dem Vorschlag geht und worum nicht. Für die Verleger sei es schwer zu schlucken, dass sie auf EU-Ebene zum ersten Mal reguliert werden sollten. Bislang fielen Medien in der EU Jourova zufolge unter die Regeln des Binnenmarkts - wie die Hersteller von Socken und Schuhen.

In dem Vorschlag für das Medienfreiheitsgesetz gehe es darum, gute Arbeitsbedingungen für Journalisten zu schaffen, sagte Jourova. Dazu sollten etwa die Besitzer von Medien offengelegt werden. Zudem müssten "angemessene Maßnahmen" ergriffen werden, um die redaktionelle Unabhängigkeit der Medien gegenüber ihren Besitzern zu gewährleisten. Der geplante Ausschuss für Mediendienste auf EU-Ebene werde keinerlei Einfluss auf den Inhalt der Berichterstattung nehmen.

Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) und der Medienverband der freien Presse (MVFP) hatten im vergangenen Jahr mit heftiger Kritik auf den Vorschlag der EU-Kommission reagiert. Sie monierten, dass die Presse einer "weitreichenden Aufsicht durch eine europäische Medienbehörde unterworfen werden" solle. Zugleich werde "der Grundsatz der redaktionellen Freiheit von Verlegerinnen und Verlegern de facto außer Kraft" gesetzt, was die Pressefreiheit zerstören würde. Auch die Landesmedienanstalten, die in Deutschland den privaten Rundfunk und Netzangebote beaufsichtigen, stellen die Unabhängigkeit des geplanten Ausschusses infrage.

Das Europaparlament und die EU-Staaten verhandeln derzeit jeweils über ihre Position zu dem Gesetzesvorschlag. Der Rat der EU-Staaten könnte noch bis Jahresmitte eine Einigung erzielen, das Parlament voraussichtlich im Oktober. Anschließend müssten beide Seiten miteinander über eine gemeinsame Position verhandeln. Die EU-Kommission hatte das Gesetz im vergangenen Herbst vorgeschlagen, um unabhängige Medien besser vor staatlichem Einfluss zu schützen.