Eskalation in Nahost

Irans Religionsführer verteidigt Angriff auf Israel


sized

Irans Religionsführer verteidigt den Angriff auf Israel.

Von dpa

Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei hat den Raketenangriff auf Israel verteidigt und seinen Verbündeten in der Region Mut zugesprochen. "Die glanzvolle Aktion unserer Streitkräfte (...) war eine völlig legale und legitime Handlung. Bei der Erfüllung unserer Pflicht zögern wir nicht und handeln nicht überstürzt", sagte das Staatsoberhaupt bei einer Freitagspredigt in der Hauptstadt Teheran. Wie bei diesen Reden üblich stand als Symbol des Kampfgeistes ein Scharfschützengewehr neben dem Rednerpult.

Chamenei, der laut Verfassung in allen strategischen Belangen der Islamischen Republik das letzte Wort hat, drohte dem Erzfeind zugleich. "Jeder Schlag gegen das zionistische Regime (Israel) ist ein Dienst an der gesamten Menschheit", sagte der 85-Jährige. Er bezeichnete den jüdischen Staat als Werkzeug der Amerikaner. "Dieses verfluchte Regime ist wurzellos, künstlich und instabil und hält sich nur mit der Unterstützung der USA mühsam aufrecht." Der Widerstand von Hisbollah und Hamas werde siegen, sagte Chamenei.

Unterdessen reiste Irans Außenminister Abbas Araghchi angesichts der militärischen Spannungen für Gespräche in den Libanon. Der Besuch in der Hauptstadt Beirut solle Irans Solidarität mit dem libanesischen Volk zeigen, erklärte Außenamtssprecher Ismail Baghai. Beobachter vermuten jedoch, dass es vor allem um die Nachfolge des bei einem israelischen Luftangriff getöteten Hisbollah-Chefs Hassan Nasrallah gehe. Der Iran ist der engste Verbündete der Hisbollah-Miliz, die nach dem Tod ihres Anführers erheblich geschwächt ist.

Vor Journalisten bekräftigte der Minister Drohungen gegen den Erzfeind Israel. "Wir haben nicht die Absicht, weiterzumachen", sagte Araghchi. "Sollte Israel weitere Aktionen gegen den Iran unternehmen, wird unsere Antwort härter ausfallen." Er fügte hinzu: "Unsere Reaktion wird angemessen und gut durchdacht sein." Begleitet wurde er unter hohen Sicherheitsvorkehrungen durch die libanesischen Streitkräfte.

US-Präsident Joe Biden riet angesichts des von der Regierung in Tel Aviv angekündigten Gegenschlags Israel von Angriffen auf die Infrastruktur der iranischen Öl-Industrie ab. "Wenn ich an ihrer Stelle wäre, würde ich über andere Alternativen nachdenken, als Ölfelder anzugreifen", sagte Biden. Ihm zufolge haben die Israelis sich bislang nicht festgelegt, wie sie auf den iranischen Angriff von Dienstagabend reagieren wollten. Am Mittwoch hatte Biden sich bereits zudem gegen eine israelische Attacke auf iranische Atomanlagen ausgesprochen.

In der Nacht war Beirut erneut Ziel massiver Bombardierungen des israelischen Militärs geworden. Unbestätigten Berichten zufolge galt der Luftangriff Haschim Safi al-Din, Chef des Exekutivrats der Hisbollah-Miliz. Er wird als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge Nasrallahs gehandelt. Israel habe gegen Mitternacht ein Treffen der Hisbollah-Führung, bei dem auch Safi al-Din dabei gewesen sei, in einem unterirdischen Bunker bombardiert, berichtete die "New York Times" unter Berufung auf drei israelische Beamte. Ob Safi al-Din zu der Zeit tatsächlich in dem Bunker war, ist noch unklar. Die Hisbollah äußerte sich nicht dazu.

