Interview

Gauck will "mehr Toleranz" in Richtung rechts


Altbundespräsident Joachim Gauck wirbt für eine offenere Streitkultur in der deutschen Gesellschaft und wendet sich strikt gegen die Verrohung im Internet.

Altbundespräsident Joachim Gauck wirbt für eine offenere Streitkultur in der deutschen Gesellschaft und wendet sich strikt gegen die Verrohung im Internet.

Von Rudi Wais

Altbundespräsident Joachim Gauck hat mit seiner Forderung nach "Toleranz für rechts" eine breite gesellschaftliche Debatte ausgelöst. Im Interview mit unserer Zeitung verteidigt Gauck diese Aussage und pocht darauf, dass in einer freien Gesellschaft auch Aussagen, die "höchst unsympathisch" seien, toleriert werden müssten. Das frühere Staatsoberhaupt zieht aber auch eine klare Grenze, wo Toleranz aus seiner Sicht enden muss: "wenn die Würde des Menschen verletzt, wenn zum Hass aufgerufen oder Rassismus gepredigt wird".

Herr Bundespräsident. Wann ist jemand rechts in Deutschland?

Joachim Gauck: Das ist schwer zu sagen. In anderen Ländern ist "rechts" eine ganz normale politische Verortung, es steht für eindeutig konservativ. In Deutschland dagegen mit seiner nationalistischen Vergangenheit ist dieser Begriff irgendwie toxisch.

Also ist "rechts" für Sie kein Synonym für "konservativ"?

Gauck: Ich möchte, dass wir da wieder hinkommen und etwas mehr Toleranz in diese Richtung entwickeln. Damit gebe ich keine Sympathiebekundungen für Leute ab, deren Nationalismus mir zuwider ist. Aber ich finde diese Debatte notwendig, und deshalb habe ich mich vor der Verwendung des Begriffes "rechts" auch nicht gescheut. Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen aus den USA und europäischen Ländern, nach denen je nach Land zwischen 33 und 44 Prozent der Menschen stabil konservative Vorstellungen von ihrem Leben haben - und sei es nur, weil sie im Sicheren, Vertrauten leben wollen und dem gesellschaftlichen Wandel ganz generell skeptisch gegenüber stehen. Diese Art der Lebensgestaltung ist kein intrinsisches Übel. Daraus kann etwas Extremes werden, muss es aber nicht.

Den vollständigen Artikel lesen Sie auf idowa Plus oder in Ihrer Tageszeitung vom 23.07.2019.