Wahlkampf
Grüne gehen im Ukraine-Konflikt auf Distanz zu Scholz
1. Dezember 2024, 11:02 Uhr
Bundesinnenministerin Nancy Faeser warnt vor einer Konfrontation Russlands mit der Nato. Kremlchef Wladimir Putin kenne keine Skrupel mehr, sagte die SPD-Politikerin dem "Handelsblatt". "Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erleben wir eine Zeitenwende in der inneren Sicherheit. Russland führt einen hybriden Krieg in Europa. Dass Desinformationskampagnen, Sabotageakte und Cyberattacken staatlich gesteuert sind, ist ja offensichtlich."
Auf die Frage, ob das Risiko bestehe, dass sich so auch die Frage eines Nato-Bündnisfalls stelle, sagte die Ministerin: "Ich hoffe nicht, dass die Schwelle zum Nato-Bündnisfall überschritten wird. Wir müssen weiter entschieden, aber zugleich besonnen handeln." Das habe Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) immer getan, damit Deutschland nicht in ein solches Szenario hineingerate. "Aber wir sehen natürlich, dass die hybride Bedrohungslage zunimmt. Deswegen müssen wir uns auch ganz anders aufstellen und schützen."
Vor der Europawahl hätten die Sicherheitsbehörden zusammen mit europäischen Partnern eine massive russische Einfluss- und Lügenkampagne aufgedeckt, so Faeser. "Auch für die Bundestagswahl treffen wir die nötigen Schutzmaßnahmen." Der Verfassungsschutz habe eine Taskforce eingerichtet.
Am Freitag hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz vor möglichen Versuchen der Einflussnahme anderer Staaten auf die anstehende Bundestagswahl gewarnt. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine habe Russland das wohl größte und naheliegendste Interesse, die Wahl im eigenen Sinne zu beeinflussen.
Auf die Frage, ob Russland seine Sabotageaktivitäten intensiviert habe, sagte Faeser: "Wir registrieren eine deutliche Zunahme. Deswegen muss die kritische Infrastruktur besser geschützt werden. Dafür haben wir das sogenannte Kritis-Dachgesetz auf den Weg gebracht, damit der physische Schutz verstärkt wird. Es geht um elf Sektoren - zum Beispiel die Bereiche Energie, Transport, Verkehr und Telekommunikation."
Eine Blockade des Gesetzes durch die Union wäre angesichts der verschärften Bedrohungslage unverantwortlich, sagte die Ministerin. "Wenn sich die Union bewegt, dann kann das ganz schnell gehen."
Nach dem Aus der Ampel hat die rot-grüne Bundesregierung keine Mehrheit mehr im Bundestag. Die vorgezogene Neuwahl ist am 23. Februar geplant.
Faeser äußerte sich auch zu einem geplanten nationalen Schutzraumkonzept. "Zuerst geht es um gut erreichbare Zufluchtsorte wie Tiefgaragen, U-Bahn-Stationen oder Keller von öffentlichen Gebäuden, die über Navigations- und Warn-Apps schnell zu finden sein müssen. Außerdem geben wir Hinweise, wie man mit einfachen Mitteln auch eigene Keller schützen kann." Auf die Frage, bis wann das Konzept fertig sei, sagte Faeser: "Wir arbeiten daran. Aber wir können Versäumnisse von Jahrzehnten nicht innerhalb weniger Jahre aufholen."
Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.