Nach Angaben des israelischen Militärs wurden seit Beginn der Bodenoffensive im Südlibanon rund 250 Mitglieder der Hisbollah getötet. Israels Armee teilte weiter mit, insgesamt seien mehr als 2.000 militärische Ziele angegriffen worden, darunter Waffenlager und Abschussrampen. Die Hisbollah selbst teilte zuletzt keine Informationen zu Opfern im Süden mit. Die Angaben ließen sich allesamt nicht unabhängig überprüfen.

Die Bundeswehr flog weitere 219 besonders gefährdete deutsche Staatsangehörige aus Beirut nach Deutschland. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, im Rahmen der sogenannten diplomatischen Abholung seien damit insgesamt 460 Menschen aus dem Libanon ausgeflogen worden. Je nach Bedarf und Lage würden weitere Flüge vorbereitet. Der Airbus A330 der multinationalen Lufttransporteinheit MMU landete am Freitagabend in Köln/Bonn.

Der gegenseitige Beschuss ging unterdessen weiter. Auch Städte und Ortschaften im Norden Israels wurden nach Angaben der Armee wieder mit Raketen aus dem Libanon angegriffen. Im Großraum der Hafenstadt Haifa seien 20 anfliegende Geschosse registriert worden. Auch weiter nördlich und östlich in Galiläa habe es in zahlreichen Orten Luftalarm gegeben. Ein Teil der Raketen sei abgefangen worden, der Rest sei in offenem Gelände eingeschlagen. Über Opfer oder größere Schäden teilte die Armee zunächst nichts mit.

Die israelische Armee warnte die Bewohner Dutzender Orte im Südlibanon vor geplanten Angriffen und rief zur sofortigen Flucht auf. Jeder, der sich in der Nähe von Mitgliedern, Einrichtungen und Waffen der Hisbollah aufhalte, bringe sein Leben in Gefahr, schrieb ein israelischer Militärsprecher auf Arabisch auf der Plattform X. Es sei damit zu rechnen, dass jedes Haus, das die Hisbollah für militärische Zwecke nutze, angegriffen werde.

Die von dem Sprecher genannten Orte liegen fast alle südlich des Litani-Flusses. Hinter diesen Fluss, der etwa 30 Kilometer nördlich der faktischen israelisch-libanesischen Grenze von Ost nach West fließt, wollen die Israelis die Hisbollah-Miliz zurückdrängen. So soll die Sicherheit im Norden Israels wiederhergestellt werden, damit rund 60.000 evakuierte Bürger nach Hause zurückkehren können. Auch eine UN-Resolution sieht vor, dass die Hisbollah sich hinter den Litani-Fluss zurückzieht.

Das israelische Militär griff nach libanesischen Angaben auch Ziele nahe einem Grenzübergang zwischen dem Libanon und Syrien an. Sicherheitskreise und Grenzbeamte meldeten, dass der Übergang Masnaa infolge der Angriffe geschlossen werden musste. Die Armee in Israel gab auf Nachfrage an, die Angelegenheit zu prüfen. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) bestätigte den Angriff.

Der Fernsehsender CNN zeigte Aufnahmen von einem großen Krater, die den Einschlag auf der Straße dokumentieren sollen. Diese Angaben konnten derzeit nicht unabhängig überprüft werden. Der Übergang wurde in den vergangenen Tagen von Zehntausenden Menschen zur Flucht nach Syrien genutzt. Der israelischen Armee zufolge soll die Hisbollah über Syrien Waffen in den Libanon schmuggeln.

Die israelische Armee zerstörte in dem Grenzgebiet nach eigenen Angaben einen dreieinhalb Kilometer langen Tunnel. Kampfflugzeuge hätten den Tunnel in der Nähe des Grenzübergangs Masnaa am Donnerstag bombardiert, teilte die Armee weiter mit. Der Tunnel sei so geräumig gewesen, dass große Mengen von Waffen hindurchgeschleust werden konnten. Er habe auch als Lagerraum für Kriegsmaterial gedient, betonte die Armee.


Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